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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0282
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MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

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Herausgegeben unter der Leitung des Präsidenten der k. k. Central-Commission Sr. Excellenz Karl Freiherrn v. Czoernig,

Redacteur: Karl Welss.

N- 10.

V. Jahrgang.

October 1860.

Die mittelalterlichen Kunstwerke der Jakobskirche in Leutschau.

Von Wenzel Merklas.

(Mit 2 Tafeln.)

Die folgenden Blätter versuchen eine beschreibende
Skizze der mittelalterlichen Seulpturen und Gemälde,
welche sich in der St. Jakobskirche zu Leutschau bis auf
unsere Tage erhalten haben. Ausser dem Interesse, das
diese Werke als Kunstdenkmäler des Mittelalters schon an
sich bieten, nehmen sie noch in einer näher liegenden
Beziehung unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, indem sie
in Verbindung mit einer über die Grafschaft Zips und die
benachbarten Gegenden zerstreuten Gruppe verwandter
Arbeiten *) von dem Dasein einer einheimischen Kunst-
schule Kunde geben, welche eine sehr beachtenswerthe
Thätigkeit entwickelte und sich nach einer schon öfter
ausgesprochenen Ansicht an den Namen des bekannten
Veit Stvos knüpfte.

Leider fehlt es uns zur Zeit noch an hinreichenden
positiven Daten über die näheren Verhältnisse dieser Schule,
und es muss auch die Frage, ob und in wiefern die Denk-
mäler der Leutschauer Kirche mit Veit Stvos und seinen
Schülern in Verbindung stehen, so lange offen bleiben, bis
bei fortgesetzter Forschung entweder durch neu entdeckte
urkundliche Nachrichten, oder genauen Vergleich mit
Werken, welche dem Meister unzweifelhaft angehören, ein
endgiltiges Urtheil möglich sein wird. In der That verlei-
hen die damaligen Zeitverhältnisse selbst der Meinung,
dass Stvos oder seine Schüler sich auch an den Seulpturen
der St. Jakobskirche betheiligt haben, einen hohen Grad
von Wahrscheinlichkeit. Es ist nicht zu bezweifeln, dass
er, der Verfertiger des herrlichen Altars in der Krakauer
Marienkirche, durch seine eigenen und die Arbeiten seiner

1) Z. ß. 3 Altäre in der Zipser Kathedrale; in Georgenberg 6, in Nehre
3 ausgezeichnet schöne Altäre; im Ober-Re'pas eine sehr schöne Niko-
lausstatue und eine Maria, sehr nahe verwandt Stvos’chen Seulpturen;
in Kesmark ein treffliches kolossales Crucifix u. a.m., sämmtlich im Zipser
Comitate.

Schüler während seiner langdauernden Wirksamkeit in
Krakau J) einen bedeutenden Einfluss auf die Kunstver-
hältnisse der Umgegend geübt, und dass der Ruf seiner
Meisterschaft sich auch in die nahen Gegenden Ober-
ungarns verbreitet habe. Denn der Verkehr des nördlichen
Ungarns und namentlich der Zips mit Polen war damals,
wie später bis tief in das achtzehnte Jahrhundert, sehr
lebhaft; die sechzehn Zipser Kronstädte standen schon
seit K. Sigismund’s Zeiten unter polnischer Herrschaft und
hatten polnische Grosse zu Statthaltern; das nachbarliche
Einvernehmen mochte sich noch freundlicher gestalten,
seitdem die Jagielloniden Wladislaw II. und Ludwig II. den
polnischen Thron inne hatten. In diese und die nächst-
vorhergehende Zeit (1476 —1508) fällt höchst wahrschein-
lich der Ursprung der Leutschauer Werke, und es ist leicht
glaublich, dass man die Ausführung solcher Arbeiten, bei
denen offenbar keine Kosten gespart wurden, lieber einem
Meister von so bewährtem Namen, wie V. Stvos, oder
seinen besten Schülern anvertraut habe.

Übrigens steht dieser Annahme auch in stylistischer
Hinsicht nichts im Wege, und manche weiter unten anzu-
führende Einzelheiten unserer Seulpturen mahnen geradezu
an die Stvos’sche Kunstweise. Unsere Werke gehören
insgesammt in das Gebiet jenes deutschen Kunstzweiges,
welcher sich vornehmlich im fünfzehnten Jahrhunderte an
den geschnitzten und bemalten Flügelaltären entwickelt
hatte, und an Veit Stvos einen der ausgezeichnetsten
Vertreter fand. Die Anordnung und technische Behandlung
der gothisch-decorativen Elemente folgt im Wesentlichen
durchgehends einer Manier und ist wie das Figürliche des

1) Veit Stvos, geh. zu Krakau 1447, arbeitete daselbst bis ungefähr 1500,
um welche Zeit er nach Nürnberg übersiedelte. Den Krakauer Altar
fertigte er zwischen 1472 und 1484.

V.

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