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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 141
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0565
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559

mehr an das Lehe« und seine Seele ward zur selben Stunde noch von
dem Engel in den Himmel aufgctragen.

Affisengericht zu Mainz.
Sitzung vom 10. Juni 1842.
Wir erblicken auf der Anklagebank drei Personen. Die erste ist
Johann Nikolaus Ackermann, früher Johann Müller genannt, 31
Jahre alt, Schumachcrgesclle in Bretzenheim wohnhaft, ein in hohem
Grade gemeingefährliches Subjekt. Sein bisheriges Leben ist eine
fortgesetzte Vorlesung über das Verbrechen des Diebstahles. Sein Ge-
setzbuch kennt den Titel „über das Eigenthum" nicht. Als dreizehn-
jähriger Knabe im Jahre 1822 wurde er wegen Diebstahls von Vik-
tualien zu dreimonatlicher, bald darauf abermals Diebstahls wegen
zu dreizehnmonatlicher, im Jahre 183L wegen Diebstahls im Wieder-
holungsfälle und gewaltsamer Entweichung aus dem Gefängnisse zu
fünfjähriger und sechsmonatlicher Gefängnißstrafe verurtheilt. Im Jahre
1836 traf ihn abermals wegen Diebstahls eine Gefängnißstrafe von
fünf Jahren. Während der Verbüßung dieser Strafe in dem Korrek-
tionshause verübte er eine Mißhandlung und wurde deshalb zu einer
weiteren Gefängnißstrafe von drei Monaten verurtheilt. Am 16. Nov.
1841 wurde er aus dem Strafhause entlassen und empfing von der
Verwaltung eine Summe von 64fl., welche er durch Fertigung von
Schuhmacherarbeitcn während seiner Strafzeit erspart hatte.
Im übermütigen, nach Genuß strebenden Bewußtsein lang entbehr-
ter Freiheit brachte er die erste Nacht nach seiner Entlassung in einem
Feeuvcnhause zu und zog hierauf, nachdem er einige Zeit bei einem
Schuhmacher gearbeitet hatte, in müßiger Lüderlichkeck herum. Zu ihm
gesellte sich ein alter Bekannter aus dem Korrektionshause, der neben
ihm sitzende zweite Angeklagte Jakob Bub, 30 Jahre alt, Ziegler
in Nierstein wohnhaft, ebenfalls zu wiederholtenmalen wegen Dieb-
stahls bestraft.
Die Physiognomie dieser beiden Angeklagten und ihre ganze Per-
sönlichkeit hat den Zuchthaustypus. Sre sind dergleichen Verhandlun-
gen gewöhnt und die Befferungötheorie scheint bei ihnen keinen An-
klang finden zu wollen.
An ihrer Seite die dritte Person, eine 26jährige Martha Bo pp,
ohne Gewerbe in Bretzenheim wohnhaft. Ihre Gefichtsbildung nicht
ungefällig, große ausdrucksvolle Augen, schwarze Haare, ihr Wesen
voll Sentimentalität. Martha scheint von reumüthigem Msgdalenen-
schmerze durchdrungen, sie weint zu wiederholten Malen. Sie ist die
Base und nach der Behauptung der Staatsbehörde, die V.rtraure des
Angeklagten Ackermann.
Ackermann und Bub sind angeklagt, am 26. Dezember 1841 in dem
von Georg Arnold, Größt». Bügermcister der Gemeinde Zornheim, be-
wohnte» Gebäude in Verbindung mit einander eine Geldsumme von
circa 1400 fl. in verschiedenen Münzsorien, eine goldene Kette und ei-
ru'ge andere Gegenstände mittelst Einbruchs und Einsteigens gestohlen
zu haben.
Martha Bopp >st der Begünstigung an obigem Diebstähle durch
Hehlerei angeklagt.
Aus den Verhandlungen ging Folgendes hervor:
Am 26. Dezember 1841 »es Nachmittags gegen zwei Uhr machte
Georg Arnold, Großh. Bürgermeister der Gemeinde Zornheim, in ei-
ner Stube des oberen Stockwerkes seines Wohnhauses die Wahrneh-
mung, daß die in einer Kommod» aufbewahrten Kleidungsstücke in al-
len drcren Schubladen durcheinander gewühlt und aus dieser Kommode
zu semem Nach,helle eine haare Geldsumme von circa 1400 fl., wie
Arnold angad, tbrils in Goldmünzen verschiedener Art, theilo in Sil-
ber, be'onvers Fünstrankenthalern bestehend, so wie auch eine lange
goldene Halskette und einige andere Gegenstände gestohlen worden wa-
ren. Aus der zu dem Arnold'schen Wohnhause gehörenden Scheuer
war gleichzeitig zum Nach,heile des Dienstknechtcs Darmstadt ein Hemd
von Leinwand gestohlen worden.
Aus den Umständen und den »ach der That sichtbaren Spuren er-
gab sich, daß der Diebstahl zwischen n und 12 Uhr während sämmt«
liche Bewohner des Arnold'schen Hauses in der Kirche sich befanden,
verübt worden. Die Diebe waren aus dem Arnold'schen Garten in
die Scheuer gedrungen und von hier aus mittelst gewaltsamen Einsts,
ßens eines Wandschrankes in den Hausgang des vbern Stockes einge-
drochen.

