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Mentzel, Elisabeth
Die Kunstsammlung auf dem Heidelberger Schlosse — Heidelberg: Druck und Verlag von Adolf Emmerling, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.61925#0006
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332

ihrer in vielfacher Beziehung interessanten Briefe, welche
unter der höchst anerkennenswerthen Aufsicht des Herrn
Professor Holland in Tübingen in einer Reihe von Bänden
im Druck erschienen sind.
Außer dem jugendlichen Porträt der Prinzessin Liselotte,
welchem als Gegenstück das ihres Gatten gegenüberhängt,
ist noch eins aus ihren reiferen Jahren und ein solches
aus ihrer ersten Kindheit vorhanden.
Das letztere ist insofern culturhistorisch interessant, als
es ganz und gar in dem affektirten Styl gehalten ist, in
welchem man Fürstenkinder damals zu malen pflegte.
Verschiedene gute Gemälde von Ziesenis, Mitglieder
aus der gräflichen Familie von Löwenstein-Werthheim dar-
stellend, sind ebenfalls im V. Saale angebracht. Dies
Geschlecht stammt bekanntlich von dem bereits erwähnten
Friedrich I., dem Siegreichen, und seiner Gemahlin, der
schönen Augsburgerin Clara Detten, ab.
Auch die Bildnisse verschiedener fürstlicher und anderer
Persönlichkeiten, deren Thaten und Schicksale der Welt-
geschichte angehören, befinden sich in diesem Raume. Ein
Bild der Königin Elisabeth von England, mehrere Por-
träts ihrer unglücklichen Gegnerin Marie Stuart, unter
denen das in ihrem sechszehnten Lebensjahre gemalte wohl
die anmuthigen Züge dieser berühmten Schönheit am besten
wiedergibt. Ein Bild von besonders sorgfältiger und schöner
Behandlung ist das ihres Sohnes Jakob I. von England,
dessen Tochter Elisabeth die Gemahlin Friedrichs V., Kur-
fürst von der Pfalz und König von Böhmen wurde.
Auch das Bild des Schwedenkönigs Gustav Adolf und
seiner gelehrten Tochter Christine treffen wir mehrmals in
diesem Saale. Ebenfalls ist auch das Porträt des großen
schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna in dieser Ab-
theilung aufgestellt.

Verschiedenes.
— (Ein Applausometer.) Ein humorvoller Kri-
tiker ist Herr Jouvin vom Pariser Figaro. Er ärgert sich
jedesmal, wenn von dem übertriebenen „Beifall ohne
Gleichen", den die Herrschaften vom Theater aber nicht
entbehren können, die Rede ist. Jetzt schreibt er: „Um
solchen Uebertreibungen in Zukunft vorzubeugen, habe ich
einen Apparat ausgedacht, welcher, wie ich glaube, sehr
sinnreich ist. Das ist der Applausometer. Man sehe nur,
wie leicht und einfach die Construction desselben ist. Wir
wissen, daß die Beifallsspenden im Theater und in den
Concerten gewöhnlich durch Händeklatschen hervorgebracht
werden. Nun ist es unbestreitbar, daß durch dieses Hände-
klatschen ein gewisses Quantum Luft in Bewegung gesetzt
wird. Diese durch die in Beifall arbeitenden Hände aus
dem Saale verjagte Luft wird durch einen Tubus in Röh-
ren ausgenommen, die in Verbindung stehen mit einem
großen, oberhalb des Plafonds befindlichen Reservoir. Das
Reservoir wird gleich einem Gasometer steigen nach Maß-
gabe der eindringenden Luft, und in Fugen hinaufgleiten,
in denen man ein Metermaß eingravirt hat. Nichts ein-
facher als das, nicht wahr? Und auf diese Weise wird
Herr X. das nächste Mal berichten lassen können mit voll-
kommener Kenntniß und Begründung der Ursache, daß er
einen Beifall von 20 Kubikmetern gehabt habe, während
z. B. der des Fräulein Z. nur 14,60 Kubikmeter betragen
habe. Außerdem wird Herr A. an dem Tage, wo es ihm
gelingt, eine Explosion des Applausometers zu bewerkstelli-
gen, ohne Furcht, dementirt zu werden, schreiben lassen
können, daß sein Beifall ohne Gleichen gewesen."

