Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthaus Lempertz <Köln> [Hrsg.]; Kunsthaus Lempertz [Hrsg.]; M. Lempertz' Antiquariat (P. Hanstein) [Mitarb.]
Math. Lempertz'sche Kunstversteigerung: Sammlung Georg Wilhelm Müller Düsseldorf: Meisterwerke deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts von höchstem Rang ; Versteigerung: 22. November 1927 — Köln, Nr. 259.1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17894#0007
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VORWORT

Das Kölner Versteigerungswesen stand einmal im deutschen Kunst-
handel an erster Stelle. Bevor es in Berlin und München Kunst-
auktionen gab, hat der feingebildete und als Sammler und Kenner interes-
sierte „alte" Lempertz schon Jahrzehnte hindurch einem weiten internati-
onalen Käuferkreis deutschen und fremden Kunstbesitz von hohem
Werte in seinen zahlreichen Versteigerungen vermittelt. Noch um 1900
gab es keine zweite Stadt in Deutschland, die ein so ununterbrochener
Strom von alter und neuer Kunst durchlief, wie Köln. Daß davon auch
der übrige hochstehende und international geschätzte Kunsthandel der
Stadt, daß die Museen und Privatsammler davon Nutzen zogen, ist be-
greiflich. Langsam scheint es dem unablässigen Bemühen des jetzigen In-
habers der alten Firma, Herrn Hanstein, zu gelingen, aus den inzwischen
sehr viel magerer gewordenen Beständen des Marktes wertvolle Samm-
lungen an sich zu ziehen und so den schon vor dem Kriege stark ver-
blaßten Glanz der Kölner Versteigerungen wieder aufzufrischen.

Selten ist in den letzten Jahren eine so geschlossene, in ihrem Charak-
ter so ausgeprägte und einheitliche, zugleich so wertvolle Gemäldesamm-
lung zur Versteigerung gekommen wie diese, die der Düsseldorfer Indu-
strielle Georg Wilhelm Müller, mit ausgesprochener Zielrichtung auf die
deutsche Malerei der 1860er und 1870er Jahre, und mit erfreulicher Ab-
neigung gegen Gleichgültiges und Unwesentliches zusammengebracht hat.
Typisch für den rheinischen Sammler und gerade für Düsseldorf ist die
Auswahl, die mit den Brüdern Achenbach und Vautier beginnt und von
den Düsseldorfern zur übrigen gleichzeitigen deutschen Malerei fort-
schreitet. — Jeder weiß, wie das Urteil über diese Zeitspanne deutscher
Kunst und ihre Hauptmeister seit den Tagen des Impressionismus im
Laufe des letzten Menschenalters immer ablehnender geworden ist, weiß
auch, daß manches deutsche Museum im letzten Jahrzehnt früher hoch-
geschätzte Werke dieser Meister abgestoßen hat, daß die Kunst-
geschichtschreibung von Bich. Muther bis Meyer-Gräfe und Burger, und
in ihrem Gefolge die Tageskritik sie sehr geringschätzig zu behandeln ge-
wohnt ist. Trotzdem sehen wir, daß der Kunstmarkt die Werke dieser
Epoche mit geringen Schwankungen stets ziemlich gleich hoch gewertet
hat. Mir scheint, wir sind heute von ihr weit genug entfernt, um ohne die
Abneigung gegen das gestern erst Überwundene nun zu einer ruhigen
und gerechten Nachprüfung unseres Urteils zu kommen. Die rapide Ent-
wicklung der heutigen Kunst hat uns dafür reif gemacht: Seitdem die
Auflösung der Form, die Geringschätzung der Naturwiedergabe zugunsten
subjektivster Eigenart, die absichtliche Abwendung von dem Ideal ton-
schöner Farbenstimmung selbstverständliche Eigenschaften der gegen-
wärtigen Malerei geworden sind, alle Errungenschaften des Impressionis-
mus verleugnend, seitdem die Kluft zwischen dieser Malerei und dem

I
 
Annotationen