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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 27.1896 (Nr. 301-313)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16565#0105
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Meggendorfers yumoristische Blätter.


^^äglich an der Straßenecke

Seh' ich ihn, den arinen Mann,
wie ein Toggenbnrg, ein neuer,
Blickt er die passanten an,

Zärtlich sast sein Auge schimmert,
Schüchtern und begehrensvoll,

Liebe scheint ihn zu erfüllcn,

Nicht des jdroletariers Groll.

Ist's ein Bettler? Ist's ein Toller,
Dem's die Schönen angethan?

Nein, er bettelt nicht, und Frauen
Blickt mein Toggenburg nicht an.


Männern nur folgt mitleidweckend
Dieser bange Sehnsuchtsblick,

Und bleibst Du betroffen stelien,
Ratcnd, was sein Mißgeschick,

Tritt er näffer, neigt das Aöpfchen,
bvie zum Gruß demütiglich
Nach der Schulter, lächelt freundlich,
Schaut geheiinnisvoll um sich

Und fragt endlich leise, zweifelnd —
Vb Dir denn Dein Rock noch paßt,
Gb Du zu verkaufen keine

Abgelegten ksosen liastl-

Emil Pcschlnu.

„General-Probe." (jortsetzung von Seite SS.)

einige Male Balleteusen gegenüber Schwicrigkeiten bereitet
hatte; hier schien ein Lrfolg ffcher, wer iffn davon trug, dies
mußte ffch allerdings erst entscheiden — aber es war doch ein-
mal ein Anfang. Dieses Abenteuer inußte bei den Aameraden
höllisches Furore machen l
„von Schmetterl"

„von Schmatterl" stellten ffch die kserren vor. Die Dame
warf einen ängstlichen Blick zwischen den beidcn lffndurch gegen
die Stadt zu.

von Schmatter bemerkte es und sagte: „Gnädige können
vollkommen beruhigt sein, werden uns Lhre daraus machen, Sie
zur Stadt zurück zu begleiten und lffibschem Ausreißer — mache

iibrigens mein Aompliment, pfcrd ist wirklich
von auserlesener Güte — den Uebermut schon
vertreiben, soll zwischcn uns beiden dalffn
gehen wie ein Lämmchen zwischen .. .. na, von
Schmetter . . . zwischen . . . ?"

„Fatale Frage l" bruinmte dieser in sich lffn-
ein, dann aber sagte er, eine direkte Antwort
umgehend, „Gnädige wollen sich rulffg und ver-
trauensvoll unserer Führung überlassen . . . bitte
nur zu bestimmen wohin?"

Keine Antwort; die Reiterin blickte wie
geistesabwesend in die Ferne. Line solche
Schüchternheit I pyramidal I von Schmatter
nahm sogleich wiedcr das wort, cr begann von
dem anhaltend hübschen Sommerwetter zu reden
— Schmetier einen Blick znwerfend, der diesem
sagen sollte: „Du paß' mal auf, wie ich die
Geschichte in kurzcm fein gedreht haben werde!"
Aain dann auf das günstige Reitterrain, welches
die hiesige Garnison biete, um endlich zu be-
haupten, daß alle Lampagnereiterei doch und
doch darauf beruhe, dem Pferde in der Manegc
eine gründliche vorerziehnng angedeihen zu lassen,
sonst könne dasselbe nie die Garantie bieten,
seinen Reiter in allen Fällen über alle Schwie-
rigkeiten lffnweg an das Ziel zu bringen —
um zum Schlusse dahin zu gelangen, daß es das
Rcgiment sehr erfreuc, wieder einen gediegenen
Lircus hier zu sehcn, in dem man Gelegenheit
habe u. s. w. n. s. w.

„Doch verflucht gescheiter Aerl, der Schmat-
terl" dachte sich von Schinetter, als diesem der
Stoff momentan ausgegangen war und sagte
dann selber: „Ich glaube versichert sein zu
dürfen, daß Gnädige selbst Rlitglied des ausge-
zeichneten Lnsembles sind; denn was hier im
Sattel zu sitzen pflegt, kennen wir genau,
während wir von Ihnen heute zum erstcnmale
Lhre haben ....?" Abermals keine Antwort,
das war doch auffallendl Dagegen gab ihm
Freund Schmatter, indem er sich mit der ksand
über das Lffnterhaupt fuhr, einen Ivink mit den
Augen an die gleiche Stelle der Dame zu
sehen. Schmetter zwickte, da er etwas kurzsichtig
war, seine Augen zusammen und sah genau
zu. In der That, sie hatte kurz verschnittene
ksaare. Sein Gegenblick und Achselzucken wurden
von Schmatter ganz richtig gedeutct: „In dicsen
Areisen keine Seltenheit . . . vielleicht Parforce-
reiterin oder — und das fuhr ihm, wie es
öfter zu gehcn pflegt, wenn man recht lebhaft denkt — sogar
laut heraus, „ . . . Akrobatin oder so, dann wäre vielleicht
auch das Durchgehen des jdferdes erklärlicher?"

Ganz bestürzt blickten die beiden nach diesem „vernehmbaren"
Urteil die Dame an. Die bvorte hatten aber keine besondere
lvirkung gehabt, sie starrte, so viel dies der dichte Schleier
erkennen ließ, noch immer mit derselben Gedrücktheit und Be-
fangenheit vor sich hin.

Da begann von Schmatter auf einmal ganz gemütlich:
„Vu, jetzt hab ich's heraus, warum sie uns auf keine unserer
Fragen Antwort gibt, ich hab' sie mir jetzt ganz genau be-
trachtetl Sieh Dir mal diesen tiefgebräunten Teint an, der
deutet doch entschieden auf romanische Abslaminnng, Gott weiß,
wo ihre !Viege gestanden hat — sie sxricht einfach nicht deuisch,
versleht es nicht, daher ihr Schweigenl"
 
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