Wir übergehen mehrere Bildnisse berühmter Kriegs-
«dMt^lllfl-llorlreü^cker Gelehrten, flnd.^rwähnen schließ^
noch in dieser Abtheilung das Porträt König Philipps 1^"
von Spanien, der mit dem pfälzischen Hause vielfach ver-
wandt und verschwägert war. Dasselbe ist in der Manier
von van Dyk ausgeführt und äußerst lebensvoll aufgefaßt.
Um die Porträts der Mitglieder der verschiedenen über
die Pfalz zur Regierung gekommenen Herrscherhäuser in
chronologischer Reihenfolge beschauen zu können, treten wir
jetzt in den III. Saal zurück. In diesem finden wir das
Haus Pfalz Neuburg, welches nach dem Aussterben der
Pfalz-Simmernschen Linie mit Kurfürst Wilhelm (1685 bis
1690) zur Regierung kam, vom Ahnherrn bis zu seinem
letzten Sprößling vertreten. Viele traurige Kapitel der
pfälzischen Geschichte schließen sich an die Originale dieser
Bildnisse an. Unter Johann Wilhelm, ältesten Sohn des
oben Genannten, dessen vortreffliches von dem angesehenen
Maler Douven ausgeführtes Porträt uns besonders auf-
fällt, wurde Heidelberg am 22. Mai 1693 von dem später-
hin zum Tode verurtheilten kaiserlichen Feldmarschall-Lieute-
nant v. Heidersdorf den Franzosen feige übergeben, auf
welche schmachvolle Handlung „die Stadt in eine buchstäb-
lich menschenleere Wüste verwandelt" die Einwohner ver-
trieben und das schöne Schloß fast vollständig zerstört wurde.
Zur Erinnerung an diese Unthat ließ König Ludwig XIV.
von Frankreich eine Münze schlagen, von welcher sich durch
die eifrigen Bemühungen des Herrn Rath Mays ein neu
geschlagenes Exemplar in der Sammlung befindet.
Auf der Vorderseite der Denkmünze nennt sich der
König „Imckovio raagnus rsx ollristianissimus", während
es auf der Rückseite die in Brand gesteckte Stadt Heidel-
berg mit der Inschrift „HoiäkIbsrAa äslata" dar-
stellen ließ. — (Fortsetzung folgt.)

— (Der Gipfel der Kunst.) Ein junger Komponist
sUicht-HIist -enierllsch-'Mgeren Sängerin über die Aus-
führung einer derselben zugetheilten Rolle in seinem Erst- V
lingswerke. „Diese Stelle", meinte der Musiker, der sich
zur Schule der eifrigsten Naturalisten bekennt, „müßte sehr
lebendig und wahr wirken, wenn sie mit einer wie vor Er-
regung heiser gewordenen Stimme gesungen würde. Das
läßt sich aber wohl nicht so leicht fingiren?" fügte er im
verbindlichen Tone bescheidener Anfrage hinzu. „O, was
das betrifft" — versetzte mit Selbstbewußtsein die kleine
Diva, „darauf verstehe ich mich vorzüglich! Meine Lehrerin
hat mir das gewissermaßen als den Gipfel der Gesangs-
kunst in den letzten Unterrichtsstunden beigebracht; denn —
meinte sie — heiser muß eine Sängerin werden können,
so oft sie will. Da sehen Sie nun wieder, wie viel es
werth ist, wenn eine Künstlerin eine so gute und gründ-
liche Schule genossen hat wie ich!"

Vom Büchertisch.
—8 Im Verlag von G. Hohl in Stuttgart ist eine, Prak-
tische Anleitung zur Ernährung des Kindes in gesunden
und kranken Tagen betitelte, kleine Schrift im Umfange von
17 Seiten erschienen. Dieselbe ist im Einvernehmen mit dem
ärztlichen Vorstand des Stuttgarter Kinder-Hospitals „Olga-
Heil-Änstalt", Dr. Alb. Sigel, von Dr. Lindenm eher, In-
haber des Central-Magazins zum rothen Kreuz in Stuttgart,
verfaßt und gibt zweckmäßige Anweisungen, wie die Kinder kräftig,
gesund und billig zu ernähren sind.
— Bei Chr. Schömperlen in Lahr ist erschienen und bei
den Buchhändlern, Buchbindern und sonstigen Kalenderverkäufern
zu haben: Der Detter vom Rhein, Kalender für 1885. 7.
Jahrgang. Preis 30 Der Kalender enthält in großer Aus-
wahl Unterhaltendes und Belehrendes und ist mit vielen schönen
Bildern geschmückt.

Druck u. Verlag von Adolph Emmerlingu.Sohuin Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. Emmerling.
 
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