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Alper, Götz; Römer-Strehl, Christiane
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 32): "Johanneser Kurhaus": ein mittelalterlicher Blei-/Silbergewinnungsplatz bei Clausthal-Zellerfeld im Oberharz — Rahden /​ Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68366#0025
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Saxonum“ bezeichnet wird. Dass die Liudolfin-
ger bereits am Ende des 8. Jahrhunderts in der Mark
Gandersheim über umfangreichen Grundbesitz
verfügten, belegen Traditionen an das Kloster Ful-
da. Die erste kirchliche Stiftung des Adelsge-
schlechts erfolgte dann auch in Brunshausen bei
Gandersheim. Das dort wohl in den 80er Jahren
des 8. Jahrhunderts gegründete Kloster wurde mit
Benediktinermönchen aus Fulda besetzt. Noch
vor der Mitte des 9. Jahrhunderts gründeten Liu-
dolf und seine Gemahlin Oda in Gandersheim ein
Kanonissenstift, das ein geistlicher Mittelpunkt im
östlichen Sachsen und die Grablege des liudolfin-
gischen Hauses wurde. Gandersheim tritt schon
früh auch als Handelsort in Erscheinung: Ludwig
III., der Sohn Ludwigs des Deutschen (843-876),
hatte dem Stift Gandersheim im Jahre 877 das Pri-
vileg erteilt, von allen Kaufleuten, die vom Rhein
zur Elbe und Saale zogen, Zoll zu erheben - Gan-
dersheim lag am Schnittpunkt der bedeutenden
Handelswege von Köln nach Magdeburg und von
Frankfurt nach Norden (Bingener 2000a, 146).
Vom Gandersheimer Raum aus haben die Liudol-
finger ihren Besitz, vermutlich mit Blick auf die
Bodenschätze des Harzgebietes, zielstrebig ausge-
baut und es entstand eine große Königslandschaft
im Umland des Gebirges, die „vom Beginn des
10. bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts eine der
wichtigsten, zeitweilig sogar die zentrale Kern-
landschaft des deutschen Reiches bildete“ (Jor-
dan 1977, 164). In welchem Umfang es sich bei
den Besitzungen, die sie später in ihrer Hand ver-
einigten, um liudolfingisches Hausgut oder um
fränkisches Königsgut handelt, das schon in spät-
karolingischer Zeit an sie übergegangen war, läßt
sich nur schwer beantworten - auffällig ist jedoch,
dass sich Belege für karolingisches Reichsgut im
Harzraum auf das nordöstliche Thüringen konzen-
trieren. Im 10. Jahrhundert lag vor dem Gebirgs-
rand des Harzes eine Reihe von bedeutenden
Königspfalzen, die von ausgedehntem königli-
chem Grundbesitz umgeben waren: Werla, Qued-
linburg, Allstedt, Wallhausen, Tilleda, Nordhau-
sen, Pöhlde und (Königs-)Dahlum (Heine 1995,
54-61. Jordan 1977, 166-169. NAß 1989a. Schu-
bert 1997, 106-111. Schulze 2001, 33-51. Wei-
demann 1978, 42).
Von besonderer Bedeutung war Werla, wo seit
Beginn des 10. Jahrhunderts die Versammlung
sächsischer Großer stattfand - hier wird eine Ver-
lagerung des politischen Schwerpunktes des säch-
sischen Stammes nach Ostsachsen deutlich, die
bereits im 9. Jahrhundert einsetzte (Jordan 1977,

167; 168. Petke 1978, 1-3. Seebach 1967. Wilke
1970, 11-19. Zotz 1993a, 242). Zu dem Werlaer
Reichsgutbezirk dürften auch zu dieser Zeit schon
Goslar, von dem der Annalist Saxo im 12. Jahr-
hundert berichtet, es sei 922 von Heinrich I. (919-
936) als „vicus“ angelegt worden, und der Ram-
melsberg mit seinem Erzlager sowie die angren-
zenden Harzregionen gehört haben (vgl. unten).
Möglicherweise befand sich am Sudmerberg nord-
östlich von Goslar eine Burg (Sudburg) mit
Schutz- und Verwaltungsfunktionen für den süd-
lichen Bereich des Werlaer Reichsgutes.
Ein weiterer wichtiger Ort nördlich des Harzes
war Quedlinburg. Von Heinrich I. an wurde es im
10. Jahrhundert einer der beliebtesten Aufenthalts-
orte der ottonischen Herrscher. Königin Mathil-
de errichtete hier mit Zustimmung ihres Gatten
Otto I. (936-973) ein Kanonissenstift, nach Gan-
dersheim die zweite große kirchliche Gründung -
beide Stifte waren reichsunmittelbar - des liudol-
figischen Hauses am Harz (Brachmann, Schu-
bert 1989. Jordan 1977, 167. Streich 2001, 79,
80). Als erster namentlich genannter Ort im Harz-
gebirge überhaupt taucht der Königshof Bodfeld
im Mittelharz 935 in den Urkunden auf. Dort wie
auch an anderen Plätzen der Umgebung sind
Eisenverhüttungsrelikte aus ottonischer Zeit archä-
ologisch belegt. Hier lässt sich ein Eisengewin-
nungszentrum (Brauneisenerze) unter königli-
cher Herrschaft erkennen. Für Bodfeld und das
nahegelegene Hasselfelde sind fast 20 Aufenthal-
te „deutscher“ Könige und Kaiser von Heinrich I.
bis Heinrich IV überliefert. Es steht zu vermuten,
dass die Bedeutung dieser auch als „Jagdhöfe“
bezeichneten Pfalzen stärker mit dem Bergbau
und der Verhüttung auf Eisen als mit der herr-
schaftlichen Jagd in Zusammenhang stand (Beh-
rens 1992. Brachmann 1992, 9-13. Prell 1971.
Schneider 1982, 369-374). Eisenverarbeitung in
größerem Umfang ist archäologisch für die Pfalz
Tilleda südlich des Harzes nachgewiesen (Brach-
mann 1992,14. Grimm 1990,95. Waniczek 1987).
In Verbindung mit den Oberharzer Gangerzlager-
stätten verdient neben dem Werlaer beziehungs-
weise dem Werla-Goslarer Reichsgutbezirk das
westliche und südwestliche Harzvorland Beach-
tung. Hier lag eine Reihe befestigter oder durch
nahegelegene Befestigungen gesicherter könig-
licher Höfe am Harzrand, von denen Seesen, Git-
telde, Lasfelde, Pöhlde und Ellrich für das 10. Jahr-
hundert aus den Urkunden erschließbar sind
(Schulze 1978,35-54. Siehe auch Klappauf 1991).
Von besonderem Interesse ist Gittelde - nicht nur

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