Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gebers, Wilhelm; Lüth, Friedrich
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 25): Rullstorf — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 1996

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.68710#0013
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1 Einleitung
Seit der Entdeckung der Siedlungen und Gräberfelder auf dem Kronsberg bei Rullstorf durch den
Sammler Christian Krohn im Jahre 1979 hat die Denkmalpflege sich intensiv um die Sicherung
der bedrohten Denkmale auf dem Kronsberg bemüht. In diesem Zeitraum sind - mit Ausnahme des
Jahres 1988 - vom Institut für Denkmalpflege jährlich archäologische Grabungen auf dem Krons-
berg durchgeführt worden. Sie hatten zum Ziel, die vom Sand- und Kiesabbau bedrohten Boden-
denkmale durch Ausgrabungen möglichst vollständig zu dokumentieren. Nach sechzehn Jahren
intensiver archäologischer Grabungen sind wir dem gesteckten Ziel nähergekommen, jedoch sind -
allein um den zur Entsandung freigegebenen Bereich zu erforschen - mindestens zwei weitere Jahre
intensiver Grabungstätigkeit im Bereich der Siedlungsfläche zu leisten. Das ursprünglich besiedelte
oder mit vorgeschichtlichen Denkmalen belegte Areal ist wesentlich größer. Es schließt außer den
nicht zum Sandabbau freigegebenen Restflächen auf der Kuppe auch die flacheren, an die Niede-
rung grenzenden Bereiche des Kronsberges mit ein.

1.1 Zur Topographie
Der Kronsberg bei Rullstorf ist ein ovaler, im Verlauf mehrerer Eiszeiten aus Sanden, Kies und Lehm
geschaffener flacher Hügel von etwa 800 m Länge und 200 m Breite. Sein höchster Punkt lag bei
27,00 m NN. Diese Kuppe ragt einerseits leicht in die Niederung der anschließenden Elbmarsch,
grenzt andererseits im Norden, Osten und Süden an die hohe Geest, von der sie lediglich durch
einen Bachlauf getrennt ist, dessen Erosion den inselförmigen Eindruck dieser Erhöhung noch ver-
stärkt (Abb. 1).
Durch die topographischen Bedingungen hat auf dieser Kuppe, die für alle vor- und frühgeschicht-
lichen Siedler ein besonders erstrebenswerter Siedlungsplatz gewesen sein muß, eine Besiedlungs-
und Nutzungsvoraussetzung bestanden, die dem einer kleinen Insel weitgehend entsprochen hat.
Eingeschränkt in dem insgesamt zur Verfügung stehenden Siedlungsraum, war eine intensive Nut-
zung der räumlichen Gegebenheiten die Folge. Siedlungsbereiche waren eng begrenzt, so daß eine
weiträumige Siedlungsverlagerung von vornherein unmöglich war. Der Platz mußte ferner für die
Begräbnisstätten der jeweiligen Siedler Raum geben. Dies führte dazu, daß Siedlungen und Gräber-
felder der einzelnen Siedlungsphasen oft weniger als 50 m voneinander entfernt angelegt werden
mußten.
Alle diese auf den topographischen Zuschnitt zurückgehenden Einschränkungen haben eine für die
historische Erforschung von Siedlungsvorgängen selten gegebene Situation geschaffen: Siedlung
und zugehörige Gräberfelder finden sich in enger Nachbarschaft. Damit sind, wie schon oft gefor-
dert, all die Voraussetzungen gegeben, quellenübergreifend an einem Platz exemplarisch Besied-
lungsvorgänge zu erforschen, die sonst nur in Einzelaufschlüssen und nicht im Quellenverbund
angetroffen werden. Mit anderen Worten: Die im Verlauf der Jahrtausende sich ändernde Siedlungs-
struktur kann hier direkt mit dem Menschen, seinen wirtschaftlichen Grundlagen, seinen Fertigkei-
ten und technischen Kenntnissen, seiner Lebenserwartung, seinen Bestattungssitten, seiner Tracht
und kulturellen Zugehörigkeit - um nur einige Aspekte zu nennen - in einen festen Zusammenhang
gestellt werden.
Diese positiven Voraussetzungen werden ergänzt durch ein Umfeld, das dem vorgeschichtlichen
Siedler viele gute Grundlagen des Wirtschaftens eröffnete. Zu nennen sind hier die Nutzung der
fruchtbaren Marschgebiete, Wald- und Jagdwirtschaft in den extensiv nutzbaren feuchten Bruch-
waldgebieten, Ausbeutung der reichen Eisenerzlager (Garbers 1990a und b) und nicht zuletzt
Landwirtschaft in der angrenzenden Geest. Siedlungsgünstig sicher auch die Lage an einem Punkt,
der für den Fernhandel über die Elbe beste Voraussetzungen bot.

1
 
Annotationen