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Meier-Graefe, Julius
Manet und sein Kreis: mit 2 Photogravüren u. sieben Vollbildern in Tonätzung — Berlin, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.25425#0016
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MANET UND SEIN KREIS

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Er hatte das Glück, in seinen Entwickelungs-
jahren das England Constables kennen zu lernen.
Hier wurde ihm die technische Basis, der Willen,
in die Tiefe zu dringen und die Eingebung mit
der Gediegenheit treuer, bewusster Arbeit zu
vollenden. Der Orient, den er zehn Jahre später
besuchte, die Quelle, die einst den Venezianern,
Veronese vor allem, ihre prangende Pracht ver-
liehen hatte, verschönerte seine Farbe. Als er
seine „Eroberung Konstantinopels“ malte, schien
seit langer Zeit wieder ein Stückchen Sonne
über der Kunst Frankreichs, und Europa eilte
herbei, um sich an ihren Strahlen von dem
Marmorfrost des Klassizismus zu erwärmen.

England, der Orient und Rubens sind auch
die drei mächtigsten Elemente, die der modernen
Malerei, ja der gesamten künstlerischen Kultur
unserer Zeit zu Pfeilern der Entwickelung wurden.
Sie sind so stark, dass grosse Syntheteker wie
Delacroix leicht in die Gefahr kernen, vor ihrem
Glanze übersehen zu werden.

Der Maler der Dantebarke wird schwerlich
populär bleiben, er war es nie. Seine Geste ist
dem g'rossen Haufen ungemütlich, dem besseren
Publikum des Louvres fatal. Er hatte das Un-
glück, eine Seele zu haben. Nur der Künstler
wird, so lange gemalt wird, ihn verehrungsvoll
grüssen, wie man in beschaulicher Stunde das
Bild des Ahnen grüsst, iu dessen Hause man
lebt. Und der Blick wird zuweilen länger haften
 
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