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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0096
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— 91

Herstellung ist nämlich dem gegenwärtigen hochwürdigsten Fürst-
Bischofe Dr. Val entin AVi e r y von Gurk zu danken, und es war
eine der ersten und ang elegentlichsten Sorgen dieses hohen Kirchen-
fürsten, als er kaum den bischöflichen Stuhl von Gurk bestiegen hatte,
dass der Sitz seiner Vorfahren der drohenden Zerstörung entrissen
werde. Sofort wurde noch im Winter rüstig Hand an das Werk ge-
legt, Holz gefällt und zugeführt, und schon mit beginnendem Frühlin-
ge regten sich die flinken Hände der Werkleute so, dass bereits mit
Ende November das weitläufige Gebäude mit Front und Seitenflü-
geln, Hintergebäuden und Thürmen vollkommen und tadellos einge-
deckt dastand, und vor weiterem Verfalle geschützt war. Dadurch ist

nicht nur dem Thale, sondern dem Lande eine seiner schönsten Zier-
den erhalten.

Um diesem Berichte auch einige Worte über den Zustand der
übrigen zahlreichen Denkmalbauten dieses Thaies beizufügen, wird
bemerkt, dass eine Deteriorirung derselben nirgends stattgefunden,
dass vielmehr der Klerus diese, seiner Aufsicht anvertrauten Schätze
nicht nur immer mehr zu würdigen wisse, sondern auch mit Sorg-
falt hüte, um bei günstigeren Verhältnissen ein Mehres für dieselben
thun zu können.

G. Schellander.

Literarische Besprechungen.

Costumes anciens et modernes. Habiti antichi et moderni di
tutto il mondo, precedes d’un essai sur la gravure sur bois par
M. Amb. Finnin Didot. Paris 1860. Typographie de Finnin
Didot freres Fils et Cie- Tom. I. 234 Holzschnitttafeln mit Text. 8°.

Dieses berühmte, aber jetzt sehr selten gewordene und theuer
bezahlte Costümwerk erschien zuerst im Jahre 1590. Der Verfasser
und Herausgeber, der Venetianer Cesare Vecellio, gilt als ein
jüngerer Bruder oder Neffe Titian’s, doch ist der Grad der Verwandt-
schaft nicht constatirt, kaum diese selbst nachgewiesen. Die Tra-
dition misst dem grossen Künstler auch directen Antheil an diesem
Werke hei, indem manche der Holzstöcke nach seinen Zeichnungen
geschnitten sein sollen. Obwohl Titian bereits im Jahre 1576 starb,
so trägt diese Überlieferung doch gerade nichts Unwahrscheinliches
an sich. Denn einerseits mögen wir es Vecellio gerne glauben, dass er
lange Jahre gesammelt habe an seinem reichhaltigen Stoff', der von
allen Enden der Welt zusammen zu holen war, und andererseits ist
in dem Werke so viel edle Schönheit enthalten, in dem Styl, in der
Art der Menschenauffassung und Darstellung, wie sie die grossen
/enetianischen Meister übten, dass gar manches Titian’s völlig würdig
irscheint. Auch die bekannten nach den Zeichnungen dieses Künst-
lers unmittelbar angefertigten Holzschnittblätter legen keinen Wider-
spruch ein.

Die erste Ausgabe, welche zu Venedig bei Dom. Zenaro erschien,
führt den Titel: Degli habiti antichi et moderni di diverse parti del
mondo libri due. Sie enthielt 420 Tafeln , von denen 361 auf das
erste Buch, 59 auf das zweite kommen. Schon acht Jahre darauf war
eine zweite Ausgabe nöthig geworden , welche reich vermehrt bei
Giov. B ernardo Sessa 1598 herauskam. Sie enthält 507 Tafeln,
und unterscheidet sich noch dadurch von der ersten, dass in ihr der
Text sehr bedeutend abgekürzt und mit einer lateinischen Über-
setzung versehen ist. In ihr stehen sich Bild und Text regelmässig
auf den Seiten gegenüber. Ein neuer Abdruck brauchte dann grösseren
Zwischenraum. Die dritte Ausgabe erschien erst 1664 unter verän-
dertem litel, der bereits den traditionellen Ursprung angibt: Habiti
antichi, overo raccolta di Figure delineate dal gran Titiano, e da
Esare I ecellio suo fratello, conforme alle nazioni del mondo. Venetia,
Combi, 1664. 8°. In dieser Ausgabe ist der Text fast ganz weg-
gelassen, bis auf wenige Worte, welche einer jeden Figur beigedruckt
sind; das mir vorliegende Exemplar enthält 415 Figuren. Wenn schon
die zweite Ausgabe an Schönheit und Reinheit der Abdrücke hinter
dei eisten zurücksteht, so zeigt uns die dritte die Holzstöcke wurm-
stichig, ausgebrochen, verschmiert, kurzum wie wir Abdrücke von
abgenutzten Platten zu sehen gewohnt sind, wenige noch von einiger-
massen guter Erhaltung.

Es ist kein Wunder, wenn das Werk in seiner Zeit und, wie wir
sehen, noch mehr als ein halbes Jahrhundert nachher so vielseitigen
Beifall fand, denn es zeichnet sich eben so sehr durch den Reich-
thum seines Inhalts aus, wie durch die Schönheit der Ausführung.
In beiden Beziehungen ist es von den zahlreichen deutschen und
niederländischen Rivalen seiner Zeit nur erreicht. Was den Inhalt
betrifft, so führt uns Vecellio die ganze gleichzeitige Welt vor Augen,
nach allen Ständen, Geschlechtern und Altersclassen. Vor allen ist
dabei Italien und insbesondere Venedig durch zahlreiche Bilder ver-
treten, doch kann man kaum sagen, dass darüber die anderen Länder
nach dem Massstabe damaligen Interesses und AVissens zu kurz
kommen. Von den civilisirten Völkern des Westens führt uns Vecellio
dann zum Norden, zu der slavischen Barbarei des Ostens , zu den
Türken und den Völkerschaften Asiens bis nach China und Indien,
in die Wüste Afrika’s und endlich hinüber nach Amerika zu den Ein-
geborenen der neuen Welt.

Man wird hier freilich nach der Glaubwürdigkeit fragen müssen,
indessen scheint mir, dürfte die Antwort nicht ungünstig für Vecellio
ausfallen. Jedenfalls hatte er damals noch in Venedig die beste Ge-
legenheit, die fernen Costüme selbst zu sehen oder von ihnen zu
erfahren; er selbst versichert, sich alle mögliche Mühe gegeben zu
haben. Auch sehen wir ihn einheimische Quellen benutzen, wie z. B.
die deutschen Trachten den AVerken Jost Amman’s entnommen sind,
doch nicht ohne dass der Herausgeber weitere Erkundigungen ein-
ffezogen hätte. Die schwache Seite seines AVerkes ist der Text, der
uns die damaligen geographischen und ethnographischen Kenntnisse
in sehr ungünstigem Lichte erscheinen lässt. Es ging darum, ausser
culturgeschichtliehen Curiositäten, nichts verloren, wenn die späteren
Ausgaben den Text um die grössere Hälfte verkürzten. Von eben so
zweifelhafter Glaubwürdigkeit erscheint Vecellio’s Kritik, wenn er,
was nicht selten geschieht und ganz in seinem Plane liegt, mittel-
alterliche Costüme mittheilt. Nicht, als ob er nicht richtige Vorbilder
gehabt hätte, aber diese Vorbilder gehören meistens dem Ende des
XV. oder XVI. Jahrhunderts an, während er sie in den Beginn des
Mittelalters zu setzen pflegt.

Dies bei Seite gesetzt, erscheint uns Arecellio s Jiachtenbuch
noch immer als ein AAerk, für welches das Interesse von Jahi zu Jahr
wachsen muss. Für die Ethnographie, die Kunstgeschichte und Cultui-
geschichte gleich bedeutend, stellt es uns costümgeschichtlich eine
ganze Periode allseitig vor Augen, und zwar eine Periode, die um so
interessanter ist, als in ihr zum ersten Male sich die Trachten nach
Landschaften, Städten, Dörfern bleibend zu scheiden und zu den
sogenannten Volkstrachten zu gestalten begannen. Es ist darum in
jedem Fall ein dankenswerthes Unternehmen, wenn eine neue Aus-
gabe das nunmehr selten und theuer gewordene Buch dem Alter-
 
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