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Drescher, Hans
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 19): Tostedt: die Geschichte einer Kirche aus der Zeit der Christianisierung im nördlichen Niedersachsen bis 1880 — Hildesheim: Verlag August Lax, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.65790#0110
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Särge und Beschläge: Gruft Chor-Süd
1. Zwei Griffe, Eisen, zum Sarg in der Mitte. Sargholz
Eiche, 22 mm stark. Griff 73:113 mm, Mittelwulst
30 mm, dazu zwei Beschlagplatten, rund mit kreuz-
förmig angeordneten Zipfeln, 33:33 mm (Taf. 21,
CS 7).
2. Zwei Griffe, Eisen, zum (Kasten-?)Sarg an der
Nordwand. Sargholz Eiche, 22 (?) mm stark. Griff
78:141 mm, Mittelwulst 40 mm, dazu zwei quadra-
tische Beschlagplatten mit gewellten Rändern und 8
kreisförmig um die Mitte angeordneten Buckeln
(Taf. 21, CS 2).
3. Zwei eiserne Griffe vom ca. 1,6 m langen Kastensarg
an der Südwand, Sargholz Eiche 25 mm stark. Griff-
typ wie 2, 69:130 mm, Mittelwulst 26 mm, dazu
stegförmiger Beschlag 37:ca. 115 mm, in der Mitte
quadratisch durchbrochen, seitlich in den blattför-
migen Seiten zwei Löcher (Taf. 21, CS 3).
4. Körper eines Kruzifix, Zinn, bemalt, 153:160 mm.
An der Brust 17,5 mm dick. Rumpf und Kopf hohl.
Bis auf eine Hand vorzüglich erhalten (Taf. 21, CS
4). Die Dornenkrone, die Haare und der Lenden-
schurz sind gold-gelb bemalt. Die Blutstropfen an
der Stirn und die Wunde an der Seite sind blutrot
gefärbt.
Der Christus ist nicht, wie sonst bei so kleinen
Exemplaren üblich, aus einem Stück gegossen, son-
dern aus mehreren Teilen zusammengelötet wor-
den. Wie besonders gut an der Rückseite zu sehen,
schmolz man mindestens vier im Querschnitt halb-
kreisförmige Teile aneinander. An diesen Rumpf-
und Kopfrohling lötete man die für sich gefertigten
Arme und Beine und die beiden Seitenteile des Len-
denschurzes an. Die Beine und Arme bestehen aus
gegossenen Stäben, deren Enden man flachgeschla-
gen und zurechtgeschnitzt hat.
Auch die übrigen Teile der Figur sind weitgehend
geschnitzt. An den Seiten der Beine und Arme, seit-

lich am Rumpf, am Kopf, an Händen und Füßen
sind besonders gut die Messerspuren zu erkennen.
Das Brustbein wurde wie die Falten des Schurzes mit
einem an der Schneide halbrunden Werkzeug aus-
geschnitten.
Ein meißelähnliches Gerät benutzte man zum An-
deuten der zackenförmigen Dornenkrone, der Haa-
re, der Brustwarzen, der Seitenwunde und der
Schurzfalten vor dem Leib. Aus dem hier angewen-
detem Schnitzverfahren erklärt sich auch die ältere
„mittelalterliche” Form des Christuskopfes. Viel-
leicht hatte der Zinngießer auch ein mittelalterliches
Kruzifix als Vorbild vor Augen oder als Vorlage vom
Auftraggeber bekommen?
Das Kreuz zu dieser Figur bestand vermutlich aus
Holz oder war auf den Sarg gemalt. Der Fundlage
nach saß das Kruzifix in der oberen Hälfte des Sarges
(vgl. die Gruft Abb. 14).
5. Totenkopf, aus Zinnblech geschnitten, ca. 160 mm
breit, stark verwittert und nur drei Bruchstücke er-
halten. Gefunden am Fußende (Südseite) des mitt-
leren Sarges. Genaue Zuordnung aber unsicher, die
Stücke lagen verstreut und mit der Schauseite nach
unten (Taf. 21, CS J). Der Beschlag ist aus etwa 2
mm starken Zinnblechen geschnitten. Die Augen
und der Mund sind nur mit dem Stichel einge-
schnitten. Das Blattwerk, dessen Ränder von einem
breiten Tremolierstich eingefaßt werden, ist ,,geflä-
chelt”. Ein Fragment zeigt Ranken bzw. Haar-
locken.
6. Zwei in etliche Stücke zerbrochene und unvollstän-
dige Beschläge in Form sich kreuzender Palmzweige,
aus Zinnblech geschnitten. An den Rändern mit
umlaufenden Tremolierverzierungen, etwa 210 mm
breit (Taf. 21, CS 6). Zuordnung nicht möglich —
vermutlich jedoch wie 5 zum mittleren Sarg, da die
Stücke im Ostteil der Gruft verstreut lagen. Ähnli-
che Palmzweige fanden sich in der Gruft von Weyhe
im Anbau (Sarg A 3, B 2, B 6).

5.2.4 Erbbegräbnis der Familie von Weyhe, Bötersheim, Nordseite des
Chors (Abb. 15; Taf. 53, Schnitt 8)
5.2.4.1 Vorbemerkung
Der 1627 verstorbene Joachim von Weyhe erhielt 1624 von Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg
zu Harburg die Erlaubnis, ein neues Erbbegräbnis außen an der Kirche bauen zu lassen (vgl. Kap. 5.2.3.1;
13.2.3).
1658 wird in einem Schreiben der Herzoglichen Kanzlei in Celle an Otto v. Weyhe darauf hingewiesen,
daß durch den Bau des Begräbnisses Schäden an der Kirche entstanden seien (Kap. 13.2.4). Die letzte Be-
stattung erfolgte 1828 in der Gruft. Nach 1867 wurden die Angehörigen der Familie v. Weyhe auf dem Fa-

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