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will.20 Erwähnt muß immerhin der Vollständig-
keit halber werden, daß im Steuerbuch von
1493 der Name Leinberger nicht erscheint,
ebenso wie er in den Aufzeichnungen der Toten
im Dreißigjährigen Krieg nicht mehr vor-
kommt.21
Auch in Nördlingen gab es zur Zeit Hans Lein-
bergers eine Handwerker- und Künstlersippe
Leinberger oder Lemberger. Gustav Wulz, der
sorgfältige Erforscher der Nördlinger Stadt-
geschichte, hat aus dem reichen vorhandenen,
bisher noch wenig gehobenen Archivbestand,
dies jüngst eingehend nachgewiesen.22 Aus ihr
stammte ein Bildhauer Jörg Lemberger, der
von 1520-1534 nachweisbar ist;23 seine Kunst-
fertigkeit scheint aber sehr gering gewesen zu
sein; er endete nach der in Nördlingen ein-
geführten Reformation wegen „Abfall“ seines
Handwerkes als Zimmermann. In diese Ver-
wandtschaft gehört vermutlich irgendwie der
einmal in der kunsthistorischen Forschung viel
berufene Simon Lainberger, Bildschnitzer und
Bürger von Nürnberg.24 Man schrieb ihm die
Figuren im Hochaltar der Pfarrkirche zu
Nördlingen (um 1476/77) zu, auf Grund einer
doch zu eilfertig ausgelegten Urkunde. Demm-
ler hat schon das übermäßig vergrößerte Le-
benswerk dieses Künstlers in Frage gestellt,25

Wulz hat nunmehr, nach meiner Ansicht un-
widerleglich, nachgewiesen, daß Simon Lain-
berger nicht der Verfertiger der Nördlinger
Figuren ist, sondern daß er einen nicht näher
faßbaren unbedeutenderen Privatauftrag des
Malers Herlin zu erledigen hatte. Schließlich
hat Karl Gröber überzeugende Gründe dafür
beigebracht, daß die Nördlinger Figuren von
einem oberrheinischen Meister unbekannten
Namens stammen, der unter Einfluß Nikolaus
Gerhaerts steht.26 Damit sinkt der rasch
emporgeschnellte Ruhm des Namens Simon
Lainberger wieder in die allgemeine Blässe so
vieler mit Werken nicht belegbarer archivali-
scher Künstlernamen zurück. Deshalb wird
man schon aus äußeren Gründen kein be-
sonderes Gewicht darauf legen, Simon Lain-
berger als Bindeglied zwischen der Nördlinger
Familie und Hans Leinberger, etwa gar als
des letzteren Vater aufzufassen. Nach der
Generationenstufung könnte er ja der Vater
gewesen sein. Bei dem häufigen Vorkommen
des Namens im süddeutschen Gebiet ist aber
eine solche Hypothese äußerst vage, besonders
wenn man dabei noch mit stilkritischen Argu-
menten dies begründen wollte; denn wir wis-
sen nicht, in welch persönlichem Stil Simon
Lainberger schuf.

20 Sighart, Geschichte d. bild. Künste, a. a. O., S. 506.

21 Meidinger, Beschreibung von Landshut, Landshut 1805, S. 186.

22 Gustav Wulz, Der Meister der Figuren des Nördlinger Hochaltares in „Hist.Verein f. Nördlingen und Um-
gebung“, XVIII. Jahrbuch (1934/35), S. 41-62.

23 Vgl. Rott, Quellen und Forschungen, S. XLVIII, XLIX, 191, II, XXXIX.

24 M. Lößnitzer, Veit Stoß, 1912, S. 29—36. — Karl Zürcher, Simon Lainberger, in Berliner Museen XLI (1919/20),
250-275. - Vgl. Allgem. Künstlerlex. XXII, S. 229.

25 Theodor Demmler, Der Meister der Dangolsheimer Madonna in „Jahrb. d. preuß. Kunstsamml.“ XLVI (1925)
S. 164-168.

26 KDB. Schwaben, H. 2, Stadt Nördlingen, S. 87 f.

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