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Totenschildern der Armen abgesehen, hat bis auf den heutigen Tag die
Plastik ihr urzeitliches Vorrecht behauptet, den Verstorbenen zu ehren
und ihm wie seiner Grabstätte ein dauerndes Andenken zu bewahren.
Wie für das gemalte Totendenkmal die Technik der gravierten
Bronzeplatte vorbildlich gewesen sein mag, so ist für eine andere Er-
scheinungsform der monumentalen Bildnisdarstellung wohl ein Vorgang in
der Buchmalerei bestimmend gewesen: für die Reihenporträts, welche
eine Fürstenfolge oder die Repräsentanten einer geistlichen oder welt-
lichen Gemeinschaft als farbigen Wandschmuck vorführen. Hier tritt
bereits der Lebende neben dem Abgeschiedenen auf, jedoch noch
nicht als selbständige Persönlichkeit, sondern lediglich in seiner Eigen-
schaft als Mitglied eines bestimmten Standes oder Berufes, nicht als
Individuum, sondern als der Soundsovielste einer Reihe. Wir waren
derartigen Kettenbildern, aus denen sich später die Stammbäume ent-
wickelt haben, schon frühzeitig in den Handschriften begegnet, und
zwar als fortlaufende Medaillons mit den Brustbildern der Fürsten. Als
ein bemerkenswertes Beispiel ähnlicher Gattung hatten wir ein Blatt
in dem hortus deliciarum gefunden, wo achtundfünfzig Nonnen des
elsässischen Klosters Odilienberg in schlicht aneinander gereihten Bild-
nissen dargestellt sind. (Vergl. S. 26.)
Aber die Urbilder dieser Darstellungsart reichen noch in weit
ältere Zeit zurück. In dem Codex theol. lat. fol. 18, Berlin , Kgl.
Bibliothek, etwa vom Jahre 1000 (nicht publiziert), sind in fort-
laufenden Bögen die Brüder eines Klosters kniend porträtiert, allerdings
nur durch Alter und Bart oder Bartlosigkeit voneinander unterschieden,
und in einer Handschrift vom Jahre 1075 (gleichfalls nicht publiziert),
im Dom-Kapitel von Eichstädt, stehen die Aebte des Klosters, ein jeder
unter einem besonderen Bogen, in Reihen nebeneinander.
In der grossen Malerei finden wir die Anfänge der monotonen
Porträtreihen in den Bildnissen der Hochmeister an den Saalwänden
der Marienburg. Im Jahre 1403 hatte dort Konrad von Jungingen die
Bildnisse seiner Vorgänger an die Wandflächen des Remters malen lassen,
1407, nach dem Tode dieses Hochmeisters, wurde auch dessen Bild
den bereits vorhandenen hinzugefügt, und mit Beziehung auf den 1429
gestorbenen Heinrich von Plauen wird uns berichtet, dass „ihm lang
kein Bildniss gemacht, wie man sonsten pfleget, doch lediglich um der
Nachrede willen liess ihn Herr Märten Truchsess eins machen“. Die
Figuren waren etwa 2 m hoch, von Baldachinen gekrönt, mit Namen
 
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