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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0144
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Meggenborfers Hurnoriftische Blätter.

6err (erstaunt): „Wie, 5ie spielen init den Dienstmädchen Aarten, )ean; 5ie sagten mir doch eben, 5ie rupften in der Aüche Gänse?"
Diener (vergnügy: „Thu ich ja auch, gnä' kserr, vierzig sdfennig habe ich bereits gewonnen!"


rennen, will ich Ihnen zur tVarnung die Geschichte unserer
Friedensteller erzählen.

Ich hatte eine gute, alte Tante. 5chon ihr Name hatte
etwas Einschmeichelndes: Tante Tulalia das heißt ja „Die tvohl-
redende." Sie war unvermählt geblieben, aber wahrlich nicht
aus Männerhaß — es war eben ihr Schicksal! Nätte sie ihre
großen Reichtümer schon srüher besessen, so hätte ihr Aeußeres
gewiß die Freier nicht abgeschreckt; aber sie lebte in bescheidenen
Umständen, bis ihr in einem Alter von nahezu sechzig Iahren
die reiche Lrbschast zufiel.

Ich selbst besitze ja ein stattliches Rittergut, und dars mich
daher mit Recht zu der notleidenden Landwirtschast zählen;
aber dreimal so groß und viermal so viel wert ist das benach-
barte Gut, das Tante Eulalia erbte, dazu kam eine bedeutende
Summe baren Geldes, was mir stets gesehlt hat.

Da ich außer einem entsernten Vetter, der nicht in Betracht
kam, und überdies ein unausstehlicher Mensch war, Tante
Tulalias einziger Verwandter zu sein das Vergnügen hatte,
war Aussicht vorhanden, daß nach ihrem Tode die beiden

Güter, wie vor Zeiten, wieder ein einziges bilden würden.

Gsfen gestanden, hatte ich mich nie groß um die Tante
bekümmert. Ls gab sich aber ganz von selbst, daß sich ein
lebhafter Verkehr zwischen uns anbahnte, als sie meine Nach-
barin — und Lrbtante wurde. Es war dies gerade um die
Zeit, da ich mich verlobte, und mein erster Besuch bei Tante
Lulalia, den ich mit meiner reizenden Braut aussührte, gewann
uns beiden ihr kserz. Seit die gute Tante selber aus das Lhe-
glück verzichtet hatte, konnte sie neidlos sehen, wenn sich junge
Nänner mit jungen Mädchen verlobten. Ihr besonderer ksaß
galt eben den prinzipiellen Iunggesellen, denen sie die Haupt-
schuld an ihrem Sitzenbleiben beimaß. Neine Braut, deren
einzige Mitgift Schönheit und Liebenswürdigkeit waren, ver-
stand es sehr gut mit Tantchen, wußte sie doch den Wert einer
solchen Verwandtschast zu schätzen.

Rurz und gut, es ließ sich alles günstig an, denn wir waren
ahnungslos und freuten uns sogar auf ein wertvolles kfochzeits-
geschenk von der Tante.

Da kam der ersehnte ksochzeitstag. Mein Bräutchen und
 
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