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Schmidt, Susanne
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 30): Die ältere römische Kaiserzeit in Südniedersachsen — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.68052#0059
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ten-Typ (Eckpfostenhäuser) differenzieren, jeweils
in den Varianten mit und ohne Wandgraben. Als
Dachform wird für alle Typen ein Satteldach ange-
nommen. Die Verbreitung der Typen zeigen regio-
nale Präferenzen: für das norddeutsche und skandi-
navische Gebiet scheinen Zweipfostenbauten ty-
pisch zu sein, während sich Sechs-Pfosten-Bauten
eher in den südlicheren germanischen Gebieten fin-
den (Zimmermann 1992,158). Chronologisch diffe-
renzieren lassen sich die Typen jedoch nicht, an man-
chen Fundplätzen konnten beide zusammen nach-
gewiesen werden (Schlegel 2000,140, Anm. 1103).
Für das Arbeitsgebiet konnten sowohl der Zwei-
Pfosten-Typ als auch der Sechs-Pfosten-Typ nachge-
wiesen werden (2-Pfosten-Typ z. B.: Medenheim,
Kat. Nr. 270, und Geismar, Kat. Nr. 98; 6-Pfosten-
Haus: z. B.: Bavenstedt, Kat. Nr. 22). Daneben fan-
den sich noch Varianten: In Harkenbleck, Kat. Nr.
154, wurden zehn, in Vogelbeck, Kat. Nr. 348, je acht
Pfosten nachgewiesen. Die meist recheckige Grund-
fläche der Grubenhäuser liegt zwischen 3 bis 10 m
in der Länge und 2,5 bis 6 m in der Breite. Die unter-
schiedlichen Grubenhaustypen werden als Aus-
druck von unterschiedlichen Wirtschaftsformen ge-
deutet (Zimmermann 1992, 158). Um dies zu verifi-
zieren, fehlen aber genauere Untersuchungen über
die jeweilige Nutzung. Als Hauptorientierung der
Grubenhäuser im Arbeitsgebiet ist eine W-O Rich-
tung auszumachen, wie es auch überregional festzu-
stellen ist (z. B. Brabandt 1993, 110; Schlegel
2000, 140). Die Orientierung dürfte rein funktiona-
le Gründe haben (Beleuchtung, Belüftung, Witte-
rung), chronologische Überlegungen scheiden aus.
Für die Grubenhäuser des Arbeitsgebietes konnten
nur sehr allgemeine Funktionsbestimmungen gege-
ben werden, Funde von Spinnwirtel und Webge-
wichten deuten eine Nutzung als Webstube an, über-
regional finden sich daneben, wenn auch selten,
Nachweise für Buntmetallverarbeitung (Günther
1990,110 f.; Zimmermann 1992,212 ff.; Grote 1986)
sowie für eine Nutzung der Grubenhäuser als Lager-
raum für Getreide (Baumann u. Kroizsch 1984,218
ff.). Feuerstellen in Grubenhäusern wurden nicht
nachgewiesen. Im Grubenhaus 1970 von Geismar,
Kat. Nr. 98, lag in der Mitte des Grubenhauses eine
als Bauopfer gedeutete, Ost-West ausgerichtete
Hundebestattung (Rosenstock 1979, 192 ff.). Für
eine Funktionsbestimmung dieses Grubenhauses
fehlten allerdings aussagekräftige Funde.
5.2.3.2 Pfostenbauten, Blockbauten
Bis vor kurzem waren Nachweise von dreischiffigen
Hallenhäusern im Mittelgebirgsraum unbekannt.

Diese Hausbauweise ist typisch für die kaiserzeit-
lichen Bauten der Nordseeküste, während die
binnenländischen Bauten bevorzugt zweischiffi-
ge Bauweise - den Typ Haps - aufweisen (Pape
1993, 314). Schon vor der Ausgrabung des mehr-
schiffigen Pfostenbaus von Schwiegershausen (s.
Kap. 5.3.1) konnte 1988 der erste Nachweis für
Wohn-Stall-Gebäude im Mittelgebirgsraum doku-
mentiert werden. Planmäßige Feldbegehungen in
der Gemarkung Hehlen führten zur Entdeckung
eines mehrperiodigen Siedlungsplatzes. Aber erst
auf dem Luftbild wurden die Dimensionen dieser
Fundstelle deutlich (Abb. 2). Neben mehreren


Abb. 2 Umzeichnung des Luftbildbefundes der Siedlung
bei Hehlen, Ldkr. Holzminden (Heege u. a. 1994, Abb. 37)

Grubenverfärbungen sind auch Pfostengruben
eines mehrschiffigen Gebäudes erkennbar. An-
dere Strukturen werden als Zaun gedeutet. Die
Oberflächenfunde erbrachten Keramik der Jung-
steinzeit und der Völkerwanderungszeit. Der
größte Anteil der Scherben konnte jedoch in die
Römische Kaiserzeit eingeordnet werden (1.-4.
Jh.). Von denen wiederum wird der größere
Prozentsatz in die jüngere Römische Kaiserzeit
datiert, sodass die Luftbildbefunde diesem Zeit-
abschnitt zugeordnet wurden (Heege u. a. 1994,
38 ff.). Da aber noch keine archäologische Unter-
suchung der Befunde erfolgte, muss die Datierung
mit Vorbehalt betrachtet werden.
Von der „gewaltigen Halle“, ein Pfostenbau mit rie-
sigen Ausmaßen, die bei Ronnenburg, Kr. Hanno-
ver, durch Schroller (1934a; 1934b) nachgewie-
sen sein soll, und in der späteren Literatur als Fak-
tum aufgenommen wurde (z. B. Brabandt 1993),
wurden bis heute keine Befundpläne publiziert.
Aufgrund dieser Tatsache und der weltanschauli-
chen Einstellung Schrollers (s. Kap. 3.1), ist die
„Halle“ eher unwahrscheinlich37. In der älteren
Literatur finden sich auch Hinweise auf Bauten in
Blockbautechnik (z. B. Gronau, Kat. Nr. 120/121),

37 Was nicht heißt, dass generell keine Hausgrundrisse vorhanden waren. Nur ihre Interpretation ist zweifelhaft.

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