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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0098
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KIITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

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Herausgaben unter der Leitung des Präsidenten der k. k. Central-Commission Sr. Excellenz Karl

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Ereiliemi v. (zoeriiig»

N- 4.

Redacteur: Karl Weiss.

V. Jahrgang.

Über Spielkarten mit besonderer Rücksicht auf einige in Wien befindliche alte Kartenspiele.

Von Prof. R. v. E i t e 1 b e r ger.

Es gibt nur eine Menschenclasse, welche mit Recht
wird behaupten können, dass Kartenspiele und das Spielen mit
Karten Gegenstand einer ernsthaften Beschäftigung sein kann
— die Moralisten und Prediger. Diese sind sicher in vollem
Rechte, wenn sie, so lange Kartenspiele existiren, diesem
Gegenstände Aufmerksamkeit schenken, so gut zu den Zeiten
Capistran’s, der ein gewaltiger Eiferer gegen alle Arten
von Spielen gewesen ist, als in unseren Tagen. Wenn wir in
den statistischen Ausweisen lesen, dass in Paris in dem Zeit-
räume von 1819 bis 1837 mehr als 137 Millionen Franken
in den controlbaren Spielhäusern verloren wurden und dass
im Jahre 1847 die 17 Kartenmacher von Paris 1,337.678
Kartenspiele fabricirt haben — die Gesammtsumme der in
diesem Jahre in Frankreich fahricirten Kartenspiele beträgt
3,335.807 — so wird man sicher nicht läugnen können,
dass die Vertreter der öffentlichen Moral dem Kartenspielen
nicht gleichgültig Zusehen können. Aber auch die andere
Thatsache lässt sich nicht ignoriren, dass trotz uralter
Synodalbeschlüsse von Bischöfen, trotz Verboten und Ver-
warnungen von geistlicher und weltlicher Seite, das Karten-
spielen sich erhalten und in alle Kreise der Gesellschaft
fortgepflanzt hat. In allen Stämmen der indogermanischen
Race ist die Lust zum Spielen ein vorherrschender Zug;
kann auch Niemand mehr, wie der Nishadaherr in Nal und
Damajanti, Reich und Weib auf die Würfel setzen, oder wie
zu des Tacitus Zeiten die persönliche Freiheit im Spiel
verlieren, und ist die öffentliche Moral auch so stark
geworden, dass glückliche und gewandte Spieler nicht mehr
mit dem Triumph begrüsst werden , wie es in den Zeiten
Louis XIII., Louis XIV. in Frankreich und KaiTs II. in Eng-
land der Fall war, so spielt doch Jedermann, und man hält
den für das gesellschaftliche Leben halb verloren, der
nicht irgend eines von den Spielen kennt. Allgemeine Ver-
V-

bote gegen das Spielen hat man ja ohnehin aufgegeben,
man beschränkt sich nur auf gewisse Arten von Spielen, und
setzt die grösste Hoffnung zur Beschränkung der Leiden-
schaft auf die Entwickelung der Volkserziehung, auf die
Kräftigung des moralischen Sinnes, und vor Allem darauf,
die Menschenmasse im Grossen auf ernsthaftere Beschäfti-
gungen zu lenken. Es könnte sonst den Freunden eines allge-
meinen Verbotes dasselbe passiren, was der Sage nach
einem nordischen Fürsten geschehen ist, der in seinem
Schlosse eine strenge Zucht handhabte und mit den grössten
Strafen das Spielen belegte. Er war nicht wenig erfreut
darüber, dass das Spielen mit einem Male aufgeliört habe, als
er plötzlich durch einen Spion die Nachricht bekam, dass
die Hofleute seiner nächsten Umgebung in geheimen Cabi-
netteri ärger spielen als je. Es gelang seinem Späher das
Cabinet zu entdecken und Zeugen des Spieles zu sein.
Dieser fand die Hofleute wirklich beisammen ohne Karten,
ohne Tisch, schweigsam, nur manchmal Zeichen der Betriib-
niss oder der Freude äussernd, je nachdem Verluste oder
Gewinnste eingetreten waren. Nach langem Sinnen kam end-
lich der scharfsinnige Spion auf das geheimnissvolle Zeichen-
spiel. Es handelte sich hei dieser originellen Umgehung des
Gesetzes darum, wer in einem bestimmten Augenblicke aut
ein gegebenes Zeichen jenes Fenster richtig trat, auf
welchem die meisten Fliegen sassen; die Fenstertafeln
sind die Karten geworden und die Fliegen die Ziffer und
Zeichen darauf.

Für den Culturhistoriker haben, wie Spiele überhaupt,
so die Kartenspiele einen ganz besonderen Reiz. Denn die
Völker, wie die einzelnen Menschen, lernt man am besten in
ihren Leidenschaften und in ihren Spielen kennen, und es
ist für sie gleich interessant, die Gattung des Spieles, wie die
Art und Weise, wie sie sich beim Spielen benehmen. In der

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