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Ende der malerischen Epoche mit großer Kraft melden, sind gleich zwei
Gründe vorhanden. Der eine ist, daß die inneren Spannungen nur in sol-
chen Zeiten ins Gefährliche wachsen. Der andere: daß das Exekutiv-
organ der imperialistischen Politik, der Militarismus, nur im fortgeschrit-
tenen malerischen Zeitalter zur vollen Entwicklung gelangt.
So unwahrscheinlich es nämlich auch zuerst klingen mag: der Mili-
tarismus, und mit diesem parallel: der Bürokratismus, sind Pro-
dukte des malerischen Zeitalters. Nur das malerische Zeitalter macht diese
beiden notwendig, und nur das malerische Zeitalter macht sie möglich.
Notwendig: als mechanische Gegenmittel der gärenden, vom Gefühl ge-
triebenen individualistischen Zersetzung. Und möglich: weil zu beiden
Institutionen die Entwicklungsstufe der malerischen Gesellschaft gehört.
Beide, Soldat und Beamter: sind an mechanische Subordination gewöhnt,
sind Vorschriften einzuhalten verpflichtet. Und eben nur eine entwickelte
Gesellschaft kann derartige Vorschriften geben, nur sie besitzt derart aus-
gebildete Ordnung, die auch rein mechanisch eingehalten werden kann.
Bei den zusammenhaltenden Kräften einer unentwickelten Gesellschaft
ist die Gemeinsamkeit des Gefühls, der Weltanschauung wichtig, hier
können und müssen die Einzelhandlungen, die Einzelverfügungen der In-
tuition gutgesinnter Bevollmächtigter anvertraut werden.
Darum beruht jede junge Kultur auf einer Art Lehenssystem — und ist
jede alternde bürokratisch. Darum gibt es immer am Anfang Ritter (dori-
sches, chinesisches Rittertum) und am Ende nur mehr bewaffnete Beamte:
Soldaten. Und dieselbe Mechanisierung greift auch in der wirtschaftlichen
Produktion um sich: je mehr sich eine Kultur ihrem Ende nähert, desto
mehr wird das Handwerk durch Manufakturen, durch Fabriken, durch
Industrie ersetzt.
Der früher erwähnten immer beweglicheren Entfaltung des Handels
geht also eine immer mechanischer organisierte Industrie parallel — und
beide, sowohl Handel als auch Industrie, machen sich in einer gesteigerten
Expansivität bemerkbar.
Demgegenüber sind Kulturen in deren Mittelalter wenig expansiv, mehr
in sich gekehrt. Sie haben vorerst wenig Handel, noch weniger Industrie
— der Schwerpunkt des wirtschaftlichen Lebens solcher frühen Zeiten
liegt in Landwirtschaft und Handwerk. Am Anfang: besonders in der
Landwirtschaft. Die Kultur des frühen Mittelalters ist landwirtschaftliche
Kultur. Titel, Stände, hohe Staatswürden dieser Zeit sind aus der Land-
wirtschaft hervorgegangen.
Betrachtet man nun die kleinen Bögen, die Pulsschläge der Kultur, so
findet man — maßstäblich verkleinert — dasselbe Bild. Besonders auf-
fällig pflegt es zu sein, daß das merkantile, finanzielle Leben in den male-
rischen Endphasen aufblüht. (Z. B. die Gründung der Ostindischen Han-
delskompagnie um 1600.) Erscheinungen wie John Law sind charakteri-

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