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land, Italien, Norwegen, Holland, Rumänien, Russland, Serbien,
die Republik S. Marino, Argentinien, Bolivia, Chile, Equador,
Salvador, Uruguay, Japan, Mexiko, Peru, Portugal, die Türkei
und Nicaragua.

die Wie in der letzten Weltausstellung, steckt auch

AUS. " diesmal der grösste Wert in der Centennalausstellung.
Stellung Wie damals das grosse Publikum zum erstenmal
über die Bedeutung von Künstlern aufgeklärt wurde,
von deren Existenz es vorher keine Ahnung hatte
und die gerade dem Rückblick als stärkste Anreger
einer Zeit erscheinen, so hat auch diesmal die nach-
hinkende Gerechtigkeit der offiziellen Kunstbeflissenen
nachzuholen versucht, was die Mitlebenden versäumt
hatten.

Es drängt sich nicht gerade wie 89 ein einzelner
der grossen Verkannten durch eine grössere Sammel-
ausstellung auf, wohl aber findet man eine ganze
Anzahl grosser Künstler, für die es früher keine
offizielle Stätte gab, die in der Jugend zurück-
gewiesen wurden und später zu stolz waren, um
den Einlass zu erbitten. Man glaubt sich in den
berühmten Salon der Refuses der sechziger Jahre
versetzt, wenn man die feierlichen Säle durchwandelt,
wo die Manet, Monet, Degas, Sisley, Cezanne,
Renoir Pissarro u. s. w. hängen, die berüchtigten
Impressionisten, die heute den Markt beherrschen,
ebenso viele Zehntausende wie in ihrer Blütezeit Hun-
derte erzielen und soweit sie noch leben, ausnahms-
los dem offiziellen Salon fern bleiben. Ihre Bilder
sind nicht nur eine Zahlenfrage. Gerade in ihren
kühnen Farbenphantasieen, in der geistvollen Art,

DIE CENTENNALAUSSTELLUNG: DIE „MANET«-WAND

wie sie Welt und Menschen nicht einer alten
Tradition folgend, sondern ihrer höchst persönlichen
Eingebung überlassen darstellen, drückte sich zum
erstenmal die neue Zeit, die nach neuen Formen
trachtet, aus. Sie sehen nicht die Welt aus tiefver-
hangenen Ateliers, sondern unter dem lebendigen
Licht der Sonne.

Hier fand Manet sein wunderbares Fleisch; man kann es
in dem berühmten Frühstück im Freien bewundern (Le dejeuner
sur l'herbe), wo er, ohne auf das Geschrei der Philister zu
achten, wagte, ein nacktes Weib neben modern gekleidete
Männer zu placieren, lediglich um Farben- und Lichtkontraste
zu zeigen; oder in dem „Bar aux Folies Bergeres". Während
seine Zeitgenossen sich abmühten, aus ihren Bildern jede per-
sönliche Note zu entfernen, überliess er sich der kühnen Ge-
walt seines Pinsels, malte dies Portrait der Mme. Conzales, das
ein Kritiker damals für eine unverschämte Skizze erklärte, malte
1863 den ungeheuer bewegten Stierkampf, in dem sich seine
künstlerische Verwandtschaft mit den grossen Spaniern aufthat,
seine Marinen wie die von „Bologne", sein „Dejeuner dans
l'Atelier" alles Bilder, die einst Etappen in dem mühseligen
Siegeszug Manets darstellten und sämtlich im Besitz. Durand
Ruels waren, des mutigen Händlers der Rue Laffitte, dem die
Bewegung unendlich viel verdankt. Monet, Sisley und Pissarro
specialisierten die Landschaft und entlockten ihr neue Licht- und
Farbeneffekte. Alle drei sind brillant vertreten, namentlich die
beiden ersten, Monet mit 14 seiner besten Sachen aus den acht
ziger'Jahren, Sisley, gegenwärtig der grösste Liebling der Pariser
Sammler, namentlich mit ausgezeichneten Uferlandschaften, in
denen sich die zarte, geistvolle Originalität des Künstlers am
glücklichsten ausspricht. Renoir, als Maler blühenden Fleisches
mit Rubens vergleichbar, unter den heutigen der vielleicht am
längsten und ungerechtesten verkannte, glänzt in einer Reihe
herrlicher Frauenportraits in seinen beliebten pfirsichroten Tönen.
Als seine glänzendsten Werke möchten wir die kleine Tänzerin

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