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Lübke, Wilhelm
Grundriss der Kunstgeschichte — Stuttgart, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.2899#0725
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Kap. IV. Die bald. Kunst im 17. u. 18. Jahrh. 2. Malerei. 705

•des Helldunkels erhielt und dadurch seinen meisterlich vollendeten Werken
vorzüglich den Ausdruck gemüthlichen Behagens gibt. Er ist nicht so
geistreich und interessant in der Schilderung wie Terburg, weiss seinen
Bildern nicht. jene tiefere Beziehung einer romanhaften Geschichte zu
geben, und geht desshalb auch weniger auf die Darstellung der höheren
Stände ein. Dagegen schildert er mit gemüthlicher Wärme das bürger-
liche Familienleben in seiner Traulichkeit und verbreitet über dasselbe
vermöge der gleichmässig liebevollen Durchbildung seiner kleinen Kabinets-
stücke, denen er oft durch ein pikantes Beleuchtungsmotiv einen besondern
Effekt gibt, einen Zauber friedlichen Behagens. '

Im Anschlnss an diese beiden Meister geben sich viele andere Künstler
der allgemein beliebten Gattung mit Eifer hin, ohne ihr jedoch eine neue
Seite abzugewinnen, oder gar sie weiter und höher zu entwickeln. Viel-
mehr macht sich bei aller Trefflichkeit doch bald die elegante Technik
auf Kosten des geistigen Inhalts geltend, und die virtuosenhafte Darstellung
feiner Stoffe wird unvermerkt zur Hauptsache, während sie bei Terburg
und Dow7 einem geistigen oder gemüthlichen Inhalte dient. Zu den vor-
züglichsten Künstlern gehören Gabriel Metzu (1615 bis nach 1667), der
in seinen früheren Werken jenen beiden Meistern ebenbürtig erscheint,
später indess einem kühlen, bleiernen Colorit verfällt; ferner der äusserst
fruchtbare Schüler Dow's, Franz- van Mieris (1635 bis 1681), höchst
elegant, aber doch schon virtuosenhaft äusserlich, und sein Sohn Wilhelm
van Mieris: Sodann der oft sehr treffliche und manchmal ganz unbefangene
Caspar Netscher aus Heidelberg (1639 bis 1684), und der besonders
in Lichteffekten meisterhafte Gottfried Schalcken, ein Schüler des Ger-
hard Dow.

Zu elfenbeinerner Glätte flacht sich die Darstellung endlich bei
Adrian van der Werff ab, der in derselben Weise auch historische, na-
mentlich mythologische Gegenstände zu behandeln liebt. Einfacher, ge-
müthlich anziehend und dadurch in erfreulichem Gegensatz mit dieser Auf-
fassung stellt sich Peter van Hooghe dar (c. 1628 bis nach 1670), der
in seinen sonnig heitren Bildern gern das Innere behaglicher Wohnungen
und den friedlichen Zustand ihrer Insassen schildert. Die Galerie zu
Dresden ist reich an Bildern dieser Meister."

Während in Italien und Spanien die Genremalerei dem Historienbilde
näher steht und desshalb oben bereits mit jenen gemeinsam Erwähnung
fand, ist hier zunächst Frankreich anzuschliessen, das in Jacques Callot
(1594 bis 1635) einen höchst originellen Geuremeister hervorgebracht hat.
Wenngleich weniger durch Gemälde bekannt und als Maler nicht eben be-
deutend, hat er in seinen zahlreichen Kupferstichen die mannichfaltigsten
Gegenstände mit einer Schärfe der Beobachtung, einer Fülle von Erfin-

Lübke, Kunstgeschichte. 2. Aufl. 45
 
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