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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0300
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MAIR VON LANDSHUT

überschnitten, aus denen sehr magere, gräserartige Bäume hervor-
wachsen. Am Boden hier und da einige Gräser oder Biümchen in wohl
abgewogenen Abständen, die weder so ornamental wie beim Meister
°(g- °^° noch so naturalistisch wie bei Schongauer behandelt sind. Zur
Bezeichnung von Ortschaften dienen Türme, Giebel und Dächer ohne
besondere Charakteristik. Am Himmel sind zuweilen durch Wolken
unterbrochene Horizontalschraffierungen hinzugefügt.
Die Architektur ist bei Mair ein Kapitel für sich. Sie hat etwas Un-
wirkliches, Baukastenhaftes, und er gönnt in ihr seiner Phantasie den
weitesten Spielraum. Die ineinandergeschachtelten Zimmer mit Aus-
blick in Nebenräume, wie bei der Verkündigung Nr. 4, stehen in
seltsamem Kontrast zu den ebenfalls wie aus Stein gehauenen Möbeln,
dem Tisch und Betpult. Bei Simson und Dalila Nr. 3 treten schon die
seltsam verschachtelten Treppenanlagen mit Durchblicken über Gelän-
der und kleine Fenster auf oder zwischen Pfeilernischen und gefloch-
tenen Säulen mit Statuetten auf einen von Zuschauern belebten Vorplatz
mit einem Tor oder durch die Tür in ein gewölbtes Nebengelaß. Ganz
phantastisch wird diese verschobene und verschrobene Schachtel-
architektur auf der Geburt Nr. 5, wo im Hintergrund über der Haus-
türjoseph mit der traditionellen, die Heilige Nacht andeutenden Kerze
lehnt und über dem durch Balken damit verbundenen Stall eine Kirche
und ein runder Turm emporragen, die das Bild umrahmenden Säulen
und Pfeilernischen oben in Blattwerk ausgehen und unten mit Träger-
Hgürchen verziert sind. Sogar die Zwickel enthalten noch zwei in
Nischen postierte Ritter. Die gedrehten Pfeilersäulen tragen auf der
heiligen Familie Nr. 10 und dem Greis am Altar Nr. 18 betende Engel,
an deren Statt auf den profanen Darstellungen Nr. 20 und 21 bekrö-
nende oder tragende Männerßguren und die vertikalen Pfeilerkonturen
durch Blattwerk unterbrochen oder an Nischen, Geländern und Kon-
solen, die durch leere, geschwungene Wappenschilde mit Bandwerk
gemildert werden. Auch Säulen in naturalistischen Baumstammformen
kommen vorF Einmal wiederholt sich gar links und rechts im Astwerk
der Pfeilersäulen eine baldachinbekrönte Liebesszene (Nr. 22) und
auf dem Holzschnitt Nr. 25 ist der Turm der heiligen Barbara in ein
i Vergl. den Altan Nr. 21.
 
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