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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0006
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MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

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Herausgegeben unter der Leitung des Präsidenten der k. k. Central-Commission Sr. Excellenz Karl Freihefrn v. Czoernig.

Redacteur: Karl Weis s.

V. Jahrgang.

Zur Kunstgeschichte von Oberitalien.

Von Karl Schn aase.

Wie unvollständig noch immer unsere Kenntniss der
mittelalterlichen Kunst Italiens, besonders der Lombardei,
ist, wie leicht jedem einigermassen dazu geeigneten Rei-
senden neue, mittheilungswerthe Anschauungen zu Theil
werden, diese Erfahrung maclite ich aufs Neue hei einer
Rundreise durch diese Gegenden im Herbste 1858, welche
ich grösstentheils in Gemeinschaft mit meinem Freunde
Lübke ausführte. Er, für den es der Beginn einer grös-
seren Reise war, wird über das Architektonische, wohl
den wichtigsten Theil, im Zusammenhänge berichten, wäh-
rend die nachfolgenden bescheidenen Beiträge auf dem
Gebiete der anderen, populäreren Künste stellen bleiben.

I.

Chiavenna.

Schon unsere ersten Schritte auf italienischem Boden,
noch am Abhange der Alpen, waren belohnend. Die Haupt-
kirche S. Lorenzo, welche mit ihrem breiten, ringsum
von Säulenhallen umgebenen Vorhofe und dem Campanile
in seiner Mitte schon von den benachbarten Bergen ein
sehr stattliches echt italienisches Bild gibt, ist nicht blos
ein anziehendes Gebäude früher Renaissance, sondern
birgt auch ein überraschend schönes, kostbares Werk
viel älterer Kunst, das unter dem Namen eines Pax in der
Sacristei bewahrt wird, vielleicht aber ursprünglich die
Bestimmung eines prachtvollen Bücherdeckels der heiligen
Schrift oder eines Choralbuches gehabt hat. Es besteht
nämlich aus einem starken Stücke alten Holzes, wenn ich
mich recht erinnere von etwa einem Fuss Breite auf 1' 3"
Höhe, das auf seiner untern Seite unbekleidet, auf der
obern aber von einer vergoldeten Tafel mit edelstem
Schmucke bedeckt ist. Es sind nämlich darauf 37 Stücke
verschiedener Grösse, Gestalt und Arbeit in einem rhyth-
mischen Wechsel zusammengestellt, von dem man, wie

V.

ich hoffe, durch blos wörtliche Beschreibung Anschauung
geben kann. In der Mitte ein Kreuz von schönster Filigran-
arbeit mit Edelsteinen besetzt, auf einem ovalen Schilde,
natürlich aufrecht, d. i. so gestellt, dass der grössere
Durchmesser der Höhe der ganzen Tafel entspricht; dann
vier quadrate Stücke mit den Evangelistenzeichen in ge-
triebener Arbeit so angeordnet, dass ihre äusseren Seiten
denen der Tafel parallel sind und sie also das Rechteck
derselben im kleineren Massstabe um jenen Mittelschild
herum andeuten; endlich als dritte Ordnung am Bande
der ganzen Tafel, immer auf der Mitte jeder Seite und
also den Lücken zwischen den Evangelistenzeichen, vier
wiederum ovale und aufrecht stehende Medaillons, welche
in Verbindung mit jenem Mittelschilde die Gestalt des
Kreuzes in das Rechteck der Tafel hineinzeichnen. Sie
enthalten figürliche Darstellungen in Emailmalerei, und
zwar das obere Christus in der Glorie, die beiden ein-
ander gegenüber stehenden an den langen Seiten den eng-
lischen Gruss, das untere endlich die Visitation.

Die Lücken, welche diese neun grössere Stücke so-
wohl an den Rändern der Tafel als zwischen den Evange-
listenbildern offen lassen, sind endlich durch abwechselnde
viereckige und kreisförmige Stücke ausgefüllt, jene mit
buntfarbigen, höchst geschmackvollen Mustern in Email,
diese in feinster Filigranarbeit, meistens mit Perlen und
edlen Steinen geschmückt, von denen zwei antike Gem-
men, einer arabische Buchstaben enthalten. Zwei der
kleineren kreisförmigen Stücke haben Inschriften; das
zwischen den beiden untern Evangelisten (wie gewöhnlich
nehmen St. Lucas und Marcus diese Stelle ein) blos die
Worte: Pax. Vita., das zwischen den beiden oberen aber
eine ausführliche: Vivant in Christum regnum teneant per
ipsum . . . fecerunt tantum faciunt ^ L condere factum.
Wenn man diese letzte Abbreviatur als: velint ergänzen

i
 
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