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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (8, Textbd.): [Der Meister des Hausbuches und die oberdeutschen Stecher] — Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.34743#0301
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MAIR VON LANDSHUT

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die Märtyrerin umschließendes Portal verwandelt, dessen Fenster-
giebel sogar der Symmetrie zuliebe ihre Wetterfähnchen nach der Mitte
zu drehen.
Das Stoffgebiet des deutschen Kupferstichs hat Mair bereichert durch
die alttestamentarischen Darstellungen von David und Goliath Nr. 1
und Simson, der die Stadttore von Gaza trägt Nr. 2. Die älteren Stecher,
wie der Meister °(B °^°, begnügten sich mit Simson, der den Löwen
bezwingt, und seiner Scherung durch Dalila. Neu ist auch die Geschichte
von den drei Königssöhnen, die nach dem Leichnam ihres Vaters
schießen, eine moralische Legende, die gerade damals durch die Gesta
Romanorum (Cap. 45) aufkam und 1489 bei Johann Schober in Augs-
burg in deutscher Sprache erschien. Der Meister nahm sie noch
einmal als Vorwurf für einen Kupferstich L. 21 auf. Sonst beschränkt
sich Mair auf die traditionellen Themen der älteren Stecher aus dem
Leben und Leiden Christi, Darstellungen der Madonna, der heiligen
Familie und der Anna selbdritt, sowie der heiligen Barbara und
Katharina. Etwa die Hälfte seines Werkes besteht aus profanen
Darstellungen, unter denen jene aus dem erotischen Paradies der
modisch gekleideten Jugend (Nr. 17, 19, 20 und 21) einen breiteren
Raum einnehmen und sich an die schon ein halbes Jahrhundert
früher bei den Stechern mit Vorliebe geschilderten Liebesgärten an-
schließen.
Die besten Leistungen seines Grabstichels sind wohl Simson und
Dalila Nr. 3, die heilige Katharina Nr. 12, der betende Greis Nr. 18,
das öffentliche Haus Nr. 20, der Altan Nr. 21 und die Dame mit dem
bayrischen Wappen Nr. 22, die sich bis auf die etwas schwäch-
lichen und gar nicht im Sinne der Gotik einfach von der Gegenseite
wiederholten Füllungen der Seitenpfeiler mit Rankenwerk, Wappen-
schilden und Figuren in der Hauptgestalt zu einer gewissen Anmut
erhebt.
Die technische Behandlung der Kupferstiche Mairs ist eine sehr
lockere. Ziemlich weitmaschige, geradlinige Querschraffierungen be-
decken die Schattenpartien und lassen breite Lichtflächen übrig, ohne
die Kraft und Sicherheit des Schwunges von Schongauers Strichlagen
oder die Zartheit und farbige Wirkung jener Israhels van Meckenem
 
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