Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands — 14.1899

DOI Heft:
No. 2
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41206#0035
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Nach der Natur.
Der Sportmaler Hengstenbach malt seine „Bilder vom Rennplatz“ bequem auf dem
Hofe seines Hauses, wo er ein Caroussel construirt und mit lebenden Pferden bespannt hat.

Das alte Burschenlied.

Minister Bosse
(auf dem Bankett zu Ehren
Karl Frenzel’s im De-
zember 1897): Stosstan!
Freies Wort lebe!
Hurra hoch! Wer die
Wahrheit kennet und
saget sie nicht, der
bleibt fürwahr ein
erbärmlicher Wicht!
Stosst an! Freie
Schrift lebe! Hurra
hoch! Wer die Folgen
ängstlich zuvor er-
wägt, der beugt sich,
wo die Gewalt sich
regt!

(Beim Fall Delbrück):
Professor, der Du Ge-
schichte docirst, be-
herzige, wenn Du ein
Wort riskirst: Wer die
Wahrheit kennt und
verschweiget sie nicht,
den schleppt man vor’s
Disciplinargericht.
Stosst an, — das
heisst: Stosst lieber
nicht an! Das ist es,
was ich empfehlen
kann; weil ein Pro-
fessor, der Anstoss
erregt, nicht lange
im Amte zu bleiben
pflegt!

Die Vorsehung.
„Muatta, ’n Vata is so schlecht!“
„„Schaut’s, Kinder, wia Alles guat ein-
g’richt’ wird! Wenn jetzt ’n Vata net wär
übel woPn, hätten wer z’ wenig Knödeln
g’habt z’ Mittag.““

Im Zeitalter des Pessimismus.
Photograph (im Moment der Aufnahme):
Also jetzt, — bitte recht mürrisch!

Eine Expedition.
Der Vorsitzende des Comite’s begründete die Ziele der Expedition
mit folgender Ansprache:
Meine Herren! Zu allen Zeiten ist es eine löbliche Sitte gewesen,
verschollenen Grössen nachzuspüren. Man hat Expeditionen ausgerüstet
zur Aufsuchung von Franklin, von Livingstone, von Emin Pascha und
neuerdings von Andree. In einigen Fällen ist die Forschung von Erfolg
begleitet worden, in anderen nicht. Dass uns die Fehlschläge nicht
entmuthigen dürfen, versteht sich von selbst. Und so stehen wir denn
abermals vor einer grossen, den ganzen Wagemuth erprobter Männer
herausfordernden Aufgabe: wir wollen den deutschen Reichskanzler, den
Fürsten Hohenlohe, aufsuchen!
Dass er verloren gegangen ist, vorläufig wenigstens, steht leider
fest. Während der mehrtägigen Etat-Berathung im Reichstage, in der
seine Anwesenheit eine unabweisbare Nothwendigkeit war, ist er trotz
aller Bemühungen der Redner nicht aufgefunden worden. Während
es unter Bismarck und Caprivi bei jedem wichtigen Anlass hiess: „Der
Reichskanzler hat das Wort!“ hiess es diesmal unabänderlich: „Der
Reichskanzler ist fort!“
Es bestand zuerst die Vermuthung, dass er sich in seinem Palais
verborgen hielte. Im Palais munkelte man wiederum davon, dass er an
den Ministersitzungen theilnähme, in denen über den Fall Delbrück be-
rathen wurde. Es liegt indess eine offizielle Erklärung vor, die besagt,
dass der Fürst auch in diesen Ministersitzungen gefehlt hat.
Auf das böswillige Gerede Bebels, der die Spur des Reichskanzlers
beständig im Terrain der Saujagd wittert, wollen wir uns erst garnicht
einlassen. Uns genügt die Thatsache, dass er sich verspurlost hat.
Deshalb wollen wir ihn suchen.
Meine Herren! Irgendwo muss er doch schliesslich stecken, und
dieses Irgendwo zu präcisiren, soll eben die Aufgabe unserer Expedition
sein. Dank Ihrer Opferwilligkeit konnte der materielle Theil unseres
Planes in glänzenderWeise vorbereitet werden: wir besitzen Proviant auf
drei Jahre, Waffen und Munition im Ueberfluss, um uns gegen wilde
Völkerschaften zu vertheidigen, deren Gebiete wir eventuell zu durch-
queren haben, dazu Rennthiere und Hundeschlitten für den Fall, dass
uns die Spur nach dem hohen Norden führen sollte. Und so hoffen wir
denn, den Tag zu erleben, an dem das Vaterland uns zujubelt: Heil,
heil! sie haben ihn entdeckt,— da bringen sie den Reichskanzler wieder!

G\

°6I6ERL5)
KUmERJ

’S war an einem fvlaiensonntag —
l\ann denn auch an einem Sonntag,
f\ann denn auch im schönen yVlai
Sich so Urauriges begeben? —
pass ich ihn, den ich mit €ifer
Qnter jVlühen auferzog,
Xange .Zeit mit Sorgfalt hegte,
j)en ich pflegte, innig liebte,
pen ich sinnend oft beschaute,
per so lieblich an mich lachte,
pass ich ihn verlieren musste,
jVIeine freude, meinen Stolz,
Jhn, der, da er mir gebrochen,
fast mein perz zum prechen brachte,
Jhn, den wunderschönen, grossen —
JJagel an dem kleinen finger
füeiner linken Qnglückshand!
dllliiUS-KÜNGER"


No. 2

LUSTIGE BLÄTTER.

9
 
Annotationen