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London. 147
Mitwochs ist zu Ende der Gerichtssitzungen allemal
Hangemorgen. Gleich darauf schreyen die Leute in den
Straßen die Rede aus, welche der arme Sünder gehalten
haben soll, und verkaufen sie gedruckt. Unter zwölf Fallen
redet nur einer das Volk vom Gerüste an. Aber die Wahrheit
ist, daß diese Reden von armen Miethlingen dutzendweise ge-
macht werden, und bis auf den Nahmen des Missethaters
fertig da liegen.
Ungeachtet London von gutwilligen Mädchen wimmelt,
so giebt es doch alte Bösewichter, welche unschuldige Mädr
chen wegfangen lassen und einsperren. Jetzt sind fünfzig
Pfund auf die Entdeckung eines jungen Frauenzimmers vom
Mittelstände gesetzt, welches vor 14 Tagen in den Stunden
von 7 bis 9 auf ihrem Wege nach der Westminsterbrücke auf-
gefangen, und eingekerkert worden ist. Der Wüthrich, wel-
chex diesen Raub begangen, hat ihr erlaubt, einen Brief an
ihre Verwandten zu schreiben, worinn sie sagt; daß sie noch
lebe, aber lieber sterben, als in ihre Schande willigen wol-
le. Die Wirkung versprochener Belohnung ist in London
immer so groß, daß das Bubenstück gewiß an den Tag
kömmt.
Seit sechs Wochen sind wenigstens zwanzig verschiedene
Lesezimmer eröffnet worden, wo man für ein bis zwey Pence
alle Tageblätter und etliche Schauspiele lesen kann. Die
Begierde nach Neuigkeiten, welche jetzt England, es sey ge-
radezu oder veranlaßungsweise, allemal interessiren, und die
Theurung der Zeitungen hat diese Französische Sitte einge-
führt.

K -

H.
 
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