Farben, verliert schon infolge des Vorwurfs neben diesen beiden
bedeutenden Werken. — Alexander ist nicht ganz so kühn
und originell mehr, wie in seinen früheren Bildern. Sein.Rodin-
portrait ist zwar sehr ähnlich, auch in der Auffassung bedeutend,
wirkt aber gar zu unmotiviert eintönig auf dem grossen, grauen
Grund. Dannat ist sehr glücklich in einem virtuosen Portrait
der Otero; nennen wir gleich noch den dritten bedeutenden
Portraitisten, Sargent, den Boldini Amerikas; auch er ist glänzend
vertreten durch ein Portrait dreier Damen von, wie gewöhnlich,
überraschend glücklicher Stellung — er baut förmlich seine
Gruppen — und einer fabelhaften Behandlung des Kostüms
und der Gesichter; der typische Gesellschaftsmaler, aber nicht
im Übeln Sinne, und dieses Bild beweist, dass er zuweilen
noch etwas Neues zu sagen hat. Ganz ausgeschrieben
dagegen ist Harrison, der vor Jahren mal mit soviel Erfolg
Beglückte; seine hier ausgestellten Marinen sind
kümmerliche Reste und beweisen, wie wenig er ^^
früher hatte. Sehr schön drei Bilder von Hum-
phreys in der Whistler nahestehenden mysteriösen
Vornehmheit der Stimmung. Von Gari Melchers
unter anderem das alte Bild der Fechtmeister, der
Gipfel dieser nicht gerade unübersteigbaren Kunst.
Wirkungsvoll, wenn er auch die Wirkung nur
durch eine Menge kleiner Triks erreicht hat, ist
eine Herbstlandschaft von dem kürzlich verstorbenen
Inness. Hitchcock, Childe Hassam, Mac
Ewen mit dem gewöhnlichen Mass. Wie
auf der Weltausstellung von Chicago,
so erregen auch hier die brillanten
Gravuren, namentlich Holzschnitte der
Amerikaner grösstes Aufsehen.
Von den anderen aussereuro-
päischen Ländern kommt nur Ja-
pan ein wesentliches Interesse zu.
Die Ausstellung japanischerMalereien
im grossen Palais hat namentlich Kurio-
sitätswert; es ist schon an sich interessant,
mal eine Kollektivausstellung die-
ses merkwürdigen Volkes zu sehen,
dessen moderner Ehrgeiz ebenso
gross ist, wie seine alte Kunst. Die
modernen Japaner leiden unter
dem Vorzug ihrer übrigen moder-
nen Kultur, sich zu sehr Europa
nähern zu wollen. Ihrer Industrie
mag mit europäischen Erfahrungen
gedient sein, weil sie ursprünglich keine eigene im Lande haben;
mit ihrer Kunst, die in wundervoller Geschlossenheit sich bis zum
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ohne Lücke entwickelte, ist
es anders; hier kann Europa nur dazu dienen, die ganz specifischen
Rasseninstinkte des Volkes zu verwirren und die Einseitigkeit
unserer künstlerischen Verhältnisse, ohne die Vorzüge, zu über-
tragen. Sehr viele der Aussteller zeigen eine peinlich berührende
Vermischung beider Weltteile, Versuche unseren Techniken
nachzukommen, denen sich schon das Material der Japaner, die
als Grund bevorzugte Seide widersetzt, und die glänzenden
eigenen zu vergessen. Die charakteristischsten Bilder scheinen
uns Tierstudien von Imao und Motizuki und Landschaften von
Kawabata und Kuroda und Blumenbilder von Murasd — Das
wahre Japan aber findet man auf dem Trocadero, wo aus den
kaiserlichen Sammlungen die kostbarsten alten Schätze zusammen-
getragen sind. Hier vor den wunderbaren Holzschnitten der
Harnobu, Utamaro, Hok'sai etc. kann auch der europäische
Lokalpatriotismus nicht verkennen, dass diese Leute würdig sind,
RODIN, DER KUSS
neben den grössten Künstlern unseres Weltteils genannt zu
werden, ja dass sie dem. Unterschied der Zeit und des Raumes
zum Trotz manchen köstlichen Reiz in ihrer Art besassen, den
wir gerade jetzt so gern der unseren zufügen möchten.
