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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 50.1902 (Nr. 601-613)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16552#0135
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Zeitschrift für chumor und Aunst

Kllerding-

Aahnkranke lnach der wxeration): „Dieses schreckliche Zahnausreißenl"
Iahnarzt: „Ia, niein Fräulein, Romane werden im Gxerationsstuhl nicht
erlebt."


Auf Inspektionsfahrt.

Unter höflichsten Lmpfehlungen ver-
schwand die Dame, die bei einer Amtshandy
lung nicht anwesend sein darf.

Aiühselig genug war die Aletterei hinauf
in den Speicher, in welchem ganz seltsame
Geräusche zu hören waren, manchmal ein
Stöhnen und Aechzen, geradezu unheimlich.

Niedermayer horchte mehrmals, beruhigte
sich aber, da das Geräusch nun völlig ver-'
stummte und widmete der Stelle, wo der
kfolzverschlag auf Staatskosten angebracht
werden solle, die gcbührende, schr ausmerk-
same Besichtigung. „Also ein bsolzverschlag!
ksinl T>arf ich fragen, wozu dieser Latten-
verschlag dienen soll?"

„Zur Absperrung des sür uns beslimmten
Sxeicheranteiles I" erwiderte sast geärgert der
Nerwalter. j

„!Vird denn hier gestohlen?" f

„Ich glaübe und hoffe nichtl Aber an-
genehmer uud beruhigender wäre cine Ab-
sxerrung dochl"

„kfm! !Vem gehört der andere Sxeicher-
anteil?"

„Den Grenzaufsehern!"

„So so! wenn man nun Ihnen den
Lattenverschlag bewilligt, wirkt die Absperrung
cinigermaßen verletzend auf die Mannschaft,
die verdächtig einer Diebstahlmöglichkeit er-
scheint und schließlich auch einen bfolzverschlag
verlangen könnte. lfaben Sie das auch wohl
überlegt und erwogen? Und dann die Aosten!

Was ist denn das für ein lsund?" rief xlötz-
lich, nichts Gutes ahnend, der alte Insxektor.

„Gott steh uns bci! ?as ist der Schnauzl
des lferrn Vberzollrates! Da wird das lferrl
auch nicht weit sein!"

„Jst schon da, das lserrl! Guten Tag,
meine kferren! lförte, daß da heroben eine
Besichtigung stattsindet, interressiert mich im-
mer, solche dienstliche Besichtigung! lferr
Bberinsxektor stramni im Dienst, sehr schön!

Lrstaunlich sür Ihre Iahre! Schnauzl, was
hast dcnn?"

Schnauzl schnuxxerte an einer Aiste,
scharrte und bellte.

„Immer im Dienst, lferr Mberzollrat,
und hier sxezielll Will mal der berüchtigten
Steinkogler Dienstdrückerei ein Lnde machenl"
ächzte Niedermayer und staunte Lber sich selbst und die cben
gesxrochenen kühnen Worte, dabei insgeheim den Teufel ver-
fluchend, der den schnüffelnden, gefährlichen Mberzollrat just
heute hierher geführt hat.

„So? Lin Lrempel statuieren, sehr schön! lfabe auch
schon gehört, daß hier der Dienst besonders srech geschwänzt
werden soll! Schnauzl, was hast Du denn Feines in der Nase?"

Der Verwalter schicn Fürchterlichcs zu ahnen und bemühte
sich, den Bberzollrat von der Aiste wegzulocken. „Ls wird ein
^latzl drinnen sein l"

Doch der Bbcrbcamte interessierte sich lebhaft sür dieses
Aatzl.

„Vorsicht, lferr Bberzollrat! Das Aatzl könnte Ihreni
5chnauzl weh tun l" rief der verwalter.

„Abwarten!" sagte der Bberzollrat und hob den Aisten-
deckel in die lföhe. „Lin großes llatzl in Uniform, nicht übel!"

Todesbleich, zittcrnd entstieg der Aiste ein dienstdrückender,
erwischter Grenzaufseher, der Renommist Zwölser, den das
Zöllnerschicksal ereilt hat und der nun das klügste tat, so mög-
lich war, und sein Vergehen einer zweistündigen Dienstschwän-
zung eingestand.

Flinker hat noch kein Grenzwachmann seinen Dienst an-
getreten wie Iwölfer, nachdcm ihm der Bberzollrat dcn Befehl
hiezn erteilt hatte. Dann belobte der Lhcs den ))nspektor wegen
seiner erstaunlich guten Nase und der ausgezeichnet gelungenen
Verfolgung des Dienstschrvänzers. Der Verwalter schwieg kluger-
weise und erhielt zum Dank den gewünschten Lattenverschlag
in kürzester F'rist.

Der Bberzollrat diktierte für Zwölfer ciue exemplarischc
Strafe und fuhr sosort weg, Niedcrmayer fuhr hinterdrein,
ausatmend und Gott dankend für dieses gute Lude einer In-
spcktionssahrt.
 
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