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Späte Eisenzeit, Römische Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit
v. Chr, auf den Fundplätzen auftritt (Waterbolk
1978). Außerdem kommt gelegentlich, aber sehr sel-
ten, die in dieser Zeitstufe typische Streepband-Ver-
zierung des Halses auf (Kat.-Nr. 44.20 Abb. 68), die
aus umlaufenden Rillen besteht. Zudem wird nun
im Keramikkomplex des jüngeren Fundhorizontes
organische Magerung des Tones bei der Gefäßher-
stellung bevorzugt (Löbert 1982, 73, 80).
Im 1. Jahrhundert v. Chr. nimmt die Formen-
vielfalt der Gefäßkeramik gravierend zu (Schmid
2006, 27-36). Dies steigert zwar die Genauigkeit
der archäologischen Datierung einzelner Funde
deutlich, soll hier aber nur summarisch besprochen
werden. Neben der einfachen Gebrauchskeramik,
die weiterhin kurze, S-förmige Profile aufweist,
kommen nun dreigliedrige Gefäße vor, deren Rand
teils scharf von der Schulter abgesetzt ist. Es han-
delt sich um Ränder mit einfach gerundetem oder
ausgezogenem Rand und um Ränder mit gerade ab-
gestrichenem Rand, die in der Randformentabelle
(vgl. Abb. 40) und im Katalog als Randformen 1.1,
1.2, 1.5, 2.1 und 2.5 bezeichnet werden (Abb. 19, 3,
4). Sie finden sich im jüngeren Fundhorizont von
Hatzum-Boomborg und ähneln den Formtypen von
Paddepoel C/D (van Es 1970; Löbert 1982, 95).
Verdickte Ränder dieser Gefäße können zwei- und
mehrfach abgestrichen worden sein, wie sie die Ta-
belle der Randformen 1.3 und 2.3 zeigt, und weisen
dadurch Randfacetten auf (Abb. 19, 5-8). Die Schräg-
randgefäße und dreigliedrigen Terrinen mit den
oben genannten Randformen datiert Schmid (2006,
74-76) in den Zeitraum vom 1. Jahrhundert vor bis
zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.
Von der Mitte des 1. bis zur Mitte des 2. Jahrhun-
derts n. Chr. gibt es auch Schalen der rhein-weserger-
manischen Form von Uslar I, die einen kurz abge-
knickten, verdickten Rand besitzen (Schmid 2006)
und in der Tabelle der Randformen zum Teil als For-
men 1.2, 2.2 und 2.3 bezeichnet sind (Abb. 19, 9).
Die Keramikentwicklung des 2./3. und 3./4.
Jahrhunderts knüpft an den Formenbestand davor
an (Schmid 2006, 36-57). Die Ränder der dreiglied-
rigen Gefäße, der Trichterschalen, weitmündigen
Terrinen und Schalen (Abb. 19, 10-12), sind teils
länger ausgezogen und teils profiliert und entspre-
chen den Formen 2.2 und 2.3 der Randformenta-
belle des Kataloges (Abb. 40).
Etwa um 300 macht sich ein Stilwandel bemerk-
bar, der die charakteristischen Gefäße mit scharf
abgesetzten, eckigen Randprofilen ablöst und durch
steil stehende, S-förmige Gefäßprofile ersetzt, die
zusammen mit plastischen Zierelementen die Kera-
mik des 4./5. Jahrhundert kennzeichnet (Schmid
2006, 57-69). Durch die so genannte sächsische Ver-
zierungsweise mit Dellen, Riefen und Wülsten sind
nun auch Wandungsscherben im Fundmaterial der
Siedlungen als Keramik der Völkerwanderungszeit
leicht erkennbar (Abb. 19, 13, 14).
