Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Martin, Wilhelm [Hrsg.]; Dou, Gerard [Ill.]
Gerard Dou: des Meisters Gemälde in 247 Abbildungen — Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben, Band 24: Stuttgart, Berlin: Deutsche Verlags-Anst., 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65305#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ansicht der Stadt Leiden, 1660


DOU
SEIN LEBEN UND SEINE KUNST

Dem kunstsinnigen Laien, dem nur die öffentlichen Galerien zugänglich sind und
dem selten Privatsammlungen sich öffnen, kann man es nicht Übelnehmen, wenn
sein Urteil über Gerard Dou ziemlich kühl lautet. Denn fast immer hängen
seine Werke in den Museen bei denen der Schule, von der er das Haupt ist. Das bildet
ein langweiliges Ganzes, und der Eindruck, den die'•Leidener Feinmalerschule als
solches bei einem Museumsbesuch zurückläßt, bringt den Besucher nur zu bald dazu,
sich Ruskin anzuschließen, welcher die Sammler der Bilder Dous-auslachte. Aber sobald
man dort, wo Dou mehr vereinzelt auftritt, sich ihm^meRf-zuwendet und sich die Mühe
gibt, sein Werk näher zu betrachten, ändert sich der Eindruck. Dann entdeckt man
in seinen Bildern Eigenschaften von solch großer Bedeutung, daß man kaum versteht,
wie man früher so oft an einem Dou vorübergehen konnte.
Werke von Feinmalern sind, wie jedes Kunstwerk, an dessen Ausführung Monate
handwerksmäßigen Fleißes spendiert wurden, nur bei langer, geduldiger Betrachtung
zu genießen. Deshalb kann man Gerard Dou auch immer noch am besten in einer
Galerie sehen, wo man viel mit ihm allein sein kann.
Allerdings muß hier gleich eine Ausnahme gemacht werden, und zwar bei den
Bildern, bei deren Anfertigung nicht der Künstler, sondern der geldliebende Maler Dou
an der Staffelei gesessen hat, jene fast geistlosen, trockenen Malereien, welche er
namentlich in der letzten Zeit seines Lebens malte und welche bei ihm oft direkt für das
Ausland bestellt wurden. In diesen Werken tritt uns kein Künstler entgegen, sondern
nur ein geschickter Miniaturist. Die Mehrzahl der Werke Dous aber haben einen
großen, ganz eigentümlichen Reiz, und gerade dadurch wird Dou immer, ungeachtet
des stets wandelnden Geschmackes der Zeiten, zu den ersten Künstlern des alten
Hollands gerechnet werden müssen.
* *
*

Gerard (oder eigentlich Gerrit) Dou ‘) war schon gleich einer der bedeutendsten
unter den jungen Künstlern, welche im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts in Holland

i) Aussprache: nicht „Du“, wie man oft meint, sondern „Dau“, wie in „Frau“.

Dou II

IX
 
Annotationen