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La licorne: recueil de littérature et d'art — 1.1911

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Nr. 2-3
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Lukács, Georg: Charles-Louis Philippe
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https://doi.org/10.11588/diglit.29337#0175
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Die Liebe ist stärker im Kampf als die Sehnsucht, ja
die Erweckerin der Sehnsucht ist zumeist eine Schwäche.
Eine Schwäche freilich, die ihrer Quellen unbewusst ist
und sich nur darum als eine Schwäche empfindet. Sie kann
nichts halten, so scheint es ihr, und selten weiss sie, dass
sie es nicht will. Eros ist aber nach Sokrates ein Sophist
und ein Philosoph, und Philippe sagt einmal einfach und
schön : cceux qui souffrent, ont besoin d'avoir raisons.
So stehen in den Romanen Philippes die zwei Arten
der Liebe einander gegenüber, wenn sie miteinander um
ein Weib kämpfen. (Im Weib sind sie so sehr eins geworden,
dass es in ihm nie zu einem Kampf kommen kannt). Ein
Zuhälter und ein junger Student aus der Provinz kämpfen
den ersten grossen Kampf hier; sie kämpfen ihn um eine
Prostituirte. In schöner Sinnlichkeit sind die äusseren
Gegensätze in der Situation auf die Spitze getrieben : zufäl-
lig ist der Gegenstand der Liebe der Männer und doch sind
sie an ihn gebunden, und die schmiegsame Begabtheit des
Weibes wird sich beiden Lieben anpassen können. Lange
dauert es bis es zum Kampf kommt, der Kampf selbst ist
aber blos ein Augenblick. Er ist die reine Kraftfrage, eine
Frage der Entschlossenheit im Besitzenwollen und da kann

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