6.2 Sonstige Gerätschaften
Wie sich die Verbesserung der technischen Fertig-
keiten bei der Herstellung der Gefäßkeramik im
Laufe der Besiedlungsphase der Römischen Kai-
serzeit von der Spätlatene- bis zur Völkerwande-
rungszeit abzeichnet, so finden auch andere Weiter-
entwicklungen statt, die durch neue Geräte und
Artefakte belegbar sind. Im jüngsten Fundhorizont
von Hatzum-Boomborg fanden sich Reste von Kup-
pelöfen, die zusammen mit Lochtennen als Töpfer-
öfen gedeutet wurden (Löbert 1982, 68-69). Hai-
duck (1994) hat derartige Öfen, bestehend aus einer
abnehmbaren Kuppel mit verschließbarer Öffnung
zur Regulierung des Brennvorgangs und einer ge-
lochten Tonplatte zur Trennung von Feuerungs-
und Brennraum, rekonstruiert (Abb. 20, 1). Weil die
Oberfläche der Öfen jedoch sorgfältig geglättet
wurde und weil die Öfen von Hatzum-Boomborg
und Midlum zudem mit geometrischen bzw. figura-
len Mustern verziert worden sind (Abb. 20, 2, 3),
sind andere Nutzungsmöglichkeiten zum Brotba-
cken oder zum Wärmespenden innerhalb des Hau-
ses wahrscheinlicher (Haiduck 1994). Etliche Fund-
stellen des Reiderlandes haben Bruchstücke von
Kuppeln und Lochplatten, die wohl ebenfalls zu
diesen Öfen gehörten, geliefert. Neben Hatzum-
Boomborg (Kat.-Nr. 40.100) gibt es derartige Über-
bleibsel auch in Holtgaste-Bentumersiel (Kat.-Nr.
41.524, 548, 724-727, 730-735, 737, 738), Midlum
(Kat.-Nr. 67.1), Oldendorp-Fuchsgatt (Kat.-Nr.
73.60-62) und Pogum (Kat.-Nr. 76.26).
Ein eigenartiger gebrannter Tonklumpen (Kat.-
Nr. 37.20 Abb. 56) wurde in Hatzum-Vulle Wier ge-
funden und musste erst aus etlichen Einzelteilen zu
seiner ursprünglichen Eiform zusammengesetzt
werden. Wahrscheinlich handelt es sich um einen
ovoiden Schleuderklumpen, wie sie in großer Zahl
für die Schleuderwaffen als Geschosse, teils aus
Blei, schon in den Jahrhunderten v. Chr. bei kriege-
rischen Auseinandersetzungen gebraucht wurden.
Ob dieser Fund mit den römischen Entdeckungs-
und Kriegszügen um die Zeitenwende in Zusam-
menhang gebracht werden darf, bleibt vorerst unge-
wiss, zumal bei Kampfhandlungen viele Geschosse
eingesetzt worden wären.
Späte Eisenzeit, Römische Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit
v. Chr, auf den Fundplätzen auftritt (Waterbolk
1978). Außerdem kommt gelegentlich, aber sehr sel-
ten, die in dieser Zeitstufe typische Streepband-Ver-
zierung des Halses auf (Kat.-Nr. 44.20 Abb. 68), die
aus umlaufenden Rillen besteht. Zudem wird nun
im Keramikkomplex des jüngeren Fundhorizontes
organische Magerung des Tones bei der Gefäßher-
stellung bevorzugt (Löbert 1982, 73, 80).
Im 1. Jahrhundert v. Chr. nimmt die Formen-
vielfalt der Gefäßkeramik gravierend zu (Schmid
2006, 27-36). Dies steigert zwar die Genauigkeit
der archäologischen Datierung einzelner Funde
deutlich, soll hier aber nur summarisch besprochen
werden. Neben der einfachen Gebrauchskeramik,
die weiterhin kurze, S-förmige Profile aufweist,
kommen nun dreigliedrige Gefäße vor, deren Rand
teils scharf von der Schulter abgesetzt ist. Es han-
delt sich um Ränder mit einfach gerundetem oder
ausgezogenem Rand und um Ränder mit gerade ab-
gestrichenem Rand, die in der Randformentabelle
(vgl. Abb. 40) und im Katalog als Randformen 1.1,
1.2, 1.5, 2.1 und 2.5 bezeichnet werden (Abb. 19, 3,
4). Sie finden sich im jüngeren Fundhorizont von
Hatzum-Boomborg und ähneln den Formtypen von
Paddepoel C/D (van Es 1970; Löbert 1982, 95).
Verdickte Ränder dieser Gefäße können zwei- und
mehrfach abgestrichen worden sein, wie sie die Ta-
belle der Randformen 1.3 und 2.3 zeigt, und weisen
dadurch Randfacetten auf (Abb. 19, 5-8). Die Schräg-
randgefäße und dreigliedrigen Terrinen mit den
oben genannten Randformen datiert Schmid (2006,
74-76) in den Zeitraum vom 1. Jahrhundert vor bis
zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.
