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anzusetzen, weil das Schreiben nicht mein Beruf ist, und ich dem
Tadel der Kritiker, welche vielleicht das, was ich sage, nicht ein-
mal verstehen, entgehen wollte. Aber auch das hat sich geändert.
Die jungen Künstler, für welche ich insbesondere geschrieben
habe, bitte ich, mit Aufmerksamkeit und Ueberlegung die Schrift
zu lesen, und gebe dabei die Versicherung, dass ich nur durch Nach-
denken, anhaltendes Studium und reife Beobachtungen eine höhere
Stufe in der Malerei erreicht habe, als viele meiner Zeitgenossen.
Ich übergebe ihnen diese Schrift in der besten Absicht und hege
die Hoffnung, dass genaue Beachtung dessen, was ich sage, ver-
bunden mit unermüdetem Fleiss und beständiger Uebung, dem Le-
ser von nicht geringem Vortheil seyn wird.
Es war hauptsächlich meine Absicht, eine Erklärung von
Schönheit und Geschmack zu geben, weil das Wesen der
Schönheit so vielen Streitigkeiten unterliegt, und die Meisten, wel-
che von dem Geschmacke sprechen, keine deutliche Begriffsbe-
stimmung von dem Geschmack in der Malerei geben. Diesen Ge-
schmack habe ich nun auch durch Beispiele, die ich dem Wesen der
grössten Meister entlehnte, klar zu machen gesucht. Da ich in-
dessen in dem ersten Theile gleichwohl etwas von der Malerei ab-
gegangen bin, so möchte ich fast fürchten, die Schrift, welche ich
doch bloss für Künstler abfasste, dürfte weniger brauchbar dadurch
geworden seyn. Die Beispiele betreffend wählte ich vornehmlich
solche, welche Gelegenheit bieten, von allen Künsten zu sprechen,
und ausserdem ist in dieser Hinsicht durchaus niciit zu übersehen,
dass alle die Theile, die ich an grossen Meistoni
rühme, als die n a c h a h m u n g s w ü r d i g s l e u Hegeln
und Muster zu betrachten sind.
Den Anfängern in der Malerei rathe ich, dem, was hierin be-
sonders abstrafet und metaphysisch geschrieben worden ist, nicht zu
viel Studium zu widmen, da ihnen dies keinen wesentlichen Nutzen'
bringen würde. Ein Schüler bemühe sich vor Allem, das Auge
an Richtigkeit zu gewöhnen, wodurch er in den Stand gesetzt wird,
Alles genau nachzuahmen. Zugleich muss er eine gewisse Ge-
wandtheit der Hand zu erlangen suchen, damit er in der Gewalt
hat, nach seinem Willen zu arbeiten. Dann erst muss er die Regeln
und das Wissenschaftliche der Kunst erlernen. Ich setze also die
Uebung dem Theoretischen voran, weil man auch in späteren Tagen
anzusetzen, weil das Schreiben nicht mein Beruf ist, und ich dem
Tadel der Kritiker, welche vielleicht das, was ich sage, nicht ein-
mal verstehen, entgehen wollte. Aber auch das hat sich geändert.
Die jungen Künstler, für welche ich insbesondere geschrieben
habe, bitte ich, mit Aufmerksamkeit und Ueberlegung die Schrift
zu lesen, und gebe dabei die Versicherung, dass ich nur durch Nach-
denken, anhaltendes Studium und reife Beobachtungen eine höhere
Stufe in der Malerei erreicht habe, als viele meiner Zeitgenossen.
Ich übergebe ihnen diese Schrift in der besten Absicht und hege
die Hoffnung, dass genaue Beachtung dessen, was ich sage, ver-
bunden mit unermüdetem Fleiss und beständiger Uebung, dem Le-
ser von nicht geringem Vortheil seyn wird.
Es war hauptsächlich meine Absicht, eine Erklärung von
Schönheit und Geschmack zu geben, weil das Wesen der
Schönheit so vielen Streitigkeiten unterliegt, und die Meisten, wel-
che von dem Geschmacke sprechen, keine deutliche Begriffsbe-
stimmung von dem Geschmack in der Malerei geben. Diesen Ge-
schmack habe ich nun auch durch Beispiele, die ich dem Wesen der
grössten Meister entlehnte, klar zu machen gesucht. Da ich in-
dessen in dem ersten Theile gleichwohl etwas von der Malerei ab-
gegangen bin, so möchte ich fast fürchten, die Schrift, welche ich
doch bloss für Künstler abfasste, dürfte weniger brauchbar dadurch
geworden seyn. Die Beispiele betreffend wählte ich vornehmlich
solche, welche Gelegenheit bieten, von allen Künsten zu sprechen,
und ausserdem ist in dieser Hinsicht durchaus niciit zu übersehen,
dass alle die Theile, die ich an grossen Meistoni
rühme, als die n a c h a h m u n g s w ü r d i g s l e u Hegeln
und Muster zu betrachten sind.
Den Anfängern in der Malerei rathe ich, dem, was hierin be-
sonders abstrafet und metaphysisch geschrieben worden ist, nicht zu
viel Studium zu widmen, da ihnen dies keinen wesentlichen Nutzen'
bringen würde. Ein Schüler bemühe sich vor Allem, das Auge
an Richtigkeit zu gewöhnen, wodurch er in den Stand gesetzt wird,
Alles genau nachzuahmen. Zugleich muss er eine gewisse Ge-
wandtheit der Hand zu erlangen suchen, damit er in der Gewalt
hat, nach seinem Willen zu arbeiten. Dann erst muss er die Regeln
und das Wissenschaftliche der Kunst erlernen. Ich setze also die
Uebung dem Theoretischen voran, weil man auch in späteren Tagen