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Lisickij, Lazarʹ M.
Russland: die Rekonstruktion der Architektur in der Sowjetunion — Wien: Verlag von Anton Schroll & Co., 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.55209#0040
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Abb. 30. J. Leonidow, Lenin-Institut, Hauptansicht.


Zukunft und Utopie
Wir müssen heute sehr sachlich, sehr praktisch und ganz unromantisch sein, um die übrige
Welt einzuholen und zu überholen. Wir wissen aber auch, daß selbst das beste „business“ uns
nicht allein auf eine höhere Kulturstufe bringen wird. Die nächste Kulturstufe ist die Konzen-
tration des gesamten lebendigen Materials: der menschlichen Leistungsfähigkeit, der schöpfe-
rischen Kraft als wertvollstes Vermögen des Menschen. Und dies nicht, um Profite für den ein-
zelnen zu sammeln, sondern um Werke aufzustellen, die allen gehören. EinerTechnik, die den
gestellten Aufgaben entspricht, sind wir sicher, wenn wir nur allein die Errungenschaften, die
in der kurzen Zeitdauer unserer eignen Generation vollbracht wurden, in Betracht ziehen.
Eine unserer Zukunftsideen ist die Überwindung des Fundamentes, der Erdgebundenheit.
Wir haben in einer Reihe Entwürfe diese Ideen entwickelt (Wolkenbügel, Tribünen des
Stadions, Garage in Paris).
Diese Aufgabe stellt sich auch der Entwurf für das Lenin-Institut auf den Lenin-Bergen in Mos-
kau. Der Baukomplex besteht aus einem Turmbau (Bibliothek für 15000000 Bücher), Flach-
bauten mit Lese-, Arbeitsräumen, einem Kugelbau (in die Luft gehoben) als Zentralauditorium
für 4000 Leser. Er ist in einzelne Abschnitte aufteilbar, wobei die Kugel als Planetarium be-
nutzt wird. Das Institut ist durch eine Aerobahn über den Fluß mit der Stadt verbunden.
Aufgabe der Technik ist es, diese elementaren Volumen, die neue Beziehungen und Spannungen
im Raum schaffen, statisch zu sichern.
Die Überwindung des Fundaments, der Erdgebundenheit, geht noch weiter und verlangt die
Überwindung der Schwerkraft an sich. Verlangt den schwebenden Körper, die physisch-
dynamische Architektur.
Wenn auch die aktuelle Wirklichkeit noch die Reduktion dieser Zukunftspläne und Planungen
verlangt, so zeigt sich doch schon ihr gesunder Kern für den heutigen Tag. Hier ein Ent-
wurf für den Ausstellungsbau der Pariser Handelsvertretung der UdSSR. Die „Utopie“ der
hängenden Tribünen hat der Autor zu einem geschlossenen Bau weiter entwickelt, der den

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