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Lisner, Margrit [Oth.]; Robbia, Luca della [Ill.]
Luca Della Robbia - Die Sängerkanzel — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 59: Stuttgart: Reclam, 1960

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65317#0041
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GIORGIO VASARI
ZU LUCAS SÄNGERKANZEL

Viele sagen, Luca della Robbia sei Donatellos Kon-
kurrent gewesen und zu seiner Zeit für eine große
Begabung gehalten worden ... Auf einigen Tafeln der Or-
gelbrüstung stellte er musizierende Chöre dar, welche auf
verschiedene Weise singen. Er setzte soviel Eifer daran
und die Arbeit gelang ihm so gut, daß man, obgleich sie
sich 16 Ellen über dem Erdboden befindet, noch die ge-
schwollenen Kehlen der Sänger bemerken kann und wie
die, welche die Musik leiten, mit den Händen auf den
Schultern der Kleineren den Takt schlagen. Kurzum,
man sieht die unterschiedlichsten Instrumente, Gesänge,
Tänze und andere anmutige Bewegungen, wie sie die
Freude an der Musik hervorbringt. Doch hat Donatello,
der dann die Verkleidung der gegenüberliegenden Orgel
ausführte, weit mehr Urteil und Erfahrung als Luca ge-
zeigt, indem er sein Werk fast ganz im roh behauenen
Zustand gelassen und nicht säuberlich zu Ende geführt
hat. Daher wirkt es von weitem viel besser als Lucas
Werk, dessen Arbeit wohl gut gezeichnet und mit Sorg-
falt gearbeitet ist, aber in ihrer Feinheit und Vollendung
bewirkt, daß das Auge sie durch die Entfernung ver-
liert und nicht so gut erkennt wie die fast nur skizzen-
haft behandelte Donatellos. Darauf müssen die Künstler
gut achten; denn die Erfahrung lehrt, daß alle Dinge,
die man von weitem sieht, seien es Gemälde oder Bild-
werke oder irgend etwas der Art, mehr Vollkommenheit
und größere Kraft besitzen, wenn sie nur schön angelegt,
aber nicht ganz durchgeführt sind. Und abgesehen davon,
daß die Entfernung diesen Eindruck hervorruft, scheint
es auch, daß sich in den bloß skizzierten Werken, die im
Augenblick der künstlerischen Begeisterung entstehen, die
Idee mit nur wenigen Strichen ausdrückt, während, im
Gegensatz dazu, Mühsal und übergroßer Fleiß denen
Kraft und Können rauben, die die Hände niemals von
der Arbeit lassen können. Trotzdem gibt es, da die Be-
gabungen nicht alle von einem Schlage sind, einige, doch

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