Von der Mitte des 1. bis zur Mitte des 2. Jahrhun-
derts n. Chr. gibt es auch Schalen der rhein-weserger-
manischen Form von Uslar I, die einen kurz abge-
knickten, verdickten Rand besitzen (Schmid 2006)
und in der Tabelle der Randformen zum Teil als For-
men 1.2, 2.2 und 2.3 bezeichnet sind (Abb. 19, 9).
Die Keramikentwicklung des 2./3. und 3./4.
Jahrhunderts knüpft an den Formenbestand davor
an (Schmid 2006, 36-57). Die Ränder der dreiglied-
rigen Gefäße, der Trichterschalen, weitmündigen
Terrinen und Schalen (Abb. 19, 10-12), sind teils
länger ausgezogen und teils profiliert und entspre-
chen den Formen 2.2 und 2.3 der Randformenta-
belle des Kataloges (Abb. 40).
Etwa um 300 macht sich ein Stilwandel bemerk-
bar, der die charakteristischen Gefäße mit scharf
abgesetzten, eckigen Randprofilen ablöst und durch
steil stehende, S-förmige Gefäßprofile ersetzt, die
zusammen mit plastischen Zierelementen die Kera-
mik des 4./5. Jahrhundert kennzeichnet (Schmid
2006, 57-69). Durch die so genannte sächsische Ver-
zierungsweise mit Dellen, Riefen und Wülsten sind
nun auch Wandungsscherben im Fundmaterial der
Siedlungen als Keramik der Völkerwanderungszeit
leicht erkennbar (Abb. 19, 13, 14).
6.2 Sonstige Gerätschaften
Wie sich die Verbesserung der technischen Fertig-
keiten bei der Herstellung der Gefäßkeramik im
Laufe der Besiedlungsphase der Römischen Kai-
serzeit von der Spätlatene- bis zur Völkerwande-
rungszeit abzeichnet, so finden auch andere Weiter-
entwicklungen statt, die durch neue Geräte und
Artefakte belegbar sind. Im jüngsten Fundhorizont
von Hatzum-Boomborg fanden sich Reste von Kup-
pelöfen, die zusammen mit Lochtennen als Töpfer-
öfen gedeutet wurden (Löbert 1982, 68-69). Hai-
duck (1994) hat derartige Öfen, bestehend aus einer
abnehmbaren Kuppel mit verschließbarer Öffnung
zur Regulierung des Brennvorgangs und einer ge-
lochten Tonplatte zur Trennung von Feuerungs-
und Brennraum, rekonstruiert (Abb. 20, 1). Weil die
Oberfläche der Öfen jedoch sorgfältig geglättet
wurde und weil die Öfen von Hatzum-Boomborg
und Midlum zudem mit geometrischen bzw. figura-
len Mustern verziert worden sind (Abb. 20, 2, 3),
sind andere Nutzungsmöglichkeiten zum Brotba-
cken oder zum Wärmespenden innerhalb des Hau-
ses wahrscheinlicher (Haiduck 1994). Etliche Fund-
stellen des Reiderlandes haben Bruchstücke von
Kuppeln und Lochplatten, die wohl ebenfalls zu
diesen Öfen gehörten, geliefert. Neben Hatzum-
Boomborg (Kat.-Nr. 40.100) gibt es derartige Über-
bleibsel auch in Holtgaste-Bentumersiel (Kat.-Nr.
41.524, 548, 724-727, 730-735, 737, 738), Midlum
(Kat.-Nr. 67.1), Oldendorp-Fuchsgatt (Kat.-Nr.
73.60-62) und Pogum (Kat.-Nr. 76.26).
Ein eigenartiger gebrannter Tonklumpen (Kat.-
Nr. 37.20 Abb. 56) wurde in Hatzum-Vulle Wier ge-
funden und musste erst aus etlichen Einzelteilen zu
seiner ursprünglichen Eiform zusammengesetzt
werden. Wahrscheinlich handelt es sich um einen
ovoiden Schleuderklumpen, wie sie in großer Zahl
für die Schleuderwaffen als Geschosse, teils aus
Blei, schon in den Jahrhunderten v. Chr. bei kriege-
rischen Auseinandersetzungen gebraucht wurden.
Ob dieser Fund mit den römischen Entdeckungs-
und Kriegszügen um die Zeitenwende in Zusam-
menhang gebracht werden darf, bleibt vorerst unge-
wiss, zumal bei Kampfhandlungen viele Geschosse
eingesetzt worden wären.