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rückhaltlos anerkannt, und die Jury hat das ehren-
volle Urteil durch Verleihung einer Fülle von „Ersten
Preisen", goldenen und silbernen Medaillen an die
deutschen Aussteller besiegelt.

Es fielen auf Deutschland 261 »Grand Prix",
546 goldene Medaillen, 608 silberne Medaillen, 350
bronzene Medaillen und 138 „ehrende Erwähnungen".

Das ist — auch dem Prozentsatze der Aussteller
nach — die grösste Zahl von Auszeichnungen, die
auf ein Land (Frankreich natürlich ausgenommen)
entfallen ist.

Es war am Eingang des letzten Wanderungs-
kapitels gesagt worden, eine Weltausstellung sei
weniger das Symbol des Friedens, als das Symbol
des ökonomischen Konkurrenz-Kampfes zwischen
den Nationen. Dieser Satz klingt pessimistisch und
doch enthält er eine Wahrheit, die eher hoffnungs-
freudig, als pessimistisch stimmen muss. Erst wenn
man so in der Weltausstellung das Bild des grossen
Ringens zwischen den Völkern sieht, erscheint sie
wie eine Gewähr, wie eine Bürgschaft des Friedens
Das ist kein Paradoxon und kein Widerspruch. Ge-

rade das, was im ersten Augenblick geeignet ist, zu
erschrecken, wirkt bei näherem Betrachten beruhigend.
Gerade weil der ökonomische Wettkampf so gross
und allgemein ist, gerade weil er eine so ungeheuere
Bedeutung erlangt hat, wird es immer schwerer, in
die friedliche Entwickelung störend einzugreifen. Die
Weltausstellung zeigt die ganze Kompliziertheit des
ungeheueren Mechanismus, den das Völkerleben, das
Leben der Menschheit heute darstellt. Sie zeigt, wie
sich tausend Fäden von einem Lande zum andern
spinnen, wie die zahllosen Räder der Maschine unauf-
haltsam ineinandergreifen. Wer möchte es wagen,
heute diese Fäden zu zerreissen, diese Maschine zum
Stillstand zu verurteilen? Wer sich der Gefahr
bewusst geworden, muss davor zurückschrecken.
Und darum kann man auch im Interesse des Völker-
friedens die Weltausstellung von 1900 als eine mäch-
tig fördernde Kundgebung feiern. Gewaltiger, als
alle Friedenskongresse und als alle Aufrufe der
Friedensfreunde es vermögen, hat sie, an der Grenz-
scheide zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert,
für die Notwendigkeit des Friedens gesprochen.

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