Meier-Graefe, Julius: Die weisse Strasse (Berlin, 1930)

überhaupt alles nur Erdenkbare. Natürlich bot er
es mir nicht an. Dazu die Wut, meine lächerliche
Niedergeschlagenheit nicht verbergen zu können.
Gerade erzählte der zweite Schlesier von einem
Unteroffizier seiner Kompagnie, dem eine Granate
bei Wirballen den Kopf abgerissen hatte. Natür-
lich erzählte er das nur, um mich zu beschämen.
Ich saß da und hielt mit der Hand das LÜa zu.
Remken brachte einen Landstürmer von der
Wache, der die Reparatur unternahm, während
ich verbissen und verkniffen blieb. Den ganzen
Abend kam ich nicht recht ins Geleise, zankte
mich mit Scholl, der eigentlich mit jedem Tage
netter wurde, und benahm mich ungezogen gegen
Remken. Es war wie ein Riß durch meine ganze
Existenz. Übrigens flickte der Landstürmer die
Hose ganz ordentlich und wollte nicht einmal etwas
dafür annehmen.

,,Nun sehen Sie!" sagte Scholl gutmütig.

Ich hätte mich ohrfeigen mögen und ihn auch.

Es sei eben eine Entwicklung, sagte Remken, als
wäre es damit erledigt.

Man hörte das Klatschen der Karten im Neben-
abteil. Der zweite Schlesier knaHte beim Ausspielen,
als ob er das Holz durchschlagen woUte.

Dann ging SchoU in die Höhe. Wenn diese Ent-
wicklung, die unser Stolz war, würdig, aHen Völkern
als Vorbild zu dienen, wenn eine solche Entwick-
lung, deren Resultate sich zahlenmäßig in aHen
wesentlichen Gebieten des Lebens nachweisen ließen,
eine Entwicklung von bescheidensten Anfängen, so-

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