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Steinzeit
moor (2809/9:13; Abb. 4, T4) und auch bei der Gra-
bung in Weener-Süder Hilgenholt als Streufunde
(Schwarz 2012, 109).
Darüber hinaus sind Hinweise auf die Besied-
lung des Reiderlandes durch die erste jungsteinzeit-
lich-bäuerliche Kultur noch spärlich, wie auch bisher
Standorte von Megalithgräbern unbekannt geblie-
ben sind. Ein Feuerstein-Flachbeil (Kat.-Nr. 2.1),
das bei Böen im oder unter dem Moor beim Torfgra-
ben gefunden wurde, darf der Emsländischen Grup-
pe der Trichterbecherkultur zugewiesen werden. Es
zeigt, ebenso wie der Baggerfund eines Feuerstein-
beiles der Trichterbecherkultur aus dem Emder Ha-
fen, dass tiefere Lagen sowohl auf dem Sand als
auch in der Ems-Flussmarsch aufgesucht wurden,
weil die erste Regression zwischen 3000 und 2400
v. Chr. (Behre 2003) das ermöglichte.
Durch den erneuten Anstieg des Wasserspie-
gels ging nicht nur für die Trichterbecherkultur son-
dern auch für die auf sie folgende Einzelgrabkultur
viel Land, das genutzt und besiedelt werden konnte,
im nördlichen Reiderland verloren. Ob das bei Jem-
gum in einer Tongrube gefundene Feuersteinbeil der
Einzelgrabkultur (Kat.-Nr. 52.6 Abb. 78) ein Zeug-
nis für die Besiedlung der damals trocken gefalle-
nen Emsmarsch darstellt oder ob es sich um einen
verschleppten Fund von benachbarten Geestkup-
pen handelt, ist leider wegen fehlender Dokumenta-
tion der Fundumstände nicht zu entscheiden. Das
Gleiche gilt für die beiden 1925 bei Möhlenwarf ge-
fundenen Steinbeile. Zwar scheinen das Fels- und
das Feuersteinbeil (Kat.-Nr. 178.1, 2 Abb. 132) eine
Grabausstattung der Einzelgrabkultur anzudeuten,
was im dortigen Naturraum nicht unwahrschein-
lich wäre, aber aus formtypologischen Gründen kei-
neswegs gewiss ist. Brandt (1967, 186, 198) wies
das im Querschnitt ovale Felsgesteinbeil dem frü-
hen Neolithikum und das Feuersteinbeil der Ems-
ländischen Gruppe der Trichterbecherkultur zu.
Dagegen gibt die Jütische Streitaxt aus Weener-
moor (Kat.-Nr. 177.1 Abb. 131) einen Hinweis auf
ein zerstörtes Grab der Einzelgrabkultur, das auf
einer in das pleistozäne Becken der Emsmarsch hi-
nein vorspringenden Landzunge angelegt worden
war. Da in der Jungsteinzeit Gräber zumeist in der
Nähe der Ansiedlungen zu finden sind, darf auf
eine gleichzeitige Besiedlung im Umfeld geschlos-
sen werden. Das ist auch für den hohen Sandrü-
cken Hilgenholt anzunehmen, wo bereits die Leute
der Trichterbecherkultur als Pioniere der bäuerli-
chen Besiedlung nachgewiesen sind. Dort fanden
sich nicht nur eine Jütische Streitaxt (Kat.-Nr. 137.1
Abb. 108) sondern auch ein Rechteckbeil aus Fels-
gestein (Kat.-Nr. 129.108 Abb. 107), die wegen ihrer
Unversehrtheit aus zerstörten Grabhügeln der Ein-
zelgrabkultur stammen müssen.
Beispiele dafür sind die Grabanlagen in Leer-
Westerhammrich (Bärenfänger 2004) und in Backe-
moor (Helms / Schwarz 2008), wo unter ehema-
ligen Grabhügeln Grabgruben, eine von einem
Kreisgraben umschlossen, zu Tage kamen. Sie zei-
gen die Ausstattungen der Toten mit Gefäßen und
Steinwerkzeugen (Abb. 5, 4-9). Die Bestattungssit-
te, die Einzelgräber mit Grabhügeln zu kennzeich-
nen, galt nicht nur im Spätneolithikum und unter
dem Einfluss der Glockenbecherkultur, sondern
hielt sich in vielfältig abgewandelter Form bis zum
Beginn der Jüngeren Bronzezeit.
