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Meggendorfer-BIäller, III ü n ch e n
Die Glücklichen.
Arabische Skizze von Max Pollaczek.
Keine Meinung.
Die
schönsten Kühn' lassen
und
keil
die Tränen der Rechtschaffenen.
Mas aber ist nur? Ich schreie nach Leben
inan tötet mich, ich flehe um Barmherzig-
und man wirft init Steinen nach mir. Der
werden.
Dieser Unglückliche rief aus: „D, wie ich
Dich beneide, Du Kranker! Armselig lebst Du,
aber Du lebst! Du kannst Dich tragen lassen,
wohin Du willst, in die Gärten und an die Ufer
des Tigris. Dein ist das Mitleid der Guten
und die weiche Hand der Barmherzigen; Dein
ist die strahlende Sonne vom Morgen bis zum
Abend; der linde Zephir, der über keusche Blüten
streicht, küßt Deine Stirne und kühlt Deine
Munden; Dein ist der kommende Tag, den Allah
Dir in seiner Gnade segnen kann, und flieht
Deine Seele in die Arme Muhamcds, so fließen
Dir
B au er (vor cmer Zahnauslagoz: „Au dumm!
sich die Leut' ausrcißcn."
v 5t«ck
Plötzlich trat der Herrscher aller Gläubigen wieder ein und
sagte: „<D Subeide, unter meinen Tischgenossen hat sich ein
seltsamer Streit erhoben. Abu Ischak, der Arzt, sagte, daß cs
nur unglückliche Menschen auf der Melt gäbe, Isaak, der
Sänger, behauptete, es gäbe auch glückliche, doch seien sie die
Minderheit, und Dschaafar, der Wesir, versicherte, daß unter
meiner Regierung die Glücklichen in der Mehrzahl seien. Mer
hat nach Deiner Meinung recht?"
Subcide stützte das Haupt in die Hände und antwortete:
„Keiner von den dreien, o Fürst der Gläubigen, seitdem Du
an Stelle des Hohen und Erhabenen auf Erden waltest, sind
alle Menschen glücklich!"
Da rief Harun aus: „Bei Gott, wenn Du dies beweisen
kannst, sollst Du den Hyazinthen haben, um den Du mich batest."
Subeide sagte: „Laß die drei kommen."
Der Kalif klatschte in die Hände: „Her mit Mesrur l"
Dieser trat vor, küßte die Erde, und Harun befahl ihm:
„Hole Abu Ischak, Isaak und Dschaafar, den Barmekiden."
Der Schwertträger erwiderte: „Ich höre und gehorche!"
und bald waren die drei Tischgenossen zur Stelle.
Die Herrin Subeide fragte: „Mer, ihr Scheichs, wird von
seinen Ncbenmenschcn beneidet, der Glückliche oder der Un-
glückliche?"
Mie ein Mann antworteten sie: „Der Glückliche."
„Und ihr meint, daß es Menschen gibt, die niemand
beneidet?"
Mieder antworteten die drei: „Ja, Herrin."
Da wandte sich die Herrin Subeide zu Abu Ischak und
sagte: „D, Hakim der Zeit, bring her, wen Du für den Un-
glücklichsten aller Menschen hältst und dasselbe sagte sie zu den
andern. Zu Harun aber sagte sie: „Schicke sogleich nach dem
Lhan El-Dschawel, wo jene verruchten Feueranbeter wohnen
und gebiete Ihnen, mit dem Juwel herzukommen. Dein Säckel-
meister mag unterdessen mit seinen Mainelucken die Beutel mit
den Dinaren herbeischlcppen."
So geschah cs.
Als erster trat Abu Ischak, der Arzt, vor. Zwei schwarze
Sklaven trugen eine Bahre, und auf ihr lag ein unheilbarer
Kranker. Sein gebrechlicher Leib war vom Aussatz getroffen
und seine Glieder waren gelähmt.
„Diesen da, o Herrin, beneidet niemand!" sagte zuversicht-
lich der Arzt.
Aber schon winkte Subeidc Isaak, und der führte seinen
Mann vor, einen Gefangenen in Ketten und den Rücken zer-
fleischt von der Geißel des Vogtes. Am nächsten Tage sollte
er enthauptet
Herrin Subeide saß in ihrem Gemach und zürnte.
/ Zwölf Mädchen gleich Vollmonden, geschminkt mit
Henna und Antimon zitterten vor ihrem Groll. Ver-
geblich hatten persische Kaufleute ihr einen kostbaren Hyazinthen
angcbotcn, Harun er Raschid, der Kalif, hatte die zehntausend
Dinare, die er kosten sollte, nicht zahlen wollen, und die Feuer-
anbeter waren zurückgckchrt in ihren Ehan. Morgen schon
wollten sie nach Kairo Weiterreisen.
