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Matthaei, Adelbert
Deutsche Baukunst im Mittelalter (1): Von den Anfängen bis zum Ausgang der romanischen Baukunst — Leipzig, Berlin: Verlag von B.G. Teubner, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.62986#0051
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Vie Baukunst im Zeitalter Karls des Großen u. seiner Nachfolger 4l
darf annehmen, daß man in Karls Tagen die antike Technik wieder
ziemlich gut beherrschte.
von seinen Profanbauten, seinen Palästen zu Ingelheim, Aachen
und Nimwegen, von deren Glanz uns Beschreibungen eine Vorstel-
lung geben, ist freilich sehr wenig erhalten. Man erinnere sich ;. B.
der Zerstörungen, denen die Aachener Pfalz in den Kämpfen Ottos 11.
mit Lothar (978) ausgesetzt war. Vie Bäulenreste aber in Main; und
im Pfarrgarten zu Niederingelheim zeigen gute antike Kormen, und
die neuen vom V. Verein für Kunstwissenschaft eingeleiteten Aus-
grabungen^) bestätigen das starke Zortleben der antiken Bautradition.
Auffallend rein tritt uns der antike Zormenschatz an dem kleinen Lin-
gangsgebäude des Klosters Lorsch entgegen, das wohl aus der Zeit
von Karls Nachfolgern stammt, und von dem es ausdrücklich heißt:
„mors unticzuoruni et imitatione veterum constitutum", „nach
antiker Art und unter Nachahmung der Alten erbaut". — Denselben
Geist sehen wir auch an einem Teile der kirchlichen Bauten. Vaß der
Zentralbau, der, wie wir oben sahen, für kleinere Aufgaben, wie Grab-
und Taufkapellen, sich auch im Abendlande einbürgerte, angewandt
wurde, beweist uns z. B. das unter Abt Aigil (820—821) in Sulda er-
baute 5t. Michael. Auch in Aachen wählte Karl für seine Palastkirche,
die wohl auch von vornherein zur Gruftkirche bestimmt mar, diese
Form. Vie heute noch erhaltene, in den Zähren 796—804 erbaute
Palastkapelle lehnt sich in der Zorm, wenn auch die Technik eine andere
ist, sehr deutlich an den Zentralbau 5. vitale in Ravenna an.
Ls ist jedoch ein alter Irrtum, der sich zuweilen noch in Lehrbüchern
findet, der freilich durch die Btrzggowskische Theorie neue Nahrung
findet, anzunehmen, daß, weil der hervorragendste erhaltene Bau,
eben die Aachener Kirche, ein Zentralbau ist, in Karls des Großen
Tagen wesentlich der antike Zentralbau das Vorbild abgegeben habe,
oder, wie man sich ausdrückte, „bgzantinisch" gebaut worden sei. Vas
Gegenteil davon ist richtig. Oie große Masse der kathedral-, pfarr-
und Klosterkirchen, die bei dem bekannten Eifer Karls, das Christen-
tum auszubreiten, emporwuchsen, sind Basilikalbauten, also nicht zen-
trale Anlagen, sondern solche mit Längsperspektive gewesen. Vas
leuchtet schon deswegen ein, weil diese Basilikalbauten mit ihren
flachen Holzdecken leichter herzustellen waren als die gewölbten Zeu-
ch k. Bericht üb. d. Arbeiten an den Denkmälern Paul Llemen, die
Kaiserpfalzen, iSN.
 
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