Der Platz mangelt uns, auf die vielen anderen
Plätze der Ausstellung einzugehen, wo schöne Bilder
zu sehen sind. Wir haben schon die Sammlung
französischer Werke des achtzehnten Jahrhunderts
im deutschen Pavillon und die der englischen Maler
im englischen Hause flüchtig erwähnt. Wir glaub-
ten der Kunst von heute unser wesentliches
Interesse, vor allem den geringen Raum,
über den wir verfügen, schenken zu müssen,
weil sie am meisten des Fingerzeigs
bedarf, weil in ihr das Gute und
Geringe so eng beisammen und das
Geringe in massenhafter Überzahl ist,
endlich weil den unsterblichen Werken
der älteren Kunst dieser Ausstellung
die Anerkennung längst gehört. Aus
den gleichen Gründen verzichten
wir auf die kostbare Ausstellung
von Kunstwerken weiter einzugehen,
die sich mit der Stadt Paris be-
schäftigen und im Pavillon
der Stadt Paris untergebracht
sind. Sie stammen ausschliess-
lich aus Privatbesitz. Die
Perle dieser Veranstaltung ist
eine Sammlung von Zeich-
nungen G. de St. Aubins von
dem Hofleben und der Stadt
unter Ludwig XVI. Von
neueren Malern eine kleine
Sammlung von Daumiers; von
Zeitgenossen zehn wenig charak-
teristische Cazins, Pariser Strassen-
bilder aus den siebziger Jahren.
Die Skulptur ist auf der Welt-
ausstellung wie immer stiefmütterlich behandelt. Das
schwierige Problem, sie würdig auszustellen, ist auch
diesmal ungelöst geblieben, ja man kann kaum sagen,
dass man sich besonders darum bemüht hat. Am
besten kommen noch die kleineren Stücke zu Geltung,
die man in die Bildersäle des grossen Palais placiert
hat wie etwa die Abteilung der Centennalausstellung.
Der grosse Lichthof des grossen Palais dagegen, wo
die grösste Mehrzahl der Skulpturen untergebracht ist,
wirkt infolge seiner entsetzlichen Fülle eher wie ein
ungeheuerliches Warenlager, und die Schwierigkeit,
dem einzelnen gerecht zu werden, wird hier ver-
vielfacht.
Wiederum findet man Frankreich in der wenig Frankreich
gerechten, fast peinlich berührenden Überzahl;
DIE
SKULPTUR
— 102 —
bedeutenden Werken. — Alexander ist nicht ganz so kühn
und originell mehr, wie in seinen früheren Bildern. Sein.Rodin-
portrait ist zwar sehr ähnlich, auch in der Auffassung bedeutend,
wirkt aber gar zu unmotiviert eintönig auf dem grossen, grauen
Grund. Dannat ist sehr glücklich in einem virtuosen Portrait
der Otero; nennen wir gleich noch den dritten bedeutenden
Portraitisten, Sargent, den Boldini Amerikas; auch er ist glänzend
vertreten durch ein Portrait dreier Damen von, wie gewöhnlich,
überraschend glücklicher Stellung — er baut förmlich seine
Gruppen — und einer fabelhaften Behandlung des Kostüms
und der Gesichter; der typische Gesellschaftsmaler, aber nicht
im Übeln Sinne, und dieses Bild beweist, dass er zuweilen
noch etwas Neues zu sagen hat. Ganz ausgeschrieben
dagegen ist Harrison, der vor Jahren mal mit soviel Erfolg
Beglückte; seine hier ausgestellten Marinen sind
kümmerliche Reste und beweisen, wie wenig er ^^
früher hatte. Sehr schön drei Bilder von Hum-
phreys in der Whistler nahestehenden mysteriösen
Vornehmheit der Stimmung. Von Gari Melchers
unter anderem das alte Bild der Fechtmeister, der
Gipfel dieser nicht gerade unübersteigbaren Kunst.
Wirkungsvoll, wenn er auch die Wirkung nur
durch eine Menge kleiner Triks erreicht hat, ist
eine Herbstlandschaft von dem kürzlich verstorbenen
Inness. Hitchcock, Childe Hassam, Mac
Ewen mit dem gewöhnlichen Mass. Wie
auf der Weltausstellung von Chicago,
so erregen auch hier die brillanten
Gravuren, namentlich Holzschnitte der
Amerikaner grösstes Aufsehen.
Von den anderen aussereuro-
päischen Ländern kommt nur Ja-
pan ein wesentliches Interesse zu.
