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Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: Periodica — 1950

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Freier, Walter: Burgenfahrt 1950
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Gemmingen, Gustav von: Aus Burg Guttenbergs Vergangenheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.35480#0006
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Auch am letzten Fahrtentage lachte die Sonne und verschönte
den Frühaufstehern den Gang durch die alten Gassen und
Winkel. Erstes Ziel war für diesen Tag Burg Thierberg,
jetzt Jagdschloß, das im Walde versteckt auf einer ins Kochertal
vorspringenden Bergnase liegt; Musterbeispiel einer kleinen Burg-
anlage, bekannt als Schloß „Schweigen" aus Agnes Günthers
Roman „Die Heilige und ihr Narr". Es folgte eine der schönsten
und geschlossensten Burganlagen im Kochertal, Burg Stetten
oberhalb Kochstetten, dessen malerisches Kirchlein die Grabmäler
der Edlen von Stetten birgt, die seit 1150 die Burg bewohnen.
Nie zerstört, enthält sie ein umfangreiches Archiv mit wertvoll-
sten Urkunden. Weiter ging die Fahrt ins Jagsttal nach Lan-
ge n b u r g , der alten Fürstenresidenz, die auf dem „langen
Berg" aus einer 1634 zerstörten großen Wehranlage erstand und
1759 ihre letzte bauliche Veränderung erfuhr. Der große Schloß-
hof, überragt von einem schön behelmten Turm, zählt zu den
bedeutendsten Renaissancehöfen, die sich in Deutschland erhalten
haben.
Es folgte nun Schloß Weikersheim im Taubertal. Die ein-
stige Stammburg (Wasserburg) der Edelherrn von Wikartesheim
(Weikersheim), die sich von 1178 ab nur noch nach der Burg
Hohenloch (Burg im Dorf Hohlach bei Uffenheim, Mittelfranken)
Hohenlohe nennen, wurde in den Jahren 1595—1605 durch ein
wuchtiges Renaissanceschloß ersetzt. Nur der Turm und wenige
Baureste in seiner Nähe stammen aus der Zeit der Wasserburg.

Während Schloß Langenburg noch heute ein schön gelegener
wohnlicher Fürstensitz ist, hat Weikersheim mit dem statuen-
geschmückten Schloßgarten, der Ruine der Orangerie, dem 36 zu
12 m großen, 8 m hohen stützenfreien Prunksaal mit den kost-
baren Möbeln und Wandteppichen seine wesentliche Bedeutung
als museales Dokument alter deutscher Wohnkultur großen Stils.
Eine im Schloß untergebrachte Malschule unter fachkundiger Lei-
tung bringt die Verbindung mit der Gegenwart. Auch die Er-
richtung einer Musikschule ist geplant. — Besonders reizvoll ist
der Marktplatz der kleinen Residenz mit seinem Rokokobrunnen
von 1768. Man glaubt, ein Spitzweg-Gemälde sei lebendig ge-
worden, und würde sich nicht wundem, wenn vor der ehemaligen
Schloßwache ein bezopfter Posten patrouillierte und über den
Platz mit zierlichen Schritten ein Paar in Reifrock und Puder-
perücke lustwandelte.
ln Mergentheim, dem letzten Sitz des Deutschen Ritterordens,
mit seinem ehemaligen, durch die prächtige Renaissance-Wendel-
stiege ausgezeichneten Schloß fand die Burgenfahrt bei festlichem
Abendessen im Kursaal ihren Abschluß. Ihr Ergebnis dürfte an
Belehrung und — infolge des großen Pragramms fast überreichen
—- Eindrücken hinter den früheren, in günstigeren Zeiten unter-
nommenen Fahrten nicht zurückstehen. Anerkennung und Dank
gebührt dem unermüdlichen Präsidenten unserer Vereinigung und
seinen Mitarbeitern für die mühevolle Planung und die so harmo-
nische und reibungslose Durchführung.
Dr. Walter Freier

