Vorwort.
Die bildlichen Darstellungsformen des Menschen bis zur Renaissance
sind der wesentliche Inhalt dieser Studie. Ursprünglich war es meine Ab-
sicht gewesen, mich bei der Durchforschung dieses ausgedehnten Gebietes
auf die eigentliche Porträtkunst zu beschränken, aber im Laufe meiner
Untersuchungen habe ich erkannt, wie das Werden des Teiles — denn
Porträt ist eine engere Begrenzung des Bildnisbegriffes — nur im Ent-
wickelungsgange des Ganzen verstanden werden kann, und ich habe
deshalb meine Arbeit auf das Bildnis im weitesten Sinne des Wortes
ausgedehnt.
Den Darstellungen der menschlichen Erscheinung bin ich bis zu ihren
typischen Anfängen in der Karolingerzeit nachgegangen, denn wenn auch
die Kunst, gleichwie die Kultur dieser Epoche auf römischer Grund-
lage beruht, so ist doch das Neue in ihren Werken germanischen Geistes,
und sein gesetzmässiges Wachstum in Deutschland, nicht in Frankreich
zu finden. Von seiner fernen Geburtsstätte aus habe ich das Bildnis
durch die wichtigsten Denkmäler der Buchmalerei bis zur allgemeinen
Verbreitung der Formenschneidekunst verfolgt, das ist etwa bis zur
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wo der Bilddruck die Feder- und
Pinselzeichnung zu verdrängen beginnt. Gleichzeitig habe ich das Auf-
treten der Menschen und die Belebung seiner Erscheinungsform in der
monumentalen Wanddekoration beobachtet und schliesslich seine Ver-
körperung durch die Bildhauerkunst und seine Darstellung auf Schau-
münze, im Holzschnitt und Kupferstich, wenn auch nur flüchtig, in das
Blickfeld meiner Betrachtungen gezogen.
Bei der Schilderung des Menschenbildnisses auf der Malertafel
brauchte ich bei den Inkunabeln nicht zu verweilen, denn ihre kind-
Die bildlichen Darstellungsformen des Menschen bis zur Renaissance
sind der wesentliche Inhalt dieser Studie. Ursprünglich war es meine Ab-
sicht gewesen, mich bei der Durchforschung dieses ausgedehnten Gebietes
auf die eigentliche Porträtkunst zu beschränken, aber im Laufe meiner
Untersuchungen habe ich erkannt, wie das Werden des Teiles — denn
Porträt ist eine engere Begrenzung des Bildnisbegriffes — nur im Ent-
wickelungsgange des Ganzen verstanden werden kann, und ich habe
deshalb meine Arbeit auf das Bildnis im weitesten Sinne des Wortes
ausgedehnt.
Den Darstellungen der menschlichen Erscheinung bin ich bis zu ihren
typischen Anfängen in der Karolingerzeit nachgegangen, denn wenn auch
die Kunst, gleichwie die Kultur dieser Epoche auf römischer Grund-
lage beruht, so ist doch das Neue in ihren Werken germanischen Geistes,
und sein gesetzmässiges Wachstum in Deutschland, nicht in Frankreich
zu finden. Von seiner fernen Geburtsstätte aus habe ich das Bildnis
durch die wichtigsten Denkmäler der Buchmalerei bis zur allgemeinen
Verbreitung der Formenschneidekunst verfolgt, das ist etwa bis zur
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wo der Bilddruck die Feder- und
Pinselzeichnung zu verdrängen beginnt. Gleichzeitig habe ich das Auf-
treten der Menschen und die Belebung seiner Erscheinungsform in der
monumentalen Wanddekoration beobachtet und schliesslich seine Ver-
körperung durch die Bildhauerkunst und seine Darstellung auf Schau-
münze, im Holzschnitt und Kupferstich, wenn auch nur flüchtig, in das
Blickfeld meiner Betrachtungen gezogen.
Bei der Schilderung des Menschenbildnisses auf der Malertafel
brauchte ich bei den Inkunabeln nicht zu verweilen, denn ihre kind-