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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Editor]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0097
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— 92

thumsforscher , dem Künstler und jeglichen Kunstfreund zugleich
wieder zugänglich machen will. Das bezweckt die nunmehr im Fort-
gang begriffene vierte Ausgabe, welche den Titel führt, wie wir ihn
dieser Besprechung vorangestellt haben. Bereits ist der erste Theil
mit 234 Holzschnitten , Titelblatt und Einfassungen abgerechnet,
vollendet. Ein zweiter wird das Werk zum Abschluss bringen.

Diese Ausgabe unterscheidet sieb dadurch sofort von ihren drei
Vorgängern, dass sie Copien enthält, während die früheren von den
Originalstöcken selbst entnommen sind. Wie oben erwähnt, waren
dieselben schon zur dritten Ausgabe fast unbrauchbar geworden. Es
standen der berühmten Verlagshandlung, die es sich vorgesetzt hatte
die neue Ausgabe möglichst vollkommen zu machen, zwei Wege zur
Wiedergabe offen. Einmal konnte sie das ganze Werk vollkommen
getreu Strich um Strich erneuern, so dass der höchste Ruhm ge-
wesen wäre, wenn die Copie sich nicht vom Original unterschieden
hätte. So haben wir in neuester Zeit die Wiedergabe vieler altdeut-
schen Holzschnitte erlebt. Dies wäre wahrscheinlich der Wunsch
jedes archäologischen Kunstfreundes gewesen, und es hätte sich die
Copie wie das Original zu Kunst- und geschichtlichen Studien be-
nutzen lassen. Allein es fürchtete vielleicht der Verleger sich dabei
wegen der kostbarsten Herstellung getäuscht zu sehen, oder auch
er entschloss sich aus Gründen eigenen Geschmackes den zweiten
Weg zu gehen. Dieser besteht darin, mit fast freier Benutzung des
Originals gewissermassen einen modernen Vecellio darzustellen.

Bekanntermassen hat der neuere Holzschnitt mit veränderten
Werkzeugen und veränderter Technik auch die alte Manier, die
strenge Linienzeichnung vielfach verlassen, oder, wenn man will, ihr
eine neue Weise, die malerische in der Art des Farbenstichs bei der
Kupferstecherkunst — hinzugefügt. Wir unsererseits halten das für
eine Bereicherung, obwohl andere darin eine Entartung sehen wollen.
Der Holzschnitt ist dadurch unter anderem befähigt worden wahre
Stimmungsbilder mit allen Reizen von Licht und Schatten auszu-
führen. In diese neue Weise nun ist der alte Vecellio übertragen. Die
Aufgabe war keine geringe, denn es darf auch das Original als
ein Meisterwerk seiner Art betrachtet werden.

Wir sehen also hier gewissermassen die alte und neue Weise
mit einander rivalisiren. Man muss es dem Verleger zugestehen, er
hat es zur äusserlichen Ausstattung an nichts fehlen lassen , einen
neuen Vecellio zu schaffen, der des alten würdig wäre, und wahr-
scheinlich wird erden Kreis der Freunde und Liebhaber dadurch nur
vermehrt haben. In der Tliat haben wir auch in dem bis jetzt vollen-
deten ersten Bande ein Werk vor uns, das in Bezug auf Schönheit
und Eleganz des Holzschnittes und der Ausstattung vom modernen
Standpunkt aus nichts zu wünschen übrig lässt. Es ist eine wahre
Lust, diese reizenden, interessanten oder barocken Figuren in so
vollendeter Darstellung zu überfliegen. Das archäologische Auge
freilich, das an den Anblick des Alten gewöhnt ist, wird sich fremd-
artig berührt finden: es findet die Linie, den Stich überhaupt an-
ders behandelt, ganz abgesehen davon, dass nicht Strich um Strich
sich deckt, wie man sonst Holzschnittcopien erwartet; es wird als-
bald sehen, dass gegen die Weise der alten Meister die verschiedenen
Gewänder und Gewandstoffe durch verschiedene Töne farbig aus-
einander gehalten sind , und so eine Art malerischer Wirkung her-
vorgebrachl ist. Wir können uns leicht damit versöhnen, wenn es in
so reizender Weise geschehen ist, wie es hier unter Huyot's Leitung
oder von ihm selbst durchgeführt worden, zumal da es nur die Deut-
lichkeit vermehren kann, vorausgesetzt, dass das richtige Verständ-
niss obgcwaltet hat.