4.2.2 Neolithische Besiedlung
Aus den wenigen Funden der jungsteinzeitlichen
Kulturgruppen darf geschlossen werden, dass sich
wie in anderen Regionen Ostfrieslands (vgl. Schwarz
1999c; 2002, 173-177) auf den ehemals bewaldeten
hohen Geestflächen und Geestrücken die Menschen
der Trichterbecherkultur ansiedelten und danach
die Menschen der Einzelgrabkultur das erschlosse-
ne Land weiter ausdehnten. Für den Geestrücken
Hilgenholt bei Weener erlauben die Oberflächen-
funde bereits den Analogieschluss auf einen derar-
tigen Besiedlungsvorgang in der Jungsteinzeit. Ein
vergleichbares Geestplateau, welches in der Jung-
steinzeit als Siedlungsgebiet erschlossen worden
sein könnte, befindet sich im südlichen Reiderland
zwischen Diele und Stapelmoor. Dort weisen be-
reits ein Fund der Trichterbecherkultur (Abb. 4,
T4) und ein Felsgesteinbeil der Einzelgrabkultur
(Schwarz 1990, 288 Kat.-Nr. 732; Abb. 4, T5) sowie
jüngere, bronzezeitliche Funde auf einen Siedlungs-
prozess wie in Hilgenholt hin. Leider ist der Fund
einer Gesteinsaxt und eines Feuersteinmessers bei
Diele (Kat.Nr. 12.1) verschollen, so dass die nahe
liegende Vermutung, es handele sich ebenfalls um
eine Grabausstattung der Einzelgrabkultur, nicht
zu verifizieren ist. Da Zylmann (1933, 41 Nr. 91)
die Gesteinsaxt als Arbeitsaxt identifizierte, muss
der Fund jedoch eher in die frühe Bronzezeit da-
tiert werden und füllt damit die Lücke zwischen
den Funden des ausgehenden Neolithkums und der
Jüngeren Bronzezeit.
Im westlich benachbarten Westerwolde richte-
te sich die neolithische Besiedlung auf die Wester-
woldsche Aa und ihre Oberläufe, die Ruiten Aa, die
Mussei Aa und das Pagendiep aus. Auch die an-
Steinzeit
moor (2809/9:13; Abb. 4, T4) und auch bei der Gra-
bung in Weener-Süder Hilgenholt als Streufunde
(Schwarz 2012, 109).
Darüber hinaus sind Hinweise auf die Besied-
lung des Reiderlandes durch die erste jungsteinzeit-
lich-bäuerliche Kultur noch spärlich, wie auch bisher
Standorte von Megalithgräbern unbekannt geblie-
ben sind. Ein Feuerstein-Flachbeil (Kat.-Nr. 2.1),
das bei Böen im oder unter dem Moor beim Torfgra-
ben gefunden wurde, darf der Emsländischen Grup-
pe der Trichterbecherkultur zugewiesen werden. Es
zeigt, ebenso wie der Baggerfund eines Feuerstein-
beiles der Trichterbecherkultur aus dem Emder Ha-
fen, dass tiefere Lagen sowohl auf dem Sand als
auch in der Ems-Flussmarsch aufgesucht wurden,
weil die erste Regression zwischen 3000 und 2400
v. Chr. (Behre 2003) das ermöglichte.
Durch den erneuten Anstieg des Wasserspie-
gels ging nicht nur für die Trichterbecherkultur son-
dern auch für die auf sie folgende Einzelgrabkultur
viel Land, das genutzt und besiedelt werden konnte,
im nördlichen Reiderland verloren. Ob das bei Jem-
gum in einer Tongrube gefundene Feuersteinbeil der
Einzelgrabkultur (Kat.-Nr. 52.6 Abb. 78) ein Zeug-
nis für die Besiedlung der damals trocken gefalle-
nen Emsmarsch darstellt oder ob es sich um einen
verschleppten Fund von benachbarten Geestkup-
pen handelt, ist leider wegen fehlender Dokumenta-
tion der Fundumstände nicht zu entscheiden. Das
Gleiche gilt für die beiden 1925 bei Möhlenwarf ge-
fundenen Steinbeile. Zwar scheinen das Fels- und
das Feuersteinbeil (Kat.-Nr. 178.1, 2 Abb. 132) eine
Grabausstattung der Einzelgrabkultur anzudeuten,
was im dortigen Naturraum nicht unwahrschein-
lich wäre, aber aus formtypologischen Gründen kei-
neswegs gewiss ist. Brandt (1967, 186, 198) wies
das im Querschnitt ovale Felsgesteinbeil dem frü-
hen Neolithikum und das Feuersteinbeil der Ems-
ländischen Gruppe der Trichterbecherkultur zu.
Dagegen gibt die Jütische Streitaxt aus Weener-
moor (Kat.-Nr. 177.1 Abb. 131) einen Hinweis auf
ein zerstörtes Grab der Einzelgrabkultur, das auf
einer in das pleistozäne Becken der Emsmarsch hi-
nein vorspringenden Landzunge angelegt worden
war. Da in der Jungsteinzeit Gräber zumeist in der
Nähe der Ansiedlungen zu finden sind, darf auf
eine gleichzeitige Besiedlung im Umfeld geschlos-
sen werden. Das ist auch für den hohen Sandrü-
cken Hilgenholt anzunehmen, wo bereits die Leute
der Trichterbecherkultur als Pioniere der bäuerli-
chen Besiedlung nachgewiesen sind. Dort fanden
sich nicht nur eine Jütische Streitaxt (Kat.-Nr. 137.1
Abb. 108) sondern auch ein Rechteckbeil aus Fels-
gestein (Kat.-Nr. 129.108 Abb. 107), die wegen ihrer
Unversehrtheit aus zerstörten Grabhügeln der Ein-
zelgrabkultur stammen müssen.
Beispiele dafür sind die Grabanlagen in Leer-
Westerhammrich (Bärenfänger 2004) und in Backe-
moor (Helms / Schwarz 2008), wo unter ehema-
ligen Grabhügeln Grabgruben, eine von einem
Kreisgraben umschlossen, zu Tage kamen. Sie zei-
gen die Ausstattungen der Toten mit Gefäßen und
Steinwerkzeugen (Abb. 5, 4-9). Die Bestattungssit-
te, die Einzelgräber mit Grabhügeln zu kennzeich-
nen, galt nicht nur im Spätneolithikum und unter
dem Einfluss der Glockenbecherkultur, sondern
hielt sich in vielfältig abgewandelter Form bis zum
Beginn der Jüngeren Bronzezeit.
4.2.2 Neolithische Besiedlung
Aus den wenigen Funden der jungsteinzeitlichen
Kulturgruppen darf geschlossen werden, dass sich
wie in anderen Regionen Ostfrieslands (vgl. Schwarz
1999c; 2002, 173-177) auf den ehemals bewaldeten
hohen Geestflächen und Geestrücken die Menschen
der Trichterbecherkultur ansiedelten und danach
die Menschen der Einzelgrabkultur das erschlosse-
ne Land weiter ausdehnten. Für den Geestrücken
Hilgenholt bei Weener erlauben die Oberflächen-
funde bereits den Analogieschluss auf einen derar-
tigen Besiedlungsvorgang in der Jungsteinzeit. Ein
vergleichbares Geestplateau, welches in der Jung-
steinzeit als Siedlungsgebiet erschlossen worden
sein könnte, befindet sich im südlichen Reiderland
zwischen Diele und Stapelmoor. Dort weisen be-
reits ein Fund der Trichterbecherkultur (Abb. 4,
T4) und ein Felsgesteinbeil der Einzelgrabkultur
(Schwarz 1990, 288 Kat.-Nr. 732; Abb. 4, T5) sowie
jüngere, bronzezeitliche Funde auf einen Siedlungs-
prozess wie in Hilgenholt hin. Leider ist der Fund
einer Gesteinsaxt und eines Feuersteinmessers bei
Diele (Kat.Nr. 12.1) verschollen, so dass die nahe
liegende Vermutung, es handele sich ebenfalls um
eine Grabausstattung der Einzelgrabkultur, nicht
zu verifizieren ist. Da Zylmann (1933, 41 Nr. 91)
die Gesteinsaxt als Arbeitsaxt identifizierte, muss
der Fund jedoch eher in die frühe Bronzezeit da-
tiert werden und füllt damit die Lücke zwischen
den Funden des ausgehenden Neolithkums und der
Jüngeren Bronzezeit.
Im westlich benachbarten Westerwolde richte-
te sich die neolithische Besiedlung auf die Wester-
woldsche Aa und ihre Oberläufe, die Ruiten Aa, die
Mussei Aa und das Pagendiep aus. Auch die an-