Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0042
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
34

bezeichnete Kultgemeinschaft, scheint klar1), dasselbe gilt von dem
Verhältnis der Τύχη 'Ρώμης, die Caesar im Jahre 47 zu Antiocheia
aufstellte, zur Θεά'Ρώμη2). Die Πόλις Θεισπείων der hellenistischen
Inschrift hieß bei Pausanias Tyche3); für die messenische Πόλις
Θηβαίων des Schriftstellers war das umgekehrte Verhältnis sehr
wahrscheinlich4); neapolitanische Inschriften zeigen gleichfalls den
Wechsel im Ausdruck5 6); daß die μεγάλα Τύχεια eines Steines aus
Lampsakos (C.J.G-. 3644) mit dem Kulte der alten Göttin auf
diese Weise Zusammenhängen, wird hiernach, wie mir scheint, sehr
nahe gelegt; auf Münzen des kleinasiatischen Germe im III. Jhdt.
steht bei einem weiblichen Haupte mit der Turmkrone abwechselnd
ιερά Γέρμη und Τύχη Πόλεως3); und besonders kraß tritt uns diese
Auffassung entgegen, wenn Athenäus VIII, 361 F den hadrianischen
Tempel der Venus und Koma als τηι της πόλεως Τύχηι ναόν καθιδρο-
μένον bezeichnet. Denn daß dort Koma als Pallas verehrt wurde 7)
wußte auch er. Vollends bezeichnend für diese Verhältnisse ist
die Bildung einer Tychopolis, wie die Tyche von Myra in der
großen, dem 2. Jhdt. nach Chr. entstammenden Inschrift zu Kho-
diapolis in Lykien genannt wird 8).
IV.
Welche Formen die personifizierende Apperzeption in Mythus,
Poesie und Kultus annimmt und welche Stadien sie hier durch-
läuft, ist für die Stadt- und Länderpersonifikationen damit gezeigt.
Zur Beurteilung der Fälle, wo sie in der bildenden Kunst auftritt,
ist so die Basis gegeben. Man muß sich aber gegenwärtig halten,
daß nicht nur die Verhältnisse hier durch die auf jenen Gebieten
beobachteten erklärt werden, sondern daß, wenigstens für Poesie
und Kultus, umgekehrt das gleiche gilt, daß eine Wechselwirkung
stattfindet und die Erscheinung im Grunde nur eine ist.
Entsprechend dem Unterschied, der zwischen naiver und reflek-
tierter Personifikation zu konstatieren war, würden auch auf dem
1) Vgl. oben S. 27. van Gelder, Gesell, der alten Hhodier S. 294 f. 340.
2) Malalas 216.
3) Vgl. oben S. 26.
4) Vgl. oben S. 27.
5) Weihung an die Τύχη Νέας Πόλεως J. G. XIV, 720; dazu vgl. 714. oben
S. 31.
6) Head II. N. 797 vgl. 651 Brit.Mus. Cat. Lydia S. 81, Mysia S. 66 pl. 16, 3.
7) Wissowa, Lei. u. Kult. 2. Auf!., S. 340. F. Lichter, Lex IV, 134.
8) Petersen-Luschan, Leisen in Lykien etc. II S. 114, XIX B S. 29. Vgl.
Dittenberger, 0. G. J. S. 585 Anm. 2.
 
Annotationen