Diesen Unterschied zwischen dem alten und neuen Vecellio war
gewissermassen ein nothwendiger, begründet in der einmal gewählten

Manier. Andere Verschiedenheiten dagegen sind mehr willkürlicher
Art und sind keineswegs immer zu loben. So sind die Einfassungen,
welche Bilder und Text zieren, grösstentheils frei gewählt. Das
Original kennt davon nur eine beschränkte Anzahl , welche darum
häufig wiederkehren. Die neue Ausgabe fügt eine Menge anderer
hinzu, die zwar alten Mustern nachgebildet sind, doch keineswegs
derselben Periode angehören dürften. Das Werk hat dadurch wohl
an Reiz und Mannigfaltigkeit gewonnen, aber an Einheit verloren. Die
Einfassungen des Originals tragen mehr den schweren , ich möchte
sagen architektonischen Charakter, während die neu hinzugefügten
mit reicherer Anwendung von Pflanzenformen von leichterer, graeiöser
Art sind. Dessgleichen sind vielfach Veränderungen mit den Mustern
der Gewänder vor sich gegangen, obwohl auch diese zur bestimmten
Charakterisirung der Zeit beitragen und für die Geschichte der orna-
mentalen Kunst nicht unwichtig sind. Noch unstatthafter waren Ver-
änderungen, welche mit den Figuren selbst, und zwar auch auf Kosten
der Deutlichkeit, vorgenommen sind. Wir wollen hier nicht von
einigen römischen Figuren reden, wo bessere Muster diese oder jene
Veränderung veranlasst haben können, aber man vergleiche z. ß.
Fig. 119 der neuen Ausgabe mit dem Original zu p. 143 der ersten
Ausgabe. Das Bild stellt eine Venetianerin dar, welche auf einer
Altane sitzend, in den Strahlen der Sonne ihre Haare hlond färbt
Abgesehen von der Veränderung alles Beiwerks, welches das Original
zwar naiver, aber um so viel deutlicher gibt -—wer würde den Ge-
genstand selbst an der Copie erkennen ? Hier ist es ein Schleier oderein
Tuch oder dergleichen, welches —- sinnlos genug — auf dem Kopfe
gefärbt wird. Der Zeichner hat offenbar die Sache nicht verstanden,
obwohl das Original keineswegs undeutlich ist. Dieses z.B. hat nichts
von den Haaren, welche der Copist den Rücken hinunterfallen lässt.

In Bezug auf Anordnung und Umfang folgt die neue Ausgabe
mit Recht im Allgemeinen der zweiten, weil sie die reichste ist, ob-
wohl auch mehrfache Abweichungen stattfinden, wiez.B. dierömische
Dame durch eine andere (Tat. 13) ersetzt ist. Das Publicum hat
durch den Tausch nicht verloren. Auch das ist nur zu loben, dass
der abgekürztl Text der zweiten Ausgabe gewählt ist, so wie nicht
weniger die Umwandlung der lateinischen Übersetzung in eine fran-
zösische. Dass die übrige Ausstattung an Druck und Papier voll-
kommen der Sache würdig, eine höchst glänzende ist, braucht kaum
noch bemerkt zu werden. Insbesondere ist der Druck der Holz-
schnitte in Bezug auf Reinheit, Zartheit und Schwärze von höchster
Vollendung.

J. F a 1 k e.

Berichtigung-. Im Novemberhefte der „Mittheilungen“ 1839
haben wir unter den Archäologischen Notizen auszugsweise eine im
„Deutschen Museum“ erschienene Entgegnung des Herrn Dr. Wil-
helm Weingärtner in der Frage des Ursprunges der christlichen
Basilica veröffentlicht. Mit Bezug auf eine in dieser Entgegnung
enthaltenen Talmudstelle in der Übersetzung des Prof. Di-. Stern
ersucht uns Dr. Weingärtner um Berichtigung eines Versehens,
das sich im „Deutschen Museum“ hiebei eingeschlichen hat und auch
in diese Blätter übergegangen ist. Anstatt: „Schritte waren darin
doppelt so viel, als die Zahl der aus Ägypten Gezogenen“ muss es
heissen: „Manchmal waren darin (jscilicet „Menschen“) doppelt
so viel, als die Zahl der aus Ägypten Gezogenen“.

Die Red.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.
 
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