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Meggendorfer-Blätter — 55.1903 (Nr. 667-679)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16705#0052
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Meggendorfer - Blät 1 er, München


an, ob ich als Richterbeamter nicht wisse, was Bestechung sei,
und verbat sich jede Beeinflussung.

Diesen kjerrn maß ich vom Aopf bis zu den Füßen, studierte
die Bauart des crsteren und der letzteren und gelangte sofort
zu der Ueberzeugung, daß seine Pedale der vorteilhaftere An-
griffspunkt seien, den ich auch ungesäumt ausnützte. Nachdem
ich ihm energisch anf die bcsten kjühncraugen getreten war,
wechselten wir ein paar höfliche tvorte, ich gab ihni meine Adresse
und ging."

„Aber zum kfenker, erst der fdrofessor, dann der Doktor,
mein Lieber, Du bist wohl nicht recht bei Sinnen?" Der Dberst-
leutnant schüttelte immer bedenklicher sein kfaupt. „Mann
willst Du denn das alles absitzen?"

„Ich bin noch nicht zu Lnde," fuhr der Amtsrichter fort.
„Als ich bsim Dritten angelangt war, bemerkte ich zu meincm
Lntsetzen, daß ich diesem kferrn vor knapp einem halben Iahr
durch eine brillante Untersuchung zu zweihundert Utark Geldstrafe
wegen Beleidigung verholfen hatte. N?ie er mich erkannte,
bekam er ein Gesicht, an dem man getrost ein Schwefel-
hölzchen anzünden konnte, er vermochte auch weiter
gar nichts zu reden, er deutete nur, indem er unarti-
kulierte Läute ausstieß, auf die Türe und erst, als ich
unten wieder in meine Droschke einstieg, hatte er sich
gottlob soweit erholt, daß er mir vom Fenster aus zu-
schreien konnte, er werde mich wegen Bettelei, groben Un-
fugs und kfausfriedensbruchs dem Ltaatsanwalt anzeigen.

Nun überlegte ich die Lage. Es war meinen Be-
mühungen gelungen, das Gegenteil von dem zu errei-
chen, was ich gewünscht hatte. Die Aritiken, darüber
täuschte ich mich nicht, würden geradezu vernichtend
ausfallen, sie brauchten ja nur die Mahrheit zu berichten,
und diese Ueberzeugung stieg mir siedheiß zu Aopf. Ich
bin aber keiner von denen, die so leicht zu werfen sind.

Wollen sehen, wer da der Geleimte ist, sagte
ich mir und rief dem Autscher die Ljausnummer zehn
zu, wo ein mir bekanntes Detektivbureau seinen Sitz hat.

,Ls handclt sich darum, heute abend einer jungen
Dame einen glänzenden Sieg zu verschaffen/ erklärte
ich dem Thef. ,Treiben Sie bis dahin hundert be-
geisterte gutgekleidete Uiänner aus?'

,kfat keinen Anstand, kjerr Amtsrichter. Machen
wir. Ich bitte um die näheren Befehle? Die gab ich
ihm und er verständigte mich, daß der Sxaß dreihundert
Utark koste, wobei jedoch das Ausspannen der Pferde
nicht mit inbegriffen sei. Dagegen stelle er mir fünf
junge Damen, die sehr ergreifend weinten, sowie einen
fermen Schausxieler, der ein wunderbarer verzückter sei,
unberechnet zur verfügung.

Du weißt, mein lieber, väterlicher Freund, wie
berechtigt diese Vorsichtsmaßregel war. Berta sang unter
allem kjund, und sie sagte mir in der Pause, sie sei riesig
überrascht von dem Beifall, den sie nicht zu verdienen
meinte. Und ich, ich Lsel, freute mich herzlich über den
Anblick der ohnmächtigen Aritikergesichter und über
Bertas naives Entzücken.

kjeute morgen brachte ich Deinen Damen die Ari-
tiken, die gar nicht einmal so bissig, sondern nur ein
bißchen herb waren. Gottlob, es war also alles ziemlich
gut abgelaufen. Berta war auch ganz zufrieden, nur
Deine Frau Gemahlin ärgerte sich namenlos über die
Anmaßung der Rezensenten.

Berta, sagte sie, habe nun die Lhrenxflicht, diesen Besser-
wissern und Nörglern zu beweisen, daß ste insgesamt nichts
verstünden. Der Riesenbeifall bekunde, daß ihre Tochter ein
Talent ersten Ranges sei und Berta werde nun so lange Aon-
zerte geben, hier und an allen Grten, bis ihr Name die Welt
durchdrungen habe. Das sei ste sich und ihrer Familie schuldigl"

Als er solchermaßen berichtet hatte, stöhnte der arme Amts-
richter aus tiefstem kjerzen auf, sein Aopf sank wieder wie
gelähmt auf die Brust, seine Arme hingen leblos zu beiden
Seiten des Stuhles herab. „jZch hab' die Berta wahnsinnig
gerne," siüsterte er, „ich ginge durchs Feuer für ste, aber Aonzert
halt' ich keines mehr aus. Ich kann nicht."

Da kloxfte ihm der Dberstleutnant voll Nkitgefühl auf die
Achsel. „kjab keine Angst, mein Sohn, solange ich kjerr bin im
kjause, wird nichts daraus. Ls war das erste und letzte. Mein
Lhrenwort daraufl"

„Ich danke Dir," sagte der klmtsrichter, „der kjimmel sei
gexriesen." Und er schüttelte lang und anhaltend seine kjand.

Lin kjasenfußjäger hatte wirklich einen kjasen getötet und seit dieser
Ieit hatte der Arme in der Nacht keine Ruhe mehr gefunden. In jeder
Nacht ist ihm der erschossene kjase als Geist erschienen; so war es auch
gestern, nur mit dem Unterschied, daß der kjase folgende hohle kvorte
sprach: „Tagschödel, Du hast mir das Lebcn nicht genommen, es war
der Zufall, der es so wolltel" dann verschwand er. Der Iäger war
wieder glücklich und schlief sanft.

Verantwortlicher Redakteur: kNax Schreiber. Druck von I. F. Schreibcr, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert kNohr in kvien I.
Verlag von I. F. Schrribrr in Münchrn und Ctzlingrn
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Der gequälte Jäger
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Engelhard, Paul Otto
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1903
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Jäger <Motiv>
Hase <Motiv>
Schlafzimmer
Albtraum
Traum
Jagd

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 55.1903, Nr. 670, S. 48
 
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