s20
Meggendorfer-Blätter, München
2
?)
Wägen und Wagen.
Swängst ein neues Werk Du an —
E Hol' der Weisen RatI
Doch bedenki der klügste Plan
Ist noch keine Tat.
Berthold Kuhnert.
Wenn man schwindelt.
von Karl Franke.
ie war über alle Maßen neugierig, die Frau Buchhalter
Frauenholz. So oft ihr Mann den Ueberrock ausgezogen und
den Rücken gewandt hatte, kramte sie in den Taschen herum.
Dies tat sie nun schon in den ganzen sechs Wochen ihrer Ehe und
wollte es, da sie niemals etwas, das ihre Neugierde besriedigt, gesunden
hatte, schon wieder aufgeben, als ihr im letzten Moment dieser ihrer
verwerflichen Tätigkeit folgender Zettel, wohlverborgen
in der inneren Brusttasche, in die Hände siel:
2 Abendessen.2 Mark
2 Flaschen Mosel ... 3 „
l Schokolade.0.30 „
S.Zo Mark
Im nächsten Moment wurde Herr Frauenholz
jäh in seinem behaglichen Mittagessen unterbrochen,
was denn das für ein Zettel wäre? Ah, wie er
erbleiche! Also hätte sie sich doch nicht getäuscht! GH,
sie unglückliche Frau, so hintergangen zu werden l
Herr Frauenholz war tatsächlich erbleicht. Aber im
nächsten Augenblick hatte er seine Fassung wieder er-
langt, die natürliche Farbe verdrängte das vorherige
Erbleichen. Mit gleichgültiger Miene nahm er den
Zettel, las ihn und sagte dann: „Ganz unmöglich,
der kann nicht in meinem Ueberzieher gesteckt haben."
Darauf brach Frau Frauenholz in abermaliges Schluchzen
aus und verdammte den abscheulichen Mann, der zu
der Freveltat nun auch noch dreiste Lüge geselle. Mit
überlegener Miene, wie ein Feldherr, dein im letzten
Moment ein rettender Gedanke das Hirn durchzuckt,
stand jetzt Herr Frauenholz auf, ging hinaus an den
Garderobeständer, besah den Ueberzieher und sagte
dann: „Ha, das ist gut, jetzt hab'ich ja meinem Aollegen
Metzler seinen angezogen." Ziemlich verdutzt, aber doch
noch ungläubig, schaute Frau Frauenholz ihren Gebieter
daraufhin an. Der aber stand siegesgewiß da, spielte
den Gekränkten, als er sah, daß seine Frau immer
mehr in Zweifel geriet und ließ schließlich seine Zärt-
lichkeit noch das übrige tun. „Ich meine es auch,"
sagte Frau Frauenholz, als sie den Ueberzieher öfters
hin und her gewendet hatte, „der Deinige sei nicht mehr
so neu gewesen." Fünf Minuten später war der ehe-
liche Friede wieder hergestellt.
Während Herr Frauenholz sein Mittagsschläfchen
hielt und ab und zu, wahrscheinlich infolge ange-
nehmer Träume, genugtuend lächelte, schickte seine
Frau das Dienstmädchen mit dem falschen Ueberzieher
zu dem Aollegen ihres Mannes, dem bösen Jung-
gesellen Metzler. Linen Brief gab sie mit, worin
sie sich nicht enthalten konnte, den ganzen Lhezwischen-
fall, der ihr eine so bittere Stunde bereitet habe,
mitzuteilen. Weiter konnte sie sich nicht enthalten,
für die Ehe eine Lanze zu brechen, weil da so flatter-
hafte Junggesellen am besten aufgehoben seien. Bei-
spiel ihr eigener Mann. — — —
Als Herr Frauenholz nach einer Stunde erwachte,
sagte seine Frau: „Mina hat Deinen Mantel schon
geholt. Anfangs hat Metzler die Verwechslung natür-
lich nicht zugeben wollen, wahrscheinlich wegen des
Zettels. Dein Mantel, lieber Artur, ist ja lange nicht
mehr so gut als jener, aber lieber einen braven Mann
als einen besseren Mantel." Was auch Herrn
Frauenholz Ansicht war .... Damit die Geschichte
nicht noch nachträglich herauskäme, hat Metzler den
wirklich bessern Mantel behalten dürfen. Und
darob freute er sich königlich.
Verantwortlicher Redakteur: Ferdinand Schreiber jr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
In G esterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Eßlingen.
