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Matz, Friedrich; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Ein römisches Meisterwerk: der Jahreszeitensarkophag Badminton - New York — Berlin: de Gruyter, Band 19.1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.49856#0101
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Bezüge am stärksten, weil der übergreifende Arm der stützenden und der zum Haupt
geführte Arm der gestützten Figur fehlen. Beides kommt auf den Hydrien vor. Hier
sind aber die Beine beider Gestalten nach den entgegengesetzten Richtungen ge-
wandt. In jüngerer, zugleich invertierter und komplizierterer Fassung findet sich die
Gruppe auf einem glasierten Reliefbecher der Kaiserzeit172.
In der dritten dieser Zweifigurengruppen auf den attischen Sarkophagen mit dem
Kinderkomos ist der Gestützte insofern invertiert, als er sich vornüber beugt, um aus
einem Krater zu trinken, der am Boden steht, während ein Gefährte ihn entweder zu
stützen oder von dem Krater fortzuziehen versucht, indem er beide Arme um seinen
Leib schlingt (22. 23. 25). Es verdient Beachtung, daß der Stützende dieser und der
vorigen Gruppe im Motiv weitgehend übereinstimmen mit dem einen Eros aus dem
Paar, das sich in dem Zyklus mit den leeren Götterthronen um das Szepter Saturns
bemüht (oben S. 68ff.). Das Ganze ist ein hellenistisches Gruppenmotiv, das in zwei
Fassungen bekannt ist. Die eine stellt dar, wie dem berauschten Silen der Kantharos
entglitten ist. Indem er sich bückt, um ihn aufzuheben, verliert er das Gleichgewicht,
wird aber von einem Satyr durch einen kräftigen Griff um den Leib vor dem Fallen
bewahrt. Der Krater Borghese mit seinen Repliken aus Mahdia und der Fries des
Dionysostempels in Teos bieten späthellenistische Beispiele. In der Reliefkeramik
läßt sich die Gruppe mindestens schon im hohen Hellenismus belegen173. In der an-
deren Fassung dieser Gruppe handelt es sich um eine erschöpft zusammenbrechende
Mainade, die von Silen betreut wird. Sie kommt vor auf neuattischen Marmorge-
fäßen von der Art des Kraters im Campo Santo zu Pisa und auf den Ikariosreliefs. Die
Muster gehören spätestens dem ausgehenden Hellenismus an174.
Nur die vierte und letzte dieser vier Stützungsgruppen läßt sich vor dem frühen
2. Jahrhundert n. Chr. und außerhalb dieses Themas nicht nachweisen. Ein Knabe
oder Eros in Ausfallstellung hilft einem rückwärts taumelnden, dem die Beine nach
vorn geglitten sind, während ihm das Haupt weinschwer auf die Brust sinkt (2. 4.
11. 12.14. 18. 24. 33. 35). Diese Gruppe findet sich sonst nur auf südkleinasiatischen
Sarkophagen der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts175. Weil von den übrigen Typen
des attischen Kinderkomos ein großer Teil auch auf diesen Sarkophagen vorkommt,
könnte man daran denken, daß überhaupt die Bilder der attischen Sarkophage die
Quelle für die andere Gruppe waren und daß nur zufällig die anderen Stützungs-
gruppen hier fehlen. Tatsächlich zeigt ein Vergleich dieser attischen und kleinasia-
tischen Sarkophage, daß eine gemeinsame Quelle anzunehmen ist. Auf den Lang-
seiten der attischen Sarkophage ist Symmetrie der Komposition angestrebt. Eine
172 D. C. Spitzer, Hesperia n, 1942, 184, 16 m.
173 Merlin-Poinssot 84. 92.
174 Merlin-Poinssot 102. Watzinger Jdl. 61/62, 1946/47, 84. Auf einem glasierten Reliefskyphos der
frühen Kaiserzeit aus Südarabien, den B. Segall veröffentlichen wird und dessen Kenntnis ich ihr ver-
danke, findet sich dieselbe Gruppe.
175 Ehern. Rom, P. Fiano, ungedeutet, Robert ASR. 3, 435 Taf. 140. Rodenwaldt JHS. 53, 1933,
206ff. AA. 1938, 398. — Erotensarkophage: Rom, P. Mattei, Rodenwaldt AA. 1938,4071^,13, und Side,
A. Müfid Mansel AA. 1956, 75 f., 31. Auch auf der einen Langseite dieses Sarkophags begegnet man der
Gruppe wieder. Eine Aufnahme verdanke ich der Freundlichkeit A. Müfid Mansels und Jale Inans.
 
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