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Luz, Wilhelm August; Stoß, Veit [Ill.]
Veit Stoss — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 70: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61469#0007
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Nach Ort und Gestalt bekundet Schongauers Signa-
tur Selbstdisziplinierung eines klaren Geistes. Im
gleichen künstlerischen Schöpferbewußtsein hat auch
Schongauers stecherischer Rivale, der Bildhauer Veit
Stoß, vielfach auf seinen graphischen und plastischen
Werken seine Initialen und seine Meistermarke ange-
bracht (Abb. 5). F und S, in Fraktur geschrieben, halten
jedoch hier nicht mehr den exakten Abstand, und im-
pulsiv wird diese Unterschrift an gelegener, nicht an
gewählter Stelle eingekratzt. Im Zeichen sitzt das la-
teinische Kreuzchen auf dem rechts geöffneten Dreieck
beweglich wie der Reiter auf störrischem Pferd. Gegen-
über der inneren Festigung der Schongauerischen Haus-
marke kündet das Signum des Veit Stoß von rationaler
Unkontrollierbarkeit eines ungestümen Künstlertempera-
ments. Wäre ein Bild des Nürnberger Schnitzers über-
liefert, so dürfte der Willenszug, der schon auf Schon-
gauers Jugendbildnis der Entstellung durch die Kopisten-
hand entging, darin keinen Ausdruck finden. Die
Herrscherhaltung des Kopfes paßt nicht zu dem Mann,
den der Rat der Reichsstadt Nürnberg zur Sühne für
eine unüberlegte Handlung öffentlich brandmarken ließ.
Weder Geburtsjahr noch Geburtsort des Meisters
sind genau bekannt. Für jenes wäre nach Neudörfers
Bericht ungefähr das Jahr 1438 anzunehmen, nach Murrs
und Füßlis jedoch 1447. Für diesen stehen Nürnberg
und Krakau zur Debatte, da der Meister wechselweise
bei seinem Aufenthalt hier als Nürnberger und dort
als Krakauer bezeichnet wird. Weil der Name Stoß
(polnisch: „stochse“ und „Stoschs“) vor unserem Meister
gleichfalls in beiden Städten vorkommt, läßt sich un-
zureichende Aufklärung über die nationale Zugehörigkeit
nur aus der Untersuchung der künstlerischen Bildungs-
elemente gewinnen. Im Hinblick auf die vorhergehende
Nürnberger Skulptur hat Lößnitzer nachgewiesen, daß
der Meister sich an den Schiffspfeilerfiguren von St.

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