Meggendorfer-BIäller, III ü n ch e n
Die Glücklichen.
Arabische Skizze von Max Pollaczek.
Keine Meinung.
Die
schönsten Kühn' lassen
und
keil
die Tränen der Rechtschaffenen.
Mas aber ist nur? Ich schreie nach Leben
inan tötet mich, ich flehe um Barmherzig-
und man wirft init Steinen nach mir. Der
werden.
Dieser Unglückliche rief aus: „D, wie ich
Dich beneide, Du Kranker! Armselig lebst Du,
aber Du lebst! Du kannst Dich tragen lassen,
wohin Du willst, in die Gärten und an die Ufer
des Tigris. Dein ist das Mitleid der Guten
und die weiche Hand der Barmherzigen; Dein
ist die strahlende Sonne vom Morgen bis zum
Abend; der linde Zephir, der über keusche Blüten
streicht, küßt Deine Stirne und kühlt Deine
Munden; Dein ist der kommende Tag, den Allah
Dir in seiner Gnade segnen kann, und flieht
Deine Seele in die Arme Muhamcds, so fließen
Dir
B au er (vor cmer Zahnauslagoz: „Au dumm!
sich die Leut' ausrcißcn."
v 5t«ck
Plötzlich trat der Herrscher aller Gläubigen wieder ein und
sagte: „<D Subeide, unter meinen Tischgenossen hat sich ein
seltsamer Streit erhoben. Abu Ischak, der Arzt, sagte, daß cs
nur unglückliche Menschen auf der Melt gäbe, Isaak, der
Sänger, behauptete, es gäbe auch glückliche, doch seien sie die
Minderheit, und Dschaafar, der Wesir, versicherte, daß unter
meiner Regierung die Glücklichen in der Mehrzahl seien. Mer
hat nach Deiner Meinung recht?"
Subcide stützte das Haupt in die Hände und antwortete:
„Keiner von den dreien, o Fürst der Gläubigen, seitdem Du
an Stelle des Hohen und Erhabenen auf Erden waltest, sind
alle Menschen glücklich!"
Da rief Harun aus: „Bei Gott, wenn Du dies beweisen
kannst, sollst Du den Hyazinthen haben, um den Du mich batest."
Subeide sagte: „Laß die drei kommen."
Der Kalif klatschte in die Hände: „Her mit Mesrur l"
Dieser trat vor, küßte die Erde, und Harun befahl ihm:
„Hole Abu Ischak, Isaak und Dschaafar, den Barmekiden."
Der Schwertträger erwiderte: „Ich höre und gehorche!"
und bald waren die drei Tischgenossen zur Stelle.
Die Herrin Subeide fragte: „Mer, ihr Scheichs, wird von
seinen Ncbenmenschcn beneidet, der Glückliche oder der Un-
glückliche?"
Mie ein Mann antworteten sie: „Der Glückliche."
„Und ihr meint, daß es Menschen gibt, die niemand
beneidet?"
Mieder antworteten die drei: „Ja, Herrin."
Da wandte sich die Herrin Subeide zu Abu Ischak und
sagte: „D, Hakim der Zeit, bring her, wen Du für den Un-
glücklichsten aller Menschen hältst und dasselbe sagte sie zu den
andern. Zu Harun aber sagte sie: „Schicke sogleich nach dem
Lhan El-Dschawel, wo jene verruchten Feueranbeter wohnen
und gebiete Ihnen, mit dem Juwel herzukommen. Dein Säckel-
meister mag unterdessen mit seinen Mainelucken die Beutel mit
den Dinaren herbeischlcppen."
So geschah cs.
Als erster trat Abu Ischak, der Arzt, vor. Zwei schwarze
Sklaven trugen eine Bahre, und auf ihr lag ein unheilbarer
Kranker. Sein gebrechlicher Leib war vom Aussatz getroffen
und seine Glieder waren gelähmt.
„Diesen da, o Herrin, beneidet niemand!" sagte zuversicht-
lich der Arzt.
Aber schon winkte Subeidc Isaak, und der führte seinen
Mann vor, einen Gefangenen in Ketten und den Rücken zer-
fleischt von der Geißel des Vogtes. Am nächsten Tage sollte
er enthauptet
Herrin Subeide saß in ihrem Gemach und zürnte.
/ Zwölf Mädchen gleich Vollmonden, geschminkt mit
Henna und Antimon zitterten vor ihrem Groll. Ver-
geblich hatten persische Kaufleute ihr einen kostbaren Hyazinthen
angcbotcn, Harun er Raschid, der Kalif, hatte die zehntausend
Dinare, die er kosten sollte, nicht zahlen wollen, und die Feuer-
anbeter waren zurückgckchrt in ihren Ehan. Morgen schon
wollten sie nach Kairo Weiterreisen.