Meggendorfer-Blätter, München
2
?)
Wägen und Wagen.
Swängst ein neues Werk Du an —
E Hol' der Weisen RatI
Doch bedenki der klügste Plan
Ist noch keine Tat.
Berthold Kuhnert.
Wenn man schwindelt.
von Karl Franke.
ie war über alle Maßen neugierig, die Frau Buchhalter
Frauenholz. So oft ihr Mann den Ueberrock ausgezogen und
den Rücken gewandt hatte, kramte sie in den Taschen herum.
Dies tat sie nun schon in den ganzen sechs Wochen ihrer Ehe und
wollte es, da sie niemals etwas, das ihre Neugierde besriedigt, gesunden
hatte, schon wieder aufgeben, als ihr im letzten Moment dieser ihrer
verwerflichen Tätigkeit folgender Zettel, wohlverborgen
in der inneren Brusttasche, in die Hände siel:
2 Abendessen.2 Mark
2 Flaschen Mosel ... 3 „
l Schokolade.0.30 „
S.Zo Mark
Im nächsten Moment wurde Herr Frauenholz
jäh in seinem behaglichen Mittagessen unterbrochen,
was denn das für ein Zettel wäre? Ah, wie er
erbleiche! Also hätte sie sich doch nicht getäuscht! GH,
sie unglückliche Frau, so hintergangen zu werden l
Herr Frauenholz war tatsächlich erbleicht. Aber im
nächsten Augenblick hatte er seine Fassung wieder er-
langt, die natürliche Farbe verdrängte das vorherige
Erbleichen. Mit gleichgültiger Miene nahm er den
Zettel, las ihn und sagte dann: „Ganz unmöglich,
der kann nicht in meinem Ueberzieher gesteckt haben."
Darauf brach Frau Frauenholz in abermaliges Schluchzen
aus und verdammte den abscheulichen Mann, der zu
der Freveltat nun auch noch dreiste Lüge geselle. Mit
überlegener Miene, wie ein Feldherr, dein im letzten
Moment ein rettender Gedanke das Hirn durchzuckt,
stand jetzt Herr Frauenholz auf, ging hinaus an den
Garderobeständer, besah den Ueberzieher und sagte
dann: „Ha, das ist gut, jetzt hab'ich ja meinem Aollegen
Metzler seinen angezogen." Ziemlich verdutzt, aber doch
noch ungläubig, schaute Frau Frauenholz ihren Gebieter
daraufhin an. Der aber stand siegesgewiß da, spielte
den Gekränkten, als er sah, daß seine Frau immer
mehr in Zweifel geriet und ließ schließlich seine Zärt-
lichkeit noch das übrige tun. „Ich meine es auch,"
sagte Frau Frauenholz, als sie den Ueberzieher öfters
hin und her gewendet hatte, „der Deinige sei nicht mehr
so neu gewesen." Fünf Minuten später war der ehe-
liche Friede wieder hergestellt.
Während Herr Frauenholz sein Mittagsschläfchen
hielt und ab und zu, wahrscheinlich infolge ange-
nehmer Träume, genugtuend lächelte, schickte seine
Frau das Dienstmädchen mit dem falschen Ueberzieher
zu dem Aollegen ihres Mannes, dem bösen Jung-
gesellen Metzler. Linen Brief gab sie mit, worin
sie sich nicht enthalten konnte, den ganzen Lhezwischen-
fall, der ihr eine so bittere Stunde bereitet habe,
mitzuteilen. Weiter konnte sie sich nicht enthalten,
für die Ehe eine Lanze zu brechen, weil da so flatter-
hafte Junggesellen am besten aufgehoben seien. Bei-
spiel ihr eigener Mann. — — —
Als Herr Frauenholz nach einer Stunde erwachte,
sagte seine Frau: „Mina hat Deinen Mantel schon
geholt. Anfangs hat Metzler die Verwechslung natür-
lich nicht zugeben wollen, wahrscheinlich wegen des
Zettels. Dein Mantel, lieber Artur, ist ja lange nicht
mehr so gut als jener, aber lieber einen braven Mann
als einen besseren Mantel." Was auch Herrn
Frauenholz Ansicht war .... Damit die Geschichte
nicht noch nachträglich herauskäme, hat Metzler den
wirklich bessern Mantel behalten dürfen. Und
darob freute er sich königlich.
Verantwortlicher Redakteur: Ferdinand Schreiber jr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
In G esterreich-Ungarn für Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Eßlingen.