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A. Ludwig:
I. Teil.
Die grammatischen formen des Veda.
§ 1. Nach Pischel war nun unser feier, dasz wir die wortkürzungen im Rgveda
nicht mechanisch erklärt haben, sondern denselben einen platz in der entwicklungsge-
schichte der grammatik haben anweisen wollen. Fällt es nun nicht als ser eigentümlich auf,
dasz wir in diser weise getadelt werden? Warlich nur auf dem gebiete der modernen Sprach-
vergleichung kann es einem zum vorwurfe gemacht werden, dasz man den versuch gemacht
hat, eine reihe von erscheinungen historisch zu erklären. Wir meinen aber, dasz es Sache der
forschung ist, vor allem wenigstens den versuch einer historischen erklärung zu
machen ganz abgesehn von dem umstände, ob derselbe gelingt oder nicht; dasz aber die
durchfürung dises Versuches bei uns und die resultate derselben derart seien, dasz die-
selben zum aufgeben dises gedankens drängen und uns geneigt machen sollten, uns mit
einer mechanischen erklärung zu begnügen, das ist durchausz unrichtig. Dise erscheinungen
bilden ja keineswegs, wie so gern mit missachtung und Unterschätzung der tatsachen behauptet
wird, die einzige grundlage, auf welcher, die einzigen waffen, mit denen wir die Bopp-Schleicher-
Curtius-sche richtung der Sprachforschung bekämpft haben; sie reihen sich aber ganz unge-
zwungen ein in das zalreiche übrige material, und bieten oft unschätzbare indirecte erklä-
rungen, wie z. b. die unflectierten verbalformen auf -a (-ä); forscher, denen man gewis nicht
den vorwurf von Übereilung und Oberflächlichkeit wird machen wollen, haben sich schlüszlich
doch für mich z. b. in der pronominalsuffixfrage beim verb auszgesprochen. Und wenn das
gebäude der Bopp-Schleicher-Curtiusschen methode zusammengestürzt ist, so ist disz doch wol,
weil wir die unhaltbarkeit desselben allzu deutlich erwiesen haben, als dasz es sich selbst bei
dem unleugbar vorhandenen guten willen hätte aufrecht erhalten laszen.
§ 2. Der Urheber der neuesten ansicht, welche die den gewönlichen längern gegen-
überstehnden kurzen formen der Wörter in den betreffenden beugungsfällen als mechanische
kürzungen erklärt, ist bekanntlich prof. Roth. Wir werden aber sehn, dasz die verfaszer
vorligender Studien dise erklärung in einer weise auszdenen, und ihr gebiet so erweitern, dasz
dadurch eine ernste gefar für die interpretationsmethode ersteht, ähnlich derjenigen, welche
der Sprachvergleichung erstanden ist durch die unsinnige auszdenung, die man der erklärung
der formen durch Übertragung (ser gegen Scherer’s Zustimmung, wie mir derselbe einst
mündlich versichert hat) gegeben hat. S. pg. 198. z. 1. u. 12.
Wir polemisieren überhaupt nicht gern; am wenigsten gegen den hoch verehrten
urheber diser theorie, dem wir so vil verdanken. Auch kann das, was prof. Roth vorgebracht
hat, nur als skizze betrachtet werden, und reicht nicht hin, den umfang erkennen zu laszen,
in welchem derselbe das princip zur geltung zu bringen gedenkt. Wir meinen, dasz, wie so
leicht geschieht, die nachfolger dasselbe weit über die von dem urheber demselben zuge-
dachten grenzen auszzudenen die gröszte lust haben. So ist es Scherer ergangen. Indes
polemisieren wir nicht absolut gegen Roth’s ansicht. Die fälle, die Roth bespricht, laszen
zunächst eine z w i n g e n d e b e z i e h u n g auf die Sprachenentwicklung nichterkennen. Wo -a für
A. Ludwig:
I. Teil.
Die grammatischen formen des Veda.
§ 1. Nach Pischel war nun unser feier, dasz wir die wortkürzungen im Rgveda
nicht mechanisch erklärt haben, sondern denselben einen platz in der entwicklungsge-
schichte der grammatik haben anweisen wollen. Fällt es nun nicht als ser eigentümlich auf,
dasz wir in diser weise getadelt werden? Warlich nur auf dem gebiete der modernen Sprach-
vergleichung kann es einem zum vorwurfe gemacht werden, dasz man den versuch gemacht
hat, eine reihe von erscheinungen historisch zu erklären. Wir meinen aber, dasz es Sache der
forschung ist, vor allem wenigstens den versuch einer historischen erklärung zu
machen ganz abgesehn von dem umstände, ob derselbe gelingt oder nicht; dasz aber die
durchfürung dises Versuches bei uns und die resultate derselben derart seien, dasz die-
selben zum aufgeben dises gedankens drängen und uns geneigt machen sollten, uns mit
einer mechanischen erklärung zu begnügen, das ist durchausz unrichtig. Dise erscheinungen
bilden ja keineswegs, wie so gern mit missachtung und Unterschätzung der tatsachen behauptet
wird, die einzige grundlage, auf welcher, die einzigen waffen, mit denen wir die Bopp-Schleicher-
Curtius-sche richtung der Sprachforschung bekämpft haben; sie reihen sich aber ganz unge-
zwungen ein in das zalreiche übrige material, und bieten oft unschätzbare indirecte erklä-
rungen, wie z. b. die unflectierten verbalformen auf -a (-ä); forscher, denen man gewis nicht
den vorwurf von Übereilung und Oberflächlichkeit wird machen wollen, haben sich schlüszlich
doch für mich z. b. in der pronominalsuffixfrage beim verb auszgesprochen. Und wenn das
gebäude der Bopp-Schleicher-Curtiusschen methode zusammengestürzt ist, so ist disz doch wol,
weil wir die unhaltbarkeit desselben allzu deutlich erwiesen haben, als dasz es sich selbst bei
dem unleugbar vorhandenen guten willen hätte aufrecht erhalten laszen.
§ 2. Der Urheber der neuesten ansicht, welche die den gewönlichen längern gegen-
überstehnden kurzen formen der Wörter in den betreffenden beugungsfällen als mechanische
kürzungen erklärt, ist bekanntlich prof. Roth. Wir werden aber sehn, dasz die verfaszer
vorligender Studien dise erklärung in einer weise auszdenen, und ihr gebiet so erweitern, dasz
dadurch eine ernste gefar für die interpretationsmethode ersteht, ähnlich derjenigen, welche
der Sprachvergleichung erstanden ist durch die unsinnige auszdenung, die man der erklärung
der formen durch Übertragung (ser gegen Scherer’s Zustimmung, wie mir derselbe einst
mündlich versichert hat) gegeben hat. S. pg. 198. z. 1. u. 12.
Wir polemisieren überhaupt nicht gern; am wenigsten gegen den hoch verehrten
urheber diser theorie, dem wir so vil verdanken. Auch kann das, was prof. Roth vorgebracht
hat, nur als skizze betrachtet werden, und reicht nicht hin, den umfang erkennen zu laszen,
in welchem derselbe das princip zur geltung zu bringen gedenkt. Wir meinen, dasz, wie so
leicht geschieht, die nachfolger dasselbe weit über die von dem urheber demselben zuge-
dachten grenzen auszzudenen die gröszte lust haben. So ist es Scherer ergangen. Indes
polemisieren wir nicht absolut gegen Roth’s ansicht. Die fälle, die Roth bespricht, laszen
zunächst eine z w i n g e n d e b e z i e h u n g auf die Sprachenentwicklung nichterkennen. Wo -a für