Anfangs deckte Dunkel die Thäter. In der Gemeinde Zornheim
kein Verdacht, keine Spur. Sie wurden an einem entfernten Orte
in Kastcl arretirt und nur der Uebermuth des Freiheitsbewußtseinö der
entlassenen Sträflinge, der Jubel der zerbrochenen Sclavenkette, gedop-
pelt durch die Seligkeit eines nach dem Diebstable für die Thäter un-
geheuren Geldbesitzcs verrieth dem wachsamen Auge der Polizeibrbörde
ihren Schlupfwinkel. In der Woche vor Weihnachten hielten Acker-
mann und Bub sich zu Kastel in dem Störzcl'scben Wirthshause auf,
woselbst, nach der Mittheilung der Staatsbehörde, Landstreicher und
anderes verdächtige Gesindel gerne einzukehreu pflegen. Beide waren
von Geld entblößt und begaben sich noch in derselben Woche nach Frank-
furt a. M., uin zu betteln.
(Schluß folgt.)

Buntes.
— Dekanutlick wurden in den finstern Zeiten früherer Jahrhunderte
Proccffe auch gegen Thiere, und selbst leblose Gegenstände geführt,
und Strafen gegen dieselbe ausgesprochen. Wir halten dies jetzt kaum
noch für möglich, und doch besteht die Sitte noch heutigen Tages in
England. Bei einem Proteste gegen einen Mann, der zufälligst seinen
Diener erschossen hatte, weck er ihn für einen Dieb hielt, sprach vor
wenigen Wochen die Jury in einer kleinen englischen Stadt eine Strafe
von 1 Pfd. Stert, gegen das Gewehr aus, und trug darauf an, daß
dasselbe sofort vernichtet werde. — Ein anderer Beweis dafür, wie
weit die Engländer in manchen Dingen noch zurück sind, ist der un-
geheuere Absatz, welchen bei ihnen noch immer allerlei sogenannte Ge-
heimmittel der zahlreichen Quaksalber und „Chemiker" finden, die ihre
, Wundereffenzcn »c. mit der unverschämtesten Frechheit in allen Zeitungen
ausposaunen. Die Negierung hat auf diese Gehcimmittel eine Abgabe
gelegt, unv dieselbe brachte im Jahre 1831 nicht weniger als 330,000
Thlr. ein.
1- Am 28. Mai wurden in der Straße Beauregard die Vorüber-
gehenden durch eine Schreckensscene wahrhaft gefoltert. Man hörte
in dem vbern Stockwerk eines Hauses ein heftiges Geschrei und Gezänk.
Plötzlich klirrten die Fensterscheiben entzwei, die Flügel (die bis fast
an den Boden des Zimmers reichten) sprangen auf, und ein wüthen-
der Mann schleuderte eine Frau hinaus, die er an den Haaren über
die Straße hinausbängt. Ein Schrei des Ensetzens läßt sich hören.
Man wirft in der Eile Betten und Matratzen nach dem Punct wo die
Unglückliche herabfallen muß. Diese klammert sich jedoch in der Todes-
angst an ihren Verfolger fest, und es gelingt ihr wieder in das Fen-
ster hinein zu kommen. Mittlerweile waren Leute in die Wohnung
gedrungen und hatten den Wüthenden festgenommen, der unter dem
Hohngeschrci und Zischen der Menge ins Gefängniß abgeführl wurde.
-h In Würtemberg ist, da trotz der bisherigen Steuer von 2 fl.
für jeden Hund die Zabl der Hunde sich von 7000 auf 12,000 ver-
mehrte, jetzt eine höhere Steuer beschlossen worden, so Paß für jeden
Lurushun>^4 fl., bei dem Besitz mehrerer aber für jeden 6 fl., für
Jagdhunde 1 fl., für Grwerbs- und Sicherheitshunde 24 Kr. erhoben
werden. Diese Maßregel ist umso zeitgemäßer, als in Stuttgart in diesen
Tagen wieder wüthende Hunde umherliefen. — Wann wird in Baden
die schon längst angeküntigte erhöhte Hunds Tare eingeführt werden?

Srlbenräthsel und Logogryph.
Meine zwei Letzten mit F— spät kommen sie, Kinder des Ersten,
Und die Zweiten mit G werden vom Ersten verhüllt. Ä.
Auflösung der Charade in No. 135: Gras mücke.
Berichtigung.
Jo der „Aufgabe" des gestrigen Morgcnblattes wolle man Zeile
12 von oben, nach — 140 ein e und in Zeile 13 ebenfalls nach — 140
rin x einschalten. _
Wir sind um Aufnahme nachstehender Zeilen ersucht worden:
„In Bezug auf die in No 119 angezeigte Auflösung der Aufgabe
in No. 89 mußte das Alphabet zu 23 Buchstaben angenommen wer-
den. Rechnet man > und j nur für einen Buchstaben und zählte > mit,
so ergab sich das Resultat „Freund." Zählte man aber i und j für
zwei Buchstaben und ließe > aus, so entstand die Auflösung „Mantel."
F. Sch. in S.
 
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