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Laux, Friedrich
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 51): Bronzezeitliche Hortfunde in Niedersachsen — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68714#0100
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94

Zusammenfassung und Ergebnis

Händler tätig waren, sammelten während ihrer
„Handelsreisen“ und ihrer Tätigkeit als Gießer
Brucherz jedweder Form, um so wieder zu Rohma-
terial zu kommen. Untermauern läßt sich diese
Überlegung dadurch, dass die zumeist auf festem
Untergrund angetroffenen Fundkomplexe in aller
Regel außer Fertigprodukten auch Brucherz enthal-
ten. Die meisten dieser Hortfunde waren zudem in
nur geringer Tiefe, häufiger wohl auch an markan-
ten, heute zumeist nicht mehr sichtbaren Gelände-
marken, vergraben bzw. versteckt worden. Vielfach
waren die Fundstücke in Metallgefäßen, darunter
in der jungbronzezeitlichen Periode V wiederholt in
großen so genannten „Hängebecken“, meist aber in
Tongefäßen oder in Behältnissen aus organischen
Materialien eingepackt worden, ein Umstand, der
die Bergung zu einem späteren Zeitpunkt unge-
mein erleichtert haben würde. Warum dies in man-
chen Fällen nicht geschah, darüber kann nur spe-
kuliert werden.
Aus der Zusammensetzung der Hortfunde kann
zudem der Eindruck gewonnen werden, dass die
Bronzegießer sich erst nachdem sie eine ausrei-
chende Anzahl von Gegenständen gegossen hatten,
um den Vertrieb kümmerten. So finden sich z.B. in
dem großen Sichelhort von Bösel, Stadt Lüchow,
Ldkr. Lüchow-Dannenberg (KatNr. 64; Taf. 71-
73,1-5), neben einigen Fehlgüssen und Sichelbruch-
stücken zumeist unbearbeitete Rohlinge, aber nur
wenige Sicheln, die bereits für den späteren Ge-
brauch vorbereitet worden sind. Daneben gibt es
auch Händlerdepots, in denen ausschließlich schon
bearbeitete Geräte und Schmuckstücke aufgefunden
wurden, wie z.B. in dem Hortfund von Heyersum,
Gern. Nordstemmen, Ldkr. Hildesheim (KatNr. 51;
Taf. 39-40,1-7). Die zehn taillierten schlichten Ab-
satzbeile wurden sämtlich in der gleichen Gussform
gegossen. Zu dem Hortfund gehören auch noch
drei mittelbronzezeitliche Nadeln, die sorgfältig be-
arbeitet worden sind. Unterschiedliche Bearbei-
tungsgrade zeigen dagegen die sechs ebenfalls aus
einer Gussform stammenden schlanken oberstän-
digen Lappenbeile aus Oldendorf, Gern. Suderburg,
Ldkr. Uelzen (KatNr. 154; Taf. 102-103,1). Moorpa-
tina weisen die Fundstücke des Hortfundes I von
Neukloster, Stadt Buxtehude, Ldkr. Stade (KatNr.
130; Taf. 16-17), auf, wobei die Überlieferung be-
sagt, dass sie „unfern der Geest“ aufgefunden wur-
den, was darauf hindeuten könnte, dass sie vormals
am Rande eines Moores niedergelegt worden sind.
Das Moor hat sich im Laufe der Zeit über den Hort-
fund hinweg ausgedehnt. Im Einzelnen handelt es
sich um eine schwere facettierte Schaftlochaxt nor-

discher Herkunft, um ein norddeutsches Randleis-
tenbeil, um ein Stegbeil, ferner um sieben Absatz-
beile vom Typ Neukloster (Ilsmoor), von denen
einige noch kaum bearbeitete seitliche Gussnähte
aufweisen, was auch für die beiden Absatzbeile mit
Hängebogenzier gilt. Zehn unbearbeitete Rohlinge
von norddeutschen Absatzbeilen mit seitlichen
Schildbögen liegen aus einem zweiten Hortfund
von Neukloster, Stadt Buxtehude, Ldkr. Stade (Kat-
Nr. 131; Taf. 21-22,1-4), vor.
Besonders deutlich wird die Tätigkeit eines Gie-
ßers/Händlers und Brucherzsammlers auch durch
die Analyse der beiden Hortfunde von Watenstedt,
Gern. Gevensleben, Ldkr. Helmstedt (KatNr. 48, A
und B), die dicht beieinander liegend ausgepflügt
worden sind. Hortfund I (Taf. 90-91,1-13) war in
einem „Hängebecken“ der jungbronzezeitlichen Pe-
riode V vergraben, Hortfund II (Taf. 91,14-19; 92 u.
93,1-8) dagegen in einem Behältnis aus organischen
Materialien, welches wiederum mit einem „Hänge-
becken“ abgedeckt war. Der Inhalt von Hortfund I
setzte sich aus Brucherz und Fehlgüssen zusam-
men, derjenige von Hortfund II dagegen aus Fertig-
produkten.
Es fällt auf, dass nach zahlreichen Hortfunden
mit Brucherz aus der frühen Bronzezeit kaum einer
aus der älteren und mittleren Bronzezeit Nieder-
sachsens namhaft gemacht werden kann. Dies
könnte darauf zurückgeführt werden, dass wäh-
rend dieses Zeitabschnittes die Bronzegießer die
meisten Schmuckstücke und Gebrauchsgeräte am
Wohnort ihrer Auftraggeber hergestellt haben. Da-
für spricht, dass die für die mittlere Bronzezeit der
Lüneburger Gruppe so kennzeichnenden Lünebur-
ger Arm- und Beinringe, Uelzener Armbänder so-
wie die Halsringe mit schrägem Leiterbandmuster
den zukünftigen Trägerinnen vor Ort angepasst
und angeschmiedet wurden (Laux 1971, 133; 1981,
251), denn dieser Ringschmuck konnte nicht mehr
abgenommen werden und gehörte zur täglich getra-
genen Schmucktracht, was die Abschleifspuren an
den paarig getragenen Schmuckstücken eindeutig
belegen. Die Bronzehandwerker benutzten u.a. das
vor Ort vorhandene und anderen Orts eingesam-
melte Brucherz, um nach den Wünschen ihrer Auf-
traggeber die Ringe selbst und insbesondere deren
Muster einzuarbeiten. Bei den Beinringen konnte
zudem nachgewiesen werden, dass das kennzeich-
nende Spitzovalbogen- Muster und das dazwischen
eingeschobene Begleitmuster nur bei den Exempla-
ren exakt übereinstimmt, die von ein- und dersel-
ben Trägerin getragen wurden, doch unterscheidet
sich dieses Muster in Einzelheiten vom Ornament
 
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