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Einleitung.

viel wildes Land als Gemeingut lag, und ein oder der andere Landmann sich
von diesem Lande, welches jetzt in Baumgärten umgewandelt ist, irgend eine
Zuthat zu seiner groben Kost verschaffen konnte, so wird jetzt jener frühere
Vortheil bei Weitem durch eine reichlichere und bessere Nahrung und durch
die Früchte der Civilisation: gesundere Wohnungen, gepflasterte und erleuchtete
Strassen, bessere Kleidung, Schulunterricht der Kinder, voll aufgewogen. Aus dem
statistischen Material geht zweifellos hervor, dass insbesondere der ausserordent-
liche Aufschwung der Industrie, die Erfindung von Maschinen, die Nutzbar-
machung von Naturkräften und die Kenntniss der Naturwissenschaften, die
Erweiterung und Vervollkommnung des Fabrikwesens, die Masse von Gütern
in den gebildeten Nationen in neuerer Zeit in bedeutend höherem Grade ver-
mehrt hat als die Bevölkerung gestiegen ist, woraus mit mathematischer Gewiss-
heit folgt, dass im Grossen und Ganzen der Zustand der Völker in Bezug auf
Erwerb und Besitz materiellen Gutes sich in jüngster Zeit erheblich ver-
bessert hat.

Für die Nationen im Ganzen führt der Wohlstand auch ethisch zum
Besseren. Noth und Armuth sind für die Völker sicherlich nicht der Weg
zur Tugend. Ehrlicher Erwerb, durch Anstrengung und Arbeit errungener
Wohlstand führen bei dem Einzelnen und bei ganzen Nationen zur Bildung,
zur Ordnung, zur glücklicheren Existenz, zu geregeltem Familienleben, zur
besseren Sitte, zum Fortschritte auch in ethischer Beziehung.

Die Nachtheile der Industrie: Einseitigkeit der Arbeit infolge der Arbeits-
theilung, Ausnutzung der Kinder, Abhängigkeit der Fabrikarbeiter, Beför-
derung der Unsittlichkeit durch das Zusammenarbeiten von Frauen, Mädchen und
Männern, Ungesundheit der Fabrikarbeit, leugnet auch Bieterici nicht, aber
er zeigt auch, wie diese Nachtheile beseitigt oder doch wenigstens wesentlich
gemildert werden können, und wie hinzugesetzt werden muss, haben seit den
fünfziger Jahren diese Uebelstände unleugbar eine erhebliche Verminderung
erfahren.

Wenn Sismondi gesagt hat: „Es ist kein Glück, wenn ein Land mit
Dampfmaschinen statt mit Menschen besetzt ist", so weist Dieterici darauf
hin, wie nach mancher Hinsicht der Fabrikarbeiter und nicht am wenigsten
in geistiger Beziehung dem Tagelöhner überlegen sei und dass, da der mensch-
liche Geist ein Ganzes ist und die Denkkraft durch die herrschende Thätigkeit
fabrikativen Lebens geweckt und gefördert werde, dieses von wohlthätigen
Folgen für den ganzen Zustand der intellektuellen Bildung einer Bevölkerung
sein muss.

Man ist im Allgemeinen geneigt anzunehmen, dass die niedrigen Gehälter
und Löhne vergangener Zeiten durch die niedrigeren Preise der Lebensmittel
etc. mehr als ausgeglichen wurden. Es ist dies ein Irrthum, schwankte doch
der Kornpreis, d. h. also der Preis des wichtigsten Lebensmittels infolge des
Mangels an Wegen und Kanälen, d. h. infolge der wenig ausgebildeten Ver-
 
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