Aus Burg Guttenbergs Vergangenheit
von Gustav Freiherr von Gemmingen, Guttenberg

Es ist kein Wunder, daß das gesegnete Land, das der Neckar
durchströmt, diese „schöne, fruchtbare, weinreiche Landschaft",
die Wilhelm Hauff in seinem 1825 auf Guttenberg verfaßten
„Lichtenstein" beschreibt, schon früh dazu verlo&te, sie als
Heimstätte zu wählen. Die Gräber der Broncezeit bezeugen dies.
Später haben hier die Franken gewohnt, was ihre Steinplatten-
gräber beweisen. Auch die Römer hatten in dieser fruchtbaren
Talaue eine Siedlung angelegt. Jedem, der aus den Fenstern des
Guttenberg schaut, fällt die frühgeschichtliche Kultstätte des
gegenüberliegenden Michelsberges auf.
Der Guttenberg und das Dorf Neckarmühlbach gehören zusam-
men. Als die ersten germanischen Siedler das fruchtbare Neckar-
land in Besitz nahmen, suchten sie sich die siedlungsgemäß beson-
ders günstig gelegene Bucht von Neckarmühlbach aus. Eine alte
Straße führt das Mühlbachtal herab zum Neckar, von hier konnte
man das Heiligtum auf dem Michelsberg und auch die Hoch-
straße zwischen Kocher und Jagst, die den Rhein und Böhmen
verbindet, erreichen. So wurde Neckarmühlbach eine wichtige
Siedlung, ln diesem Ort hat sich dann wohl auch ein Ortsadel
herausgebildet, dessen festes Haus in den ersten Jahrhunderten
nach der Landnahme genügend Schutz bot. Die Vervollkommnung
der Belagerungswaffen und die Erfahrungen des führenden Adels
in den Kreuzzügen bewogen diesen, die Burgen zur erhöhten
Sicherung auf die Höhen zu verlegen. So ist auch Guttenberg
der neue Sitz des alten Dorfadels von Neckarmühlbach geworden.

Die Burg, auf dem Gebirgskeil gelegen, der zwischen den beiden
Erosionstälem — dem breiten Neckartal und dem romantischen
Mühlbachtal — stehen geblieben ist — eine sog. Talspornburg —
genoß durch ihre natürliche Lage Schutz nach den Talseiten, wäh-
rend sie nach der Bergseite durch eine hohe Schildmauer gesichert
war. Diese und der Bergfried weisen in ihrem Hauptbestand noch
auf das XU. und Xlll. Jahrhundert zurück. Den Kern der Burg
bilden die beiden Wohnbauten, zwischen denen der schmale Tor-
bau liegt, durch den der Eingang in den Burghof erfolgt. Der alte
Bau stammt in seiner jetzigen Form etwa aus dem Jahr 1500.
Der gegenüberliegende sog. neue Bau — der jetzige Wohnbau —
ist im Jahre 1545 erstellt worden. Mit einem Umbau im Zeitalter
des Barock wurde auch das Treppenhaus vorgebaut. An diesen
Bau schließt sich gegen Süden der Bergfried an, der weit in den
oberen Zwinger vorspringt, gegen Westen die bereits erwähnte
Schildmauer mit Wehrgang, der sich in das Dachgeschoß des alten
Schlosses fortsetzt. Um die Wohnbauten, den Bergfried und die
Schildmauer zieht sich der obere Zwinger in verschiedenen Breiten
rings herum. Seine breite mit Wehrgang versehene Mauer wird
von 5 Rondelen unterbrochen. Ein Rundbogenfries umzieht die
ganze Mauer. Diesem oberen Zwinger vorgelagert ist ein weiterer
die ganze Westseite umschließender unterer. Der ehemalige Hals-
graben wird von einer steinernen Brücke überspannt. Die Vor
bürg mit gut erhaltener Umwehrung wird jetzt von der Fahr
Straße durchschnitten. Auf dem Platz vor der Brücke steht das

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