Die Ausstellung japanischerMalereien
im grossen Palais hat namentlich Kurio-
sitätswert; es ist schon an sich interessant,
mal eine Kollektivausstellung die-
ses merkwürdigen Volkes zu sehen,
dessen moderner Ehrgeiz ebenso
gross ist, wie seine alte Kunst. Die
modernen Japaner leiden unter
dem Vorzug ihrer übrigen moder-
nen Kultur, sich zu sehr Europa
nähern zu wollen. Ihrer Industrie
mag mit europäischen Erfahrungen
gedient sein, weil sie ursprünglich keine eigene im Lande haben;
mit ihrer Kunst, die in wundervoller Geschlossenheit sich bis zum
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts ohne Lücke entwickelte, ist
es anders; hier kann Europa nur dazu dienen, die ganz specifischen
Rasseninstinkte des Volkes zu verwirren und die Einseitigkeit
unserer künstlerischen Verhältnisse, ohne die Vorzüge, zu über-
tragen. Sehr viele der Aussteller zeigen eine peinlich berührende
Vermischung beider Weltteile, Versuche unseren Techniken
nachzukommen, denen sich schon das Material der Japaner, die
als Grund bevorzugte Seide widersetzt, und die glänzenden
eigenen zu vergessen. Die charakteristischsten Bilder scheinen
uns Tierstudien von Imao und Motizuki und Landschaften von
Kawabata und Kuroda und Blumenbilder von Murasd — Das
wahre Japan aber findet man auf dem Trocadero, wo aus den
kaiserlichen Sammlungen die kostbarsten alten Schätze zusammen-
getragen sind. Hier vor den wunderbaren Holzschnitten der
Harnobu, Utamaro, Hok'sai etc. kann auch der europäische
Lokalpatriotismus nicht verkennen, dass diese Leute würdig sind,
RODIN, DER KUSS
neben den grössten Künstlern unseres Weltteils genannt zu
werden, ja dass sie dem. Unterschied der Zeit und des Raumes
zum Trotz manchen köstlichen Reiz in ihrer Art besassen, den
wir gerade jetzt so gern der unseren zufügen möchten.
Der Platz mangelt uns, auf die vielen anderen
Plätze der Ausstellung einzugehen, wo schöne Bilder
zu sehen sind. Wir haben schon die Sammlung
französischer Werke des achtzehnten Jahrhunderts
im deutschen Pavillon und die der englischen Maler
im englischen Hause flüchtig erwähnt. Wir glaub-
ten der Kunst von heute unser wesentliches
Interesse, vor allem den geringen Raum,
über den wir verfügen, schenken zu müssen,
weil sie am meisten des Fingerzeigs
bedarf, weil in ihr das Gute und
Geringe so eng beisammen und das
Geringe in massenhafter Überzahl ist,
endlich weil den unsterblichen Werken
der älteren Kunst dieser Ausstellung
die Anerkennung längst gehört. Aus
den gleichen Gründen verzichten
wir auf die kostbare Ausstellung
von Kunstwerken weiter einzugehen,
die sich mit der Stadt Paris be-
schäftigen und im Pavillon
der Stadt Paris untergebracht
sind. Sie stammen ausschliess-
lich aus Privatbesitz. Die
Perle dieser Veranstaltung ist
eine Sammlung von Zeich-
nungen G. de St. Aubins von
dem Hofleben und der Stadt
unter Ludwig XVI. Von
neueren Malern eine kleine
Sammlung von Daumiers; von
Zeitgenossen zehn wenig charak-
teristische Cazins, Pariser Strassen-
bilder aus den siebziger Jahren.
Die Skulptur ist auf der Welt-
ausstellung wie immer stiefmütterlich behandelt. Das
schwierige Problem, sie würdig auszustellen, ist auch
diesmal ungelöst geblieben, ja man kann kaum sagen,
dass man sich besonders darum bemüht hat. Am
besten kommen noch die kleineren Stücke zu Geltung,
die man in die Bildersäle des grossen Palais placiert
hat wie etwa die Abteilung der Centennalausstellung.
Der grosse Lichthof des grossen Palais dagegen, wo
die grösste Mehrzahl der Skulpturen untergebracht ist,
wirkt infolge seiner entsetzlichen Fülle eher wie ein
ungeheuerliches Warenlager, und die Schwierigkeit,
dem einzelnen gerecht zu werden, wird hier ver-
vielfacht.
Wiederum findet man Frankreich in der wenig Frankreich
gerechten, fast peinlich berührenden Überzahl;
DIE
SKULPTUR
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