— ..Sie, is det 'n oller Meister?"
— „Quatsch! Machen Se doch de Oogen uff, is doch 'ne junge Frau!"
Die Ahr, die immer vorging
Er schüttelte den Kopf. „Anmöglich, das darf nicht vor-
kommen. Eine anständige Uhr muß sogar unaufhörliche Er-
schütterungen vertragen können. Ja, es gibt sogar Ahren,
deren Federwerk durch die Erschütterungen beim Tragen
aufgezogen wird, sogenannte Klöppeluhren. Das ist übrigens
keine neue Erfindung; Napoleon I. hatte schon solch eine Ahr,
— na, er konnte sich's ja leisten. Also ausgeschlossen, sage
ich, ausgeschlossen. Aber immerhin will ich die Ahr auch in
dieser Lnnsicht kontrollieren. Wenn
Sie erlauben, werde ich sie einmal selbst
tragen."
Gewiß erlaubte ich das. Ich hätte
natürlich nicht jeden Beliebigen meine
!>hr tragen lassen, aber bei Lerrn Bem-
pcrlein war das etwas anderes. Der
nächste Tag war ein Sonntag. Da ging
ich ein bißchen in den Wald spazieren,
und da traf ich Lerrn Bemperlein, der
sich aber in recht seltsamer Art fortbc-
wegte. Er ging neben dem Wege auf
dem unebenen, von dickenWurzeln durch-
zogenen Waldboden und immer, wenn er
an eine Wurzel kam, HUpfte er hinüber.
Ia, über einige Baumstümpfe fetzte er
mit großen Sprüngen hinweg. „Ich
probiere Ihre Ahr," rief er mir zu; „ich
setze sie Erschütterungen aus, wie sie bei
8
Ihnen gewiß nie vorkommen. Ieht werde ich noch auf
einige Bäume klettern und hinunterspringen, und wenn ich
dabei falle, schadet es auch nichts, — je hejtiger, desto beffer.
Kommen Sie doch, bitte, morgen zu mir heran, da werde
ich Sie von dem Resultat unterrichten."
Am andern Tage fand ich Lerrn Bemperlein mit einer
blauen Beule auf der Stirn, — er war also wohl doch ge-
fallen. „Die Ahr geht richtig," erklärte er, „absolut richtig.
Es kann nicht anders sein: ich hatte sie salsch gestellt, und
wir beide haben es nicht gemerkt. Ich
bin nervös und leicht irritiert, und Sie
vielleicht auch. Ietzt werde ich die Ahr
in Gegenwart eines Zeugen stellen. Ich
hole den Schuhmacher von nebenan, der
ist ein ruhiger, sicherer Mann. Er säuft
zwar ein bißchen, aberimmererst abends;
jetzt ist er noch nüchtern." — Der Schuh-
macher wurde geholt, die Ahr wurde ge-
stellt, und nun konnte ich sie wieder tra-
gen. Aber nur für einen Tag, — dann
mußte ich wieder zu Sebald Bemperlein.
„Lerr Bemperlein," fragte ich mit einiger
Schüchternheit, denn ich halte jetzt fast
Angft um ihn, „sind Sie ganz sicher, daß
der Schuhmacher gestern nicht doch schon
besoffen war?"
Bemperlein riß sich beinahe die weni-
gen Laare aus, die er noch hatte. Er
Vslet musi iclr clir fggen
V/osil um clie lcsiönste 2eit,
dlun blülrt in sllen ffsgen
Oss rote lsierreleicl.
^in V/öIIclein Icsm gerogen
/^m silimmel rolenrot,
^s ilt im V/incl verklogen,
Ls ist in hlscsit verlosit.
Oie I^Iscchiigs» r:um LcLluste
Lingt uns clas Lcireicleliecl;
6ut, clssi deim letrten Kulle
stlicsi Iceiner cveinen fiesit!
Volker
— „Quatsch! Machen Se doch de Oogen uff, is doch 'ne junge Frau!"
Die Ahr, die immer vorging
Er schüttelte den Kopf. „Anmöglich, das darf nicht vor-
kommen. Eine anständige Uhr muß sogar unaufhörliche Er-
schütterungen vertragen können. Ja, es gibt sogar Ahren,
deren Federwerk durch die Erschütterungen beim Tragen
aufgezogen wird, sogenannte Klöppeluhren. Das ist übrigens
keine neue Erfindung; Napoleon I. hatte schon solch eine Ahr,
— na, er konnte sich's ja leisten. Also ausgeschlossen, sage
ich, ausgeschlossen. Aber immerhin will ich die Ahr auch in
dieser Lnnsicht kontrollieren. Wenn
Sie erlauben, werde ich sie einmal selbst
tragen."
Gewiß erlaubte ich das. Ich hätte
natürlich nicht jeden Beliebigen meine
!>hr tragen lassen, aber bei Lerrn Bem-
pcrlein war das etwas anderes. Der
nächste Tag war ein Sonntag. Da ging
ich ein bißchen in den Wald spazieren,
und da traf ich Lerrn Bemperlein, der
sich aber in recht seltsamer Art fortbc-
wegte. Er ging neben dem Wege auf
dem unebenen, von dickenWurzeln durch-
zogenen Waldboden und immer, wenn er
an eine Wurzel kam, HUpfte er hinüber.
Ia, über einige Baumstümpfe fetzte er
mit großen Sprüngen hinweg. „Ich
probiere Ihre Ahr," rief er mir zu; „ich
setze sie Erschütterungen aus, wie sie bei
8
Ihnen gewiß nie vorkommen. Ieht werde ich noch auf
einige Bäume klettern und hinunterspringen, und wenn ich
dabei falle, schadet es auch nichts, — je hejtiger, desto beffer.
Kommen Sie doch, bitte, morgen zu mir heran, da werde
ich Sie von dem Resultat unterrichten."
Am andern Tage fand ich Lerrn Bemperlein mit einer
blauen Beule auf der Stirn, — er war also wohl doch ge-
fallen. „Die Ahr geht richtig," erklärte er, „absolut richtig.
Es kann nicht anders sein: ich hatte sie salsch gestellt, und
wir beide haben es nicht gemerkt. Ich
bin nervös und leicht irritiert, und Sie
vielleicht auch. Ietzt werde ich die Ahr
in Gegenwart eines Zeugen stellen. Ich
hole den Schuhmacher von nebenan, der
ist ein ruhiger, sicherer Mann. Er säuft
zwar ein bißchen, aberimmererst abends;
jetzt ist er noch nüchtern." — Der Schuh-
macher wurde geholt, die Ahr wurde ge-
stellt, und nun konnte ich sie wieder tra-
gen. Aber nur für einen Tag, — dann
mußte ich wieder zu Sebald Bemperlein.
„Lerr Bemperlein," fragte ich mit einiger
Schüchternheit, denn ich halte jetzt fast
Angft um ihn, „sind Sie ganz sicher, daß
der Schuhmacher gestern nicht doch schon
besoffen war?"
Bemperlein riß sich beinahe die weni-
gen Laare aus, die er noch hatte. Er
Vslet musi iclr clir fggen
V/osil um clie lcsiönste 2eit,
dlun blülrt in sllen ffsgen
Oss rote lsierreleicl.
^in V/öIIclein Icsm gerogen
/^m silimmel rolenrot,
^s ilt im V/incl verklogen,
Ls ist in hlscsit verlosit.
Oie I^Iscchiigs» r:um LcLluste
Lingt uns clas Lcireicleliecl;
6ut, clssi deim letrten Kulle
stlicsi Iceiner cveinen fiesit!
Volker