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207

(J7)

In ihrer überwiegenden Mehrzahl treten die Stifter auf dem Haupt-
bilde des Altares auf, und ihre Beziehung zu dem gedanklichen Inhalte
desselben ist mehr oder minder erkennbar, — je loser sie ist und je
mehr sie durch Wuchs und Kleidung sich von den übrigen Figuren
unterscheiden, desto störender ist ihre Anwesenheit für den harmonischen
Eindruck des Bildes. Feinfühlende Künstler haben sich bemüht, diesen
Misston dadurch zu beseitigen, dass sie den Stifter einigermassen in Grösse,
Tracht und Farbengebung mit dem Bilde znsammenzustimmen suchten.
(Ein schüchterner Anfang schon bei dem Meister des Marienlebens,
Berlin, No. 1235.) Aber dieser Weg wurde nur selten beschritten, er
verstiess, wie schon gesagt, gegen die nun einmal herkömmliche Dar-
stellungsweise und den demütigen Sinn der Auftraggeber. Ein anderes
Mittel, das aber nicht gerade ästhetisch glücklich zu nennen ist, bestand
darin, das notwendige Stifterübel unter dem Mittelbilde anzubringen,
von diesem durch ein ornamentiertes Band oder eine einfache Leiste
geschieden. (Imhof-Madonna in S. Lorenz, sog. Wolgemut-Bilder in
der Bamberger Sammlung, No. 21 — 23. Aber auch noch, zwar in zier-
licher Puppengestalt, doch nicht ganz so schematisch, sondern freier
angeordnet, auf Baldungs Pietä in London, No. 1427.) Der beste Aus-
weg war, die Donatoren, wollte man sie nicht als integrierenden Teil
der Handlung darstellen, überhaupt von dem Mittelbilde weg auf die
Predella oder die Flügel zu verbannen. Das ist denn auch allmählich
mehr und mehr geschehen und auf den letzteren haben sie, anfänglich
noch kniend und von ihren Schutzpatronen geleitet, schliesslich ihre
vollendetste Ausbildung zu völlig entwickelten, aufrecht und allein stehen-
den Einzelgestalten erhalten. (Frühstes Beispiel Herzog Wolf von
Schwaben und seine Gemahlin auf den Seitenbildern einer Legenden-
darstellung von 1489. Stuttgart 518 bis 520.)
Der künstlerische Wert der deutschen Stifterbildniswelt ist im Grossen
und Ganzen gleich Null. Selbst die besseren Meister haben, ganz im
Gegensatz zu italienischem und niederländischem Kunstgebrauch, die
Donatoren auffällig flüchtiger behandelt als die übrigen Personen, der Dar-
stellung. Nicht einmal eine rein dekorative Wirkung, zu der besonders die
kleinen Puppengestalten recht wohl geeignet waren, ist beabsichtigt, zum
mindesten nicht erreicht worden. Und das ist um so befremdlicher, als
man gerade in Deutschland das Flächenornament (in der Buchmalerei)
mit so unvergleichlicher Meisterschaft herausgebildet hatte. Meister
Stephans Seminarmadonna bestätigt als Ausnahme die Regel (vergl. S. 70).
 
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