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58 (7^^ Meggendorfer-Blätter^ München

Ablenlung Wirt: „Resi, leisten S' dem Stadtfrack da auf der Veranda a bifsel Gesellschaft! Der

untersucht aus Langeweil' den Wein und die Butter, das könnt' fchließlich a Chemiker sein!"

Lugh und Dennis Kinroß

hübschen Lleberschuß auf die Bank tragen. Das verleiht
einem dann fo ein prächtiges Gefühl der Sicherheit, wenn
man am Sonntag darauf in der Kirche sitzt. Am Mittwoch
nachmittag war ich immer auf der Themse, die bekanntlich
bei uns in Teddington, wo die erste Schleuse ist, anfängt
fchön zu werden. Wir in den Vororten schließen nämlich
unsere Läden immer am Mittwoch nachmittag; dafür
haben wir am Sonnabend bis zum Abend offen, wenn in
London alles zu ist. Der Mensch muß doch seine Bequem-
lichkeit haben.

Ich hatte die meine. Wahrhastig, ich führte ein kom-
fortables Leben, wie es sich für einen Engländer gehört.
Blutige Tränen könnte ich weinen, wenn ich denke, daß es
nun damit aus ist. Alles ist, — nun wie sagt doch der
Lerr Anterojfizier, der hier auf uns aufpaßt? Ia, alles
ist futfch, Sir, für immer futsch. Sechs Iahre hat es ge-
dauert. Vorher war ich zwei Iahre in Kompagnie mit
meinem Bruder, — auf Lavender Äill in Clapham, dicht
neben dem Shakespeare-Theater, wo sie so prächtig komi-
fche Sachen spielen. By Iove, was hab' ich da manchmal
lachen müffen! Da war einmal eine Sache, bei der sechs
Zylinderhüte zertrampelt wurden, — wie krank vor Lachen
bin ich nach Lause gekommen, und dann hab' ich gleich
den nächsten Abend meinen Bruder Äugh hingeschickt. Ich
bin Dennis Kinroß, Sir. Lugh and Dennis Kinroß,
Tobaceo Dealers stand über dem Laden.

Das heißt, Sir, es ist etwas zweifelhaft, ob ich Dennis
bin und mein Bruder Äugh ist, oder ob nicht richtiger mein
Bruder Dennis ist und ich Lugh bin. Meine Mutter
hat immer behauptet, bei der Taufe sei eine Verwechstung
vorgekommen. Mein Vater war schuld daran. Er hatte
die Schleifen besorgen sollen, eine rosa für Lugh und eine
blaue für Dennis. Aber er hatte es vergessen oder überhaupt
nicht gewollt, denn bei uns in England sind die Männer
schwer dazu heranzukriegen, Weiberkram einzukaufen. So,
bei Ihnen auch? Freut mich, das zu hören, Sir.

Also, die Schleifen waren nicht da. In der Eile steckte
meine Mutter eine Nadel in das Kleidchen eines ihrer
Zwillinge, die fonst wahrhaftig nicht auseinander zu kennen
waren. Denn die Kleidchen waren natürlich ganz die gleichen;
Mütter von Zwillingen sind nun einmal darauf versessen,
ihre Kinder ganz gleich anzuziehn, was aber ein Anfug ist.
Scheußliche Folgen kann das für die armen Kinder haben.
Wir wenigstens haben es spüren müssen. Denn nachher
war die Nadel, — wie sagt doch der Äerr Anteroffizier? —
ja, futsch war sie. Auf dem Rückweg von der Kirche nach
meines Vaters Lause mußte sie herausgefallen sein.

Das Llnglück wurde erst gemerkt, als wir nach dem
Effen den Taufgästen noch einmal präsentiert werden soll-
ten. „Na, welcher ist denn mein Neffe Dennis?" fragte
mein Onkel Toby, der ein hübsches Vermögen besaß und
beschlossen hatte, mich einst zu seinem einzigen Erben ein-
zusetzen. „Und welcher ist mein Neffe Äugh?